SPD und Grüne wollen dem Fiskalpakt nur zustimmen, wenn Finanzmärkte stärker an den Kosten der Krise beteiligt werden. Ein Kompromiss muss her.
Berlin. In den Streit um eine Besteuerung von Finanzgeschäften in Europa kommt Bewegung. Die FDP ist nach Informationen aus Parteikreisen grundsätzlich bereit, die Einführung einer Börsensteuer auch in einem etwas kleineren Staatenverbund mitzutragen. Ziel bleibe aber eine Einigung mit möglichst vielen EU-Ländern. „Es wird nicht daran scheitern, wenn nur wenige Staaten nicht mitziehen“, hieß es am Dienstag in Berlin. „Am Ende darf aber der Finanzstandort Deutschland nicht geschädigt werden.“
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In einer Arbeitsgruppe wollten Abgeordnete von Koalition, SPD und Grünen am Dienstagabend erstmals über verschiedene Modelle sprechen. SPD und Grüne wollen dem europäischen Fiskalpakt für mehr Haushaltsdisziplin in Bundesrat und Bundestag nur zustimmen, wenn die Koalition die Finanzmärkte an den Kosten der Finanzkrise beteiligt.
Aus Sicht von SPD-Fraktionschef Frank-Walter Steinmeier hat sich die Bundesregierung noch nicht entscheidend bewegt. „Das wird aber am Ende der wichtigste Punkt sein, insofern sind wir bei weitem nicht über den Berg“, sagte er in Brüssel. Es könne nicht sein, dass der Steuerzahler allein die Folgen der Krise trage.
Am 13. Juni berät Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) mit Spitzen von Koalition und Opposition über einen Kompromiss. Dann entscheidet sich, ob der Pakt noch vor der Sommerpause mit Zweidrittelmehrheit ratifiziert wird. Er soll zusammen mit dem Vertrag für den am 1. Juli startenden Euro-Rettungsschirm ESM verabschiedet werden.
Merkel, FDP-Chef Philipp Rösler und der CSU-Vorsitzende Horst Seehofer hatten am Montag bei einem Spitzentreffen im Kanzleramt die weitere Marschroute abgesteckt. Die Chancen für eine EU-weite Regelung oder die Einführung einer Finanz- oder Börsensteuer nur in den 17 Euro-Ländern sind gering. Die Bundesregierung strebt daher eine Lösung über die verstärkte Zusammenarbeit von Ländern oder eine zwischenstaatliche Vereinbarung von EU-Staaten an.
Merkel ist bereit, zusammen mit einer Gruppe von Euro-Ländern voranzuschreiten. Rösler hatte bereits zuvor bekräftigt, die Liberalen seien offen für das britische Modell der Stempelsteuer unter Einbeziehung des Handels mit Derivaten. Auch über eine Begrenzung des Hochfrequenzhandels mit Wertpapieren lasse man mit sich reden. Dies sei seit langem die Linie der FDP, von einem Nachgeben könne daher keine Rede sein, hieß es in Parteikreisen.
Um die Opposition für die Umsetzung des Fiskalpaktes zu gewinnen, hat Schwarz-Gelb zudem ein Konzept für mehr Wachstum in Europa erarbeitet. Die achtseitige Endfassung enthält nach Informationen der Deutschen Presse-Agentur Maßnahmen gegen die hohe Jugendarbeitslosigkeit, schärfere Auflagen für die Finanzbranche und mehr öffentliche Investitionen – aber keine Überlegungen zu einer Finanztransaktions- oder einer Börsensteuer.
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Mit den Plänen reagiert die Bundesregierung auch auf den wachsenden internationalen Druck für mehr Wachstumsimpulse. Die Vorschläge sollen beim EU-Gipfel Ende Juni diskutiert werden. Das Konzept wurde federführend vom Wirtschaftsministerium erstellt und ist laut Regierungskreisen bereits mit dem Bundeskanzleramt, Auswärtigem Amt und dem Finanzministerium abgestimmt.
SPD-Fraktionsvize Joachim Poß betonte, die SPD werde sich in dieser Frage nicht mit Alibi-Zugeständnissen der Regierungskoalition zufrieden geben. Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble (CDU) hatte schon im März angekündigt, er strebe bei der Besteuerung von Finanzgeschäften eine Regelung innerhalb der europäischen Verträge an über den Weg der verstärkten Zusammenarbeit.