Vor allem der Fonds stößt den Bürgern sauer auf. Die Hälfte der Deutschen fürchtet eine schlechtere medizinische Versorgung wegen der Gesundheitsreform.
Berlin/Hamburg. Jeder zweite Deutsche sieht Verschlechterungen durch die Gesundheitsreform der Großen Koalition und durch den Gesundheitsfonds im Besonderen. Auch die Hausarztprogramme, die die Koalition für alle Kassen zur Pflicht gemacht hat, erhalten schlechtere Noten. Dennoch sprechen 77 Prozent der Bürger von einer guten oder sehr guten Absicherung im Krankheitsfall. Das geht aus einer Versicherten-Umfrage der Forschungsgruppe Wahlen für die Kassenärztliche Bundesvereinigung (KBV) hervor.
Eine Mehrheit von 51 Prozent der Bürger fürchtet eine schlechtere gesundheitliche Versorgung durch den im Januar gestarteten Fonds (Westdeutschland: 55 Prozent, Ostdeutschland: 37 Prozent). Nur 5 Prozent erwarten Verbesserungen. 38 Prozent erwarten keine Veränderungen. Die Zahlen beziehen sich auf alle Befragten, die vom Fonds schon einmal gehört hatten. Das sind 78 Prozent. Über 45 Prozent beklagen Defizite in der Information über Gesetzesänderungen, 53 Prozent fühlen sich ausreichend informiert. 51 Prozent sagen, die Absicherung bei Krankheit sei durch die gesundheitspolitischen Veränderungen schlechter geworden, 41 Prozent sehen keine Veränderungen, 5 Prozent Verbesserungen.
Von den Versicherten, die an Hausarztprogrammen teilnahmen, gaben 69 Prozent an, es habe sich nichts dadurch verändert. 14 Prozent sagen, ihre Versorgung habe sich dadurch verschlechtert. 13 Prozent sehen Verbesserungen.
Für 87 Prozent der Befragten ist es wichtig, immer vom selben Arzt behandelt zu werden. Damit haben die Ärzte ein neues Argument gegen die sogenannten Medizinischen Versorgungszentren, in denen mehrere Ärzte angestellt arbeiten und in denen man unterschiedliche Ärzte bei der Behandlung haben kann. Für 86 Prozent der Bürger ist eine Praxis in der Nähe entscheidend. Die meisten Bundesbürger haben einen Hausarzt – nur die unter 40-Jährigen mit hohem Bildungsniveau zu 13 Prozent nicht.
Das Bundesgesundheitsministerium verteidigte dagegen die Gesundheitsreform. Rund elf Milliarden Euro mehr seien in die gesetzliche Krankenversicherung geflossen, davon einige Milliarden zu den Praxisärzten und einige zu den Kliniken. Zudem seien Leistungen ausgebaut worden, sagte eine Sprecherin. Der KBV-Vorsitzende Andreas Köhler lobte den Gesundheitsfonds. In der Wirtschaftskrise wirke er wie ein Schutz vor gesetzlichen Sparmaßnahmen. „Letztlich haben wir die Garantie, dass da 30,6 Milliarden Euro für die ambulante ärztliche Versorgung im Fonds bereitliegen“, sagte er. Die Ärzteschaft teile hingegen die skeptische Haltung der Bevölkerung.