Ole von Beust fordert die doppelte Staatsbürgerschaft für Erwachsene. Auch Wissenschaftler kritisieren das Optionsmodell.
Hamburg. In Deutschland lebende junge Migranten schrecken offenbar vor der Entscheidung zurück, sich für den deutschen Pass zu entscheiden. Die Integrationsbeauftragte der Bundesregierung, Maria Böhmer (CDU), sagte dem Abendblatt: "Ich fordere die jungen Leute auf: Sagt Ja zu Deutschland!"
Hintergrund des Appells ist eine Krise des sogenannten Optionsmodells: Seit dem Jahr 2000 erhalten Ausländerkinder, die in Deutschland geboren sind und deren Eltern mindestens acht Jahre hier leben, sowohl die deutsche als auch die Staatsangehörigkeit ihrer Eltern. Im Alter zwischen 18 und 23 Jahren müssen sich diese "Optionskinder" dann für eine Staatsbürgerschaft entscheiden. Dabei fällt die Wahl offenbar immer häufiger gegen den deutschen Pass aus. "Häufig verstehen die Jugendlichen die komplizierten Details nicht. Und das Verfahren bei den Behörden ist fehleranfällig", sagte Böhmer. Die ersten Kinder, die diese Regelung betrifft, wurden vor zwei Jahren 18 Jahre alt. Damals waren es 3316. Im Jahr 2018 werden sich mehr als 40 000 Volljährige entscheiden müssen. Zahlen, wie viele "Optionskinder" sich gegen den deutschen Pass entschieden haben, kann die Bundesregierung nicht nennen.
Während Böhmer das Verfahren erleichtern will, fordert Hamburgs Erster Bürgermeister Ole von Beust die zweite Staatsbürgerschaft. Der CDU-Politiker kritisierte, dass junge Menschen in Deutschland gezwungen werden, sich zwischen zwei Ländern entscheiden zu müssen. "Viele wollen sich aber nicht entscheiden. Da schlagen zwei Seelen in ihrer Brust." Beust appellierte: "Lassen wir doch beide Herzen schlagen. Wir brauchen die jungen Leute."
Auch Wissenschaftler kritisieren das Optionsmodell. "Bei Streitigkeiten um die Aberkennung der deutschen Staatsbürgerschaft wird es jahrelange Prozesse geben", sagt der Osnabrücker Migrationsforscher Klaus J. Bade. Der Bonner Verfassungsrechtler Josef Isensee befürchtet sogar, dass Deutschland sich dem Einfluss anderer Staaten ausliefert. "Wenn sich die Türkei weigert, einen jungen Menschen aus der türkischen Staatsbürgerschaft zu entlassen, dann bleibt die doppelte Staatsbürgerschaft erhalten. Das heißt: Die Türkei kann verfügen, dass ihre Bürger beide Staatsbürgerschaften haben. Über das Wahlrecht hat die Türkei damit ihren Fuß im deutschen Parlament", sagte Isensee dem Abendblatt.