Der Akademikeranteil unter Zuwanderern in Hamburg liegt bei 29 Prozent, allerdings ist auch die Zahl derjenigen ohne Schulabschluss hoch. Türken sind schlecht integriert. Deutscher Pass fördert Eingliederung.
Hamburg/Berlin. Im Stadtstaat Hamburg und in Hessen funktioniert die Integration von Ausländern im deutschlandweiten Vergleich am besten. Nach einer Untersuchung des Berlin-Instituts für Bevölkerung und Entwicklung (www.berlin-institut.org), bei der die Integration anhand von 20 Kriterien (z. B. Erwerb der deutschen Staatsbürgerschaft, Heirat mit Deutschen, Bildungsniveau) untersucht wurde, schnitten das Saarland, Niedersachsen und Bremen am schlechtesten ab.
Etwa 30 Prozent der türkischstämmigen Bevölkerung in Deutschland hat keinen Bildungsabschluss. Die türkischstämmige Bevölkerung sei damit die am schlechtesten integrierte Einwanderergruppe in Deutschland, sagte Institutsdirektor Reiner Klingholz. Allerdings finden sich gerade in Hamburg und Berlin unter den Zugewanderten mit Berufsausbildung sogar mehr Akademiker als in der einheimischen Bevölkerung. Die Quote der Migranten ohne jeden Berufsabschluss liegen jedoch überall deutlich über dem der Einheimischen. Hamburg hat unter den Migranten einen Akademikeranteil von 29 Prozent. Heißt: Fast jeder dritte Migrant ist Akademiker. Gleichzeitig haben Hamburg (14 Prozent) und Hessen (12 Prozent) einen hohen Anteil an Einwanderern ohne schulische oder berufliche Bildung.
Angesichts des schlechten Bildungs- und Integrationsniveaus der Türken in Deutschland hat Kanzlerin Angela Merkel vor voreiligen Schlüssen gewarnt. "Ich bitte alle, die vielleicht im ersten Atemzug wegen der harten Botschaft erschrocken waren, das ganze positiv zu wenden", sagte Merkel auf einem Integrations-Symposium in Berlin. "Wir können auf kein einziges Talent in unserem Land verzichten", betonte sie.
Ein hoher Anteil an Asylbewerbern aus afrikanischen Ländern oder dem Nahen Osten hätte zwar ein gutes Bildungsniveau, könne dies allerdings aufgrund ihres Status auf dem Arbeitsmarkt wenig nutzen, sagte Klingholz weiter. Sein Institut beobachtete zudem, dass trotz eines niedrigen Bildungsstandards Zuwanderer aus Griechenland und Italien inzwischen in Deutschland "erfolgreich ökonomische Nischen besetzen".
Anders als die Mehrheit der Zugewanderten aus der Türkei oder dem ehemaligen Jugoslawien hätten Migranten aus fernöstlichen Ländern ihren Platz auf dem Arbeitsmarkt gefunden. Gleichzeitig sei der türkischstämmige Bevölkerungsteil mit deutschem Pass in der Bundesrepublik wesentlich besser integriert als der ohne, so Klingholz: "Der deutsche Pass erleichtert anscheinend die Eingliederung." Bei Türken, so die Studie, stünden "Parallelgesellschaften der Angleichung der Lebensverhältnisse im Wege". 93 Prozent der in Deutschland geborenen Türkischstämmigen führen eine Ehe mit Personen der gleichen Herkunftsgruppe. Bei Aussiedlern der zweiten Generation schließen demgegenüber rund 67 Prozent eine Ehe mit Einheimischen. Klingholz rechnet damit, dass sich der Migrationshintergrund von Aussiedlern bald "auflöst". Anders als in den USA oder der Schweiz, wo vor allem hochqualifizierte Arbeitskräfte eingewandert sind, kam die türkischstämmige Bevölkerung vor allem als angeworbene Gastarbeiter nach Deutschland, sagte der Bundesvorsitzende der Türkischen Gemeinde in Deutschland, Kenan Kolat.
Wie gut Zugewanderte in Deutschland integriert seien, hängt vom regionalen Angebot an Arbeitsplätzen ab, so einer der Forscher, Steffen Kröhnert. Dort, wo klassische Industriebereiche wie Kohle, Stahl oder Schiffbau lange eine wichtige Rolle gespielt hätten, sei der Anteil meist gering ausgebildeter ehemaliger Gastarbeiter groß. Viele von ihnen seien heute ohne Arbeit und dementsprechend schlecht integriert. Demgegenüber stünden in München, Bonn, Frankfurt am Main und Düsseldorf rund 70 Prozent aller Menschen mit Migrationshintergrund dem Arbeitsmarkt zur Verfügung. Hier seien vergleichsweise viele Migranten in sogenannten Vertrauensberufen oder selbstständig tätig. Schlusslichter des Städtevergleichs sind die Großstädte mit klassischen Industrien: zum Beispiel Nürnberg und die Ruhrgebietsstädte Bochum/Herne sowie Dortmund und Duisburg. Hier sei die Arbeitslosigkeit groß, entsprechend ausgeprägt seien die sozialen Probleme unter den Migranten.
Im Regionenvergleich sei für Zuwanderer besonders das Rhein-Main-Gebiet attraktiv, sagte Kröhnert. Hier verfügten 28 Prozent der Migranten mit Berufsqualifikation über einen Hochschulabschluss. Der Anteil der Kinder in Gymnasien sei zwischen Migranten und Einheimischen ungefähr gleich hoch.