Gasfrachter war nicht im Konvoi unterwegs, berichtet die Deutsche Marine - und widerspricht dem Eigner.
Hamburg. Somalische Piraten haben im Golf von Aden den deutschen Flüssiggastanker "Longchamp" gekapert. Das Schiff war nach Bundeswehrangaben nicht in einem geschützten Konvoi unterwegs. Die Piraten brachten den 100 Meter langen Frachter in den Morgenstunden trotz Beschusses durch ein Schiff der indischen Marine, das nach einem Notruf herbeigeeilt war, in ihre Gewalt. Der Kapitän der "Longchamp" habe in einem Telefonat erklärt, alle 13 Besatzungsmitglieder, zwölf Filipinos und ein Indonesier, seien wohlauf, sagte ein Sprecher des Hamburger Schiffsfinanzierers MPC, der an dem Tanker beteiligt ist. Die Crew des Gastankers hatte noch einen Hilferuf abgesetzt - doch der kam offenbar zu spät. Die somalischen Piraten - sieben schwer bewaffnete Männer - hatten das Kommando übernommen.
"Wir haben gegen 2.30 Uhr den Alarm empfangen", sagte Andre Delau, Geschäftsführer der Bernhard Schulte Shipmanagement, die das Schiff bereedert. "Wir konnten bis 3.30 Uhr noch mit dem Kapitän sprechen. Danach ist der Kontakt abgebrochen." Vom Schiffsfinanzierer MPC Capital heißt es entgegen den Angaben der Bundeswehr, dass das Schiff in einem Konvoi in Begleitung alliierter Streitkräfte auf dem Weg von Norwegen nach Vietnam unterwegs gewesen sei. Nun bewege sich der Frachter auf Somalia zu.
Ein Sprecher des Einsatzführungskommandos in Potsdam sagte, die "Longchamp" sei über Bahrain angemeldet gewesen, habe aber nicht auf ihren "group transit", den Transport im Konvoi, gewartet. Das Schiff sei allein gefahren, habe sich zudem zehn Meilen nördlich des Transitkorridors befunden. Die Bundeswehr beteiligt sich seit Dezember innerhalb der EU-Mission "Atalanta" an der Bekämpfung der Piraterie im Golf von Aden. Ebenfalls gestern verhinderte die deutsche Marine zwei Übergriffe auf Schiffe. Die Fregatten "Mecklenburg-Vorpommern" und "Karlsruhe" waren beide im Einsatz, so der Sprecher des Einsatzführungskommandos.
16 Schiffe sind derzeit in der Region in der Hand von Piraten. Allein im vergangenen Jahr hatten somalische Piraten mit der Entführung von Schiffen rund 90 Millionen Euro Lösegeld erpresst.
Auch die Hamburger Ermittlungsbehörden haben sich mittlerweile in den Fall "Longchamp" eingeschaltet. "Wir haben eine Akte angelegt", so Wilhelm Möllers, Sprecher der Staatsanwaltschaft. Grund für diesen "Beobachtungsvorgang" sei, dass die "Longchamp" in Hamburg bereedert wird. Ein Ermittlungsverfahren werde erst eingeleitet, wenn die Deutsche Marine in den Fall eingreife. So sieht es die deutsche Strafprozessordnung vor. Dort heißt es: Für eine Straftat, die "außerhalb des Geltungsbereichs dieses Gesetzes im Bereich des Meeres" begangen wird, ist der Gerichtsstand Hamburg.