Die Erzkonservativen könnten katholische Gruppierung werden
Paris. Im seit Jahrzehnten währenden Streit zwischen der traditionalistischen und erzkonservativen Piusbruderschaft und dem Vatikan zeichnet sich nach Einschätzung der französischen Tageszeitung "Le Figaro" eine Lösung ab. Beim Treffen des Generaloberen der Piusbruderschaft, Bernard Fellay, mit dem Präfekten der Glaubenskongregation in Rom, Kardinal William Joseph Levada, seien Einigungsvorschläge des Heiligen Stuhls zu erwarten, schreibt das Blatt. Die 1969 vom französischen Erzbischof Marcel Lefebvre (1905-1991) gegründete Priesterbruderschaft Sankt Pius X. lehnt zentrale Kirchenreformen des 20. Jahrhunderts ab. Sie ist vom Vatikan nicht anerkannt. Papst Benedikt XVI. hatte im Januar 2009 die Exkommunikation von vier Bischöfen der Piusbruderschaft aufgehoben, um einen Dialog mit der ultrakonservativen Gruppierung zu ermöglichen.
Zwar würden Fellay und Levada bei der Begegnung feststellen, dass sie sich in ihrer Bewertung des Zweiten Vatikanischen Konzils nicht einig seien. Die große Neuigkeit sei aber, dass der Vatikan anerkennen werde, dass es sich bei den Streitpunkten nicht um "essenzielle" Fragen des katholischen Glaubens handele. Der Vatikan werde daher von den Piusbrüdern verlangen, sich zu den zentralen Punkten zu bekennen, die seit zwei Jahrtausenden den katholischen Glauben begründeten. Sollte die Piusbruderschaft dem zustimmen, werde ihnen laut dem "Figaro" eine juristische Lösung vorgeschlagen, die es ihnen erlaube, eine katholische Gruppierung zu werden.
Nach Angaben der Zeitung werden dafür im Vatikan mehrere Modelle überlegt. So könne die Piusbruderschaft zur Personalprälatur erhoben werden, wie dies im Fall des Opus Dei geschehen sei. Alternativ sei auch ein Ordinariat möglich, wie es Rom zuletzt für die zur katholischen Kirche übergetretenen Anglikaner eingerichtet habe.
Der parlamentarische Geschäftsführer der Grünen-Bundestagsfraktion, Volker Beck, hat die Gespräche zwischen Vatikan und Priesterbruderschaft scharf kritisiert. Es sei ein "Skandal, dass ein deutscher Papst derart geschichtsvergessen den Schulterschluss mit einer Hardcore-antisemitischen und antidemokratischen Sekte sucht", sagte Beck. Mit der Duldung der Piusbrüder dulde der Papst auch eine "Ideologie der Ungleichwertigkeit innerhalb der katholischen Kirche, die Juden, Muslime, Homosexuelle und emanzipierte Frauen zu Menschen zweiter Klasse degradiert", so Beck.