Heute will der Bundestag die Einsetzung eines Gremiums zur Untersuchung der Neonazi-Mordserie beschließen. Homburger greift Verfassungsschutz an.
Düsseldorf/Passau. Der Bundestag will heute die Einsetzung eines Untersuchungsausschusses zur Mordserie der Zwickauer Neonazi-Terrorzelle beschließen. Den Sicherheitsbehörden steht damit viel Kritik bevor. Thomas Oppermann, parlamentarischer Geschäftsführer der SPD-Bundestagsfraktion, erwartet von dem Ausschuss Hinweise für bessere Sicherheitsstrukturen in Deutschland. FDP-Vize Birgit Homburger ging schon einmal mit der Arbeit des Verfassungsschutzes ins Gericht. SPD-Innenpolitiker Hartmann warnt davor, die Aufklärung über die Taten der Terrorzelle in den Bundestagswahlkampf 2013 zu ziehen.
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Oppermann sagte der Düsseldorfer „Rheinischen Post“: „Wir müssen zu einer veränderten Sicherheitsarchitektur kommen, in der zwischen den Behörden die Informationen möglichst optimal ausgetauscht werden.“ Dazu müsse der Ausschuss Empfehlungen geben. „Wichtig ist mir aber auch, dass wir in Deutschland das gesellschaftliche Bewusstsein stärken, das bisher gegenüber den Gefahren des Rechtsextremismus nicht überall ausgeprägt genug war“, fügte er hinzu.
Homburger nannte die Pannen bei der Aufklärung der Terrorserie von Rechtsradikalen und Unklarheiten bei der Beobachtung von Linkspartei-Abgeordneten Alarmzeichen. „Das Vorgehen der Verfassungsschutzbehörden von Bund und Ländern – egal, ob gegen Rechts- oder Linksextremismus, ist unsensibel und kontraproduktiv“, sagte Homburger der „Passauer Neuen Presse“. „Es ist ein Werbeprogramm für Extremisten aller Couleur.“ Arbeitsweise und Struktur des Verfassungsschutzes in Deutschland müssten überdacht werden. „Der Bundesinnenminister ist aufgefordert, beim Verfassungsschutz endlich auszumisten“, sagte Homburger.
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Der innenpolitische Sprecher der SPD-Bundestagsfraktion, Michael Hartmann, sagte, die Parteien dürften „das Thema nicht im Getümmel eines Wahlkampfes behandeln“. Bei aller wechselseitigen kritischen Haltung zueinander müssten die Parteien ein gemeinsames Ziel haben, „nämlich schonungslos aufzuklären und am Ende Konsequenzen aus den Erkenntnissen zu ziehen“. Er wünsche sich daher, sagte Hartmann weiter, „dass der Ausschuss rechtzeitig vor der Bundestagswahl einen Bericht vorlegen kann“.
Der Bundestag wollte am Donnerstagnachmittag die Einsetzung des Rechtsterror-Untersuchungsausschusses beschließen. Erwartet wurde, dass die Parlamentarier mit großer Mehrheit für das Gremium votieren. Der Ausschuss soll gemeinsam mit einer Bund-Länder-Expertenkommission die Hintergründe des „Nationalsozialistischen Untergrund“ sowie mögliches Versagen der Sicherheitsbehörden aufklären. Die rechtsterroristische Gruppe wird für zahlreiche Morde verantwortlich gemacht.
Hartmann zufolge muss der Ausschuss zwingend „zielorientiert agieren“, um einen Bericht noch vor der Bundestagswahl vorlegen zu können. Der SPD-Politiker wies Forderungen von Grünen und Linken zurück, die Mitgliederzahl im Ausschuss so zu verändern, dass die kleinen Oppositionsparteien mehr Einfluss ausüben können. „Grüne und Linke tun so, als könnten sie in dem Ausschuss die ganze Welt an den Pranger stellen“, sagte Hartmann. Alle Fraktionen hatten sich bereits darauf verständigt, dass elf Mitglieder in dem Gremium sitzen werden. Die Linken wollten jedoch im Bundestag eine Reduzierung auf acht Mitglieder beantragen, damit sie mit den Grünen Beweisanträge beschließen können. „Das ist genau der falsche Ansatz bei der Aufarbeitung dieses schwierigen und ernsten Themas“, sagte Hartmann. Es dürfe in dem Ausschuss „keinen Wettstreit darum geben, wer der größte Aufklärer und wer der größte Verschweiger ist“. Hartmann fügte hinzu: „Dann wäre der Untersuchungsausschuss gescheitert – und die Rechten würden sich totlachen.“
Der designierte Vorsitzende des Untersuchungsausschusses, Sebastian Edathy, forderte derweil die Länder zur konstruktiven Mitarbeit bei der Aufklärung auf. Hier sollten Bund und Länder nicht eigenbrötlerisch tätig werden, sondern zusammenarbeiten, sagte der SPD-Politiker im Deutschlandfunk. Es gehe hier nicht um Parteienstreit, sondern um den Streit für Demokratie und für den Rechtsstaat. Die Länder wären schlecht beraten, wenn sie am Ende den Eindruck erweckten, sie wollten die Aufklärungsarbeit des Bundestages blockieren. Am Freitagmittag soll der Ausschuss nach Angaben von Edathy erstmals tagen. Das Gremium kann nicht bei reinen Länderangelegenheiten tätig werden. Edathy setzt hier aber auf eine Zusammenarbeit mit der ebenfalls geplanten Bund-Länder-Kommission.
Die Bundestagsfraktionschefin der Grünen, Renate Künast, verlangte von dem Untersuchungsausschuss eine „systematische Aufarbeitung“ der Ereignisse um die Zwickauer Terrorzelle. 13 Jahre lang habe man nicht bemerkt, dass mindestens zehn Morde begangen worden seien. Das sei der größte Skandal der deutschen Sicherheitsbehörden, sagte die Bundestagsabgeordnete MDR Info. „Wir wollen ein Bild bekommen, wie Geheimdienste, Polizeibehörden, Ministerien in Bund und Ländern zusammen oder nicht zusammengearbeitet haben.“
Mit Material von dapd