Die Sonderkommission “Rocker“ der Polizei in Schleswig-Holstein zählt 70 Mitglieder zu den kriminellen Motorrad-Banden.
In Schleswig-Holstein eskaliert die Gewalt unter den Rockerbanden Hells Angels und Bandidos. Die Polizei hat reagiert und die Sonderkommission "Rocker" mit einem zusätzlichen Mann aufgestockt: Kriminaloberrat Mathias Engelmann ist der neue hauptamtliche Soko-Leiter; der ehemalige Chef, Kriminaldirektor Detlev Zawadzki, wird sich dann seiner Aufgabe als Leiter des Dezernats Organisierte Kriminalität beim Landeskriminalamt (LKA) in Kiel widmen.
Engelmann arbeitet mit einer Null-Toleranz-Strategie gegen die Rocker, die er den kriminellen Motorradbanden und der organisierten Kriminalität zurechnet.
Kriminalrat Mathias Engelmann im Abendblatt-Interview
Mit unglaublicher Brutalität gehen die Rocker aufeinander los, wie am Freitag bei einem Überfall in der Flensburger Innenstadt, als mehrere Bandidos einen Hells Angel in seinem Auto mit Äxten und Eisenstangen schwer verletzten. Die Bandidos-Rocker hatten den 41-Jährigen überfallen, als er am Steuer saß, aber nicht fuhr. Mit ihren Waffen schlugen sie auf das Auto ein, zertrümmerten die Seitenscheibe. Die Hiebe trafen die Arme, die der Hells Angel schützend vor den Kopf gedrückt hatte. Er wurde schwer verletzt, kam ins Krankenhaus. Kurze Zeit später nahm die Polizei in Neumünster acht Bandidos vorläufig fest. Sie mussten jedoch wieder freigelassen werden, weil keine Haftgründe vorlagen.
"Wir rekonstruieren das Tatgeschehen und untersuchen die sichergestellten Hiebwaffen", sagt Stefan Jung, Sprecher des Landeskriminalamtes in Kiel. Doch am Sonnabend entließ sich der schwer verletzte Hells Angel selber aus dem Krankenhaus. Insider vermuten, dass er sich in der Klinik nicht vor Angriffen der feindlichen Bandidos sicher fühlte.
War der Überfall in der Innenstadt von Flensburg ein Racheakt, wie er unter Rockern üblich ist? Vieles spricht dafür, denn bei einem versuchten Mordanschlag im September 2009 auf der Autobahn war ein Bandido lebensgefährlich verletzt worden. Nach den Ermittlungen der Polizei soll Stefan R., der Chef der Flensburger Hells Angels, den Motorrad fahrenden Bandido mit einem Auto brutal von der Fahrbahn gedrängt haben. Die Verhaftung des Hells Angels ist einer der großen Erfolge der Sonderkommission. Ein weiterer Erfolg für die Kripo ist ein großer Waffenfund - ebenfalls in Flensburg.
Im November 2009 hob die Polizei dort in einer Autowerkstatt ein Arsenal der Hells Angels mit Maschinenpistolen, Schrotflinten, Pumpguns, Revolvern, Pistolen und Sprengstoff aus. Die Waffen waren in schaumstoffgepolsterten Koffern gelagert - wie für einen Einsatz vorbereitet. Flensburg zählt nach Kripo-Erkenntnissen zu den Brennpunkten des Rockerkrieges in Schleswig-Holstein. Ein weiterer liegt in Neumünster, wo es den Bandidos gelungen ist, ein "Chapter" (Klub-Standort) zu etablieren. Einen weiteren Standort gibt es bisher nicht.
Seit Mai 2009 versuchen die Bandidos im nördlichsten Bundesland Fuß zu fassen. Die Feinde der Hells Angels wollen in ein Land eindringen, wo bisher nur die Hells Angels allein vertreten sind. Beide Banden haben 70 Mitglieder, wie Mathias Engelmann sagte.
Bei den blutigen Revierkämpfen geht es nach Erkenntnissen des LKA um das Abstecken von Revieren für Waffen- und Drogenhandel, illegale Prostitution und Schutzgelderpressung.