„Das ist alles total spannend“, sagt die 20-jährige Carina aus Münster, die mit einer Gruppe von Messdienern nach Freiburg gereist ist – der dritten Station des viertägigen Papstbesuches in Deutschland.
Erfurt/Eichsfeld/Freiburg. Jubel brandet auf, Fähnchen werden geschwenkt, als Papst Benedikt XVI. am Samstagabend zum Sonnenuntergang den großen Altar auf dem Freiburger Messegelände betritt. Rund 30.000 Jugendliche haben dort stundenlang ausgeharrt, ein Warm-up-Programm mit Vorbands absolviert, um mit „ihrem“ Papst – dem Hauptact sozusagen – eine Jugendvigil zu feiern. Sofort erschallen wieder die „Benedetto“-Rufe: Auftakt zu einem stimmungsvollen Nachtgebet.
„Das ist alles total spannend“, sagt die 20-jährige Carina aus Münster, die mit einer Gruppe von Messdienern nach Freiburg gereist ist – der dritten Station des viertägigen Papstbesuches in Deutschland. Sie erwarte sich nicht allzuviel vom Papst und dem, was er zu sagen hat. „Ich bin hier wegen der Atmosphäre. Der Papst ist halt mal was anderes“, gibt sie offen zu.
So ähnlich wie Carina sehen es auch viele andere Jugendliche. Benedikt ist für sie eher ein Popstar, weniger eine moralische Instanz, nach deren Vorgaben sie leben müssen. Die seelsorgerliche Arbeit der Kirche empfinden sie dennoch mehrheitlich als Halt.
Das kommt auch bei einer Umfrage zutage, die kurz vor dem Nachtgebet stattfindet. Die Jugendlichen müssen Fragen, die von der Bühne per Lautsprecher gestellt werden, mit dem Hochhalten von roten oder grünen Luftstäben beantworten: Rot bedeutet Nein, grün Ja.
Dabei kommt nicht viel Neues heraus: Dass Geschiedene und Wiederverheiratete von der Kommunion ausgeschlossen und Homosexuelle geächtet werden oder Frauen keine Priester werden dürfen – da sehen die Jugendlichen einhellig rot. Genauso wie bei der Frage, ob sie sich mit ihrer Lebensführung am Papst orientieren – heraus kommt ein klares Nein. Auch der Unterschied zwischen katholisch und evangelisch spielt für die Mehrheit der Jugendlichen keine Rolle. Dafür ist das Gebet für sie wichtig, sie sehen sich darin mit Gott verbunden.
Der Papst spricht den Jugendlichen indes ins Gewissen und warnt vor „lauen Christen“, die der Kirche Schaden zufügen. Das Böse werde nicht nur sichtbar an vielen Orten der Welt. „Wir sehen es aber auch - und das erschreckt uns – in unserem eigenen Leben. Ja, in unserem eigenen Herzen gibt es die Neigung zum Bösen, den Egoismus, den Neid, die Aggression.“
Mit Selbstdisziplin lasse sich das vielleicht kontrollieren. Schwieriger werde es mit einem „verborgenen Schlechtsein, das sich wie ein dumpfer Nebel auf uns legen kann, und das ist die Trägheit, die Schwerfälligkeit, das Gute zu wollen und zu tun.“
„Der Papst gehört zur Kirche. Er ist die bedeutendste Institution, an die man sonst nicht rankommt“, sagt Tamara aus Frankfurt. Dennoch sei auch sie nicht damit einverstanden, dass der Papst gegen Verhütung sei und Abtreibungen strikt verbiete. Die Lust am Feiern lässt sie sich aber dann doch nicht nehmen. „Ich wollte unbedingt nach Freiburg kommen, um einen deutschen Papst in Deutschland zu erleben. Das ist doch einmalig“, erzählt die 21-jährige Messdienerin begeistert. Außerdem wolle sie nach dem Weltjugendtag 2005 in Köln wieder mit Gleichgesinnten zusammenkommen.
„Ich habe den Papst heute morgen zehn Sekunden im Papamobil gesehen“, schwärmt der 14-jährige Moritz Pohl. Und das sei schon gigantisch gewesen. „Aber jetzt sehe ich ihn ja zum Glück länger“, sagt er strahlend während der Jugendvigil. Ein anderer Junge weiter vorne schreit, als befände er sich im Fußballstadion: „Benedikt hier! Wir sind wieder Papst!“