Bundesanwaltschaft ist von Zschäpes Mitgliedschaft in der Terrorgruppe NSU überzeugt. Zschäpe habe sich „bis zum Schluss“ beteiligt.
Berlin. Die Bundesanwaltschaft hält ihren Verdacht gegen die mutmaßliche Rechtsterroristin Beate Zschäpe aufrecht. Man sei überzeugt, dass Zschäpe die Terrorgruppe NSU mitbegründet und sich „bis zum Schluss“ an ihr beteiligt habe, sagte ein Sprecher der Karlsruher Behörde am Samstag auf dapd-Anfrage. Die Vorwürfe gegen die 36-Jährige werden möglicherweise um den Tatbestand des versuchten Mordes erweitert.
Der Sprecher der Bundesanwaltschaft bestätigte, dass es eine Reaktion der Behörde auf die Haftbeschwerde von Zschäpes Anwälten gibt. In dieser werde der dringende Verdacht gegen die Beschuldigte erläutert. Mit Blick auf das laufende Haftbeschwerdeverfahren wollte der Sprecher jedoch keine Einzelheiten nennen.
Das ARD-Magazin „Panorama“ hatte berichtet, in dem Schreiben der Bundesanwaltschaft heiße es, Zschäpe habe den Mitbeschuldigten Holger G. im Jahr 2001 oder 2002 vom Bahnhof Zwickau abgeholt, als dieser dem Trio eine Waffe brachte. Zudem habe sie 2005 aus einer Telefonzelle in Zwickau ihre Komplizen angerufen, als diese einen Mord begingen.
Zschäpes Verteidiger hatten Ende Dezember Haftbeschwerde eingelegt. Nach den vorliegenden Akten bestehe gegen Zschäpe kein dringender Tatverdacht wegen Gründung beziehungsweise Mitgliedschaft in einer terroristischen Vereinigung, argumentierten sie.
Unabhängig von der Frage, ob der Haftbefehl gegen Zschäpe aufgehoben wird, könnte diese sich bald auch mit dem Vorwurf des versuchten Mordes konfrontiert sehen. Nach dapd-Informationen prüft die Bundesanwaltschaft, ob sie den Vorwurf der besonders schweren Brandstiftung auf versuchten Mord erweitert. Laut einem Bericht der „Süddeutschen Zeitung“ soll Zschäpe die Zwickauer Wohnung in Brand gesetzt haben, obwohl noch eine Nachbarin im Haus war.
Probleme und Pannen bei den Ermittlungen im Fall der NSU werden einen Untersuchungsausschuss des Bundestags beschäftigen. Den Vorsitz des Gremiums soll SPD-Innenexperte Sebastian Edathy übernehmen, wie die in Halle/Saale erscheinende „Mitteldeutsche Zeitung“ berichtet.
Der innenpolitische Sprecher der Unions-Bundestagsfraktion, Hans-Peter Uhl (CSU), warf der Opposition vor, den Untersuchungsausschuss instrumentalisieren zu wollen. „Der Opposition geht es vor allem um politische Show und Angriffe auf die jetzige Regierung“, sagte er der „Passauer Neuen Presse“.
Die Linke-Innenexpertin Petra Pau wies Uhls Äußerung zurück. Nicht jeder habe begriffen, worum es gehe: „um Mord und Menschen, um Würde und Demokratie“. Wer dabei an „parteipolitisches Kapital“ denke, müsse „kopfkrank und herzenskalt“ sein, sagte sie in Berlin. Die Linke wolle die Aufklärung „möglichst miteinander“ vorantreiben. Auch Grünen-Fraktionsgeschäftsführer Volker Beck riet Uhl davon ab, die Aufklärungsarbeit „parteipolitisch aufzuladen“. Es gehe den Grünen „um die Wahrheit, nicht um Parteipolitik“.
Bundesinnenminister Hans-Peter Friedrich räumte unterdessen Versäumnisse der Sicherheitsbehörden des Bundes in dem Fall ein. „Das zentrale Problem war, dass eine Vernetzung des Trios über Thüringen hinaus nicht erkannt wurde“, sagte der CSU-Politiker dem Berliner „Tagesspiegel am Sonntag“. Trotz eines Anfangsverdachts auf terroristische Aktivitäten habe der Fall „als regional begrenztes Phänomen“ gegolten. Das sei aber auch verständlich, denn „die Umstände der Mordserie sind völlig untypisch für Terroristen“.
Friedrich versprach, die Zusammenarbeit zwischen Landes- und Bundesbehörden werde „deutlich besser“. Er kündigte zudem an, dass das Bundesamt für Verfassungsschutz wieder eine eigene Abteilung für die Beobachtung des Rechtsextremismus bekommt. Deren Einrichtung habe er angeordnet, sagte Friedrich. Der Rechtsextremismus in Deutschland sei „ein schwierigeres und gefährlicheres Phänomen, als es viele Experten bislang eingeschätzt haben“.