In Brüssel geht der Streit um die Finanzsteuer weiter – Finanzminister Wolfgang Schäuble regt Debatte über alternative Vorschläge an.

Brüssel. Im Streit um die Einführung einer Finanzsteuer hat Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble (CDU) neue alternative Modelle in Aussicht gestellt. Die EU-Finanzminister der Euro-Zone wollten am Dienstag eine grundsätzliche Debatte darüber führen, wie Geschäfte auf den Finanzmärkten besteuert werden könnten, sagte der CDU-Politiker vor Auftakt des Treffens in Brüssel. Dabei gehe es darum, „dass man schaut, gibt es eine Chance, gibt es keine Chance, muss man noch über Alternativen oder Kompromisse nachdenken“.

In der EU wird schon seit mehr als zwei Jahren über die Finanzmarktsteuer gestritten. Erst im Herbst vergangenen Jahres legte die EU-Kommission einen Gesetzentwurf zu einer Finanztransaktionssteuer auf einen Großteil der Finanzgeschäfte vor. Steuergesetze können in der EU aber nur einstimmig angenommen werden.

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Doch Großbritannien, Schweden und Tschechien sind gegen die Steuer. Schäuble hatte früher ins Spiel gebracht, die Steuer nur in der Euro-Zone einzuführen. Doch auch die Euro-Mitgliedsländer Niederlande, Luxemburg und Irland lehnen sie in der jetzt diskutierten Form ab. Wenn überhaupt, müssten alle 27 EU-Staaten mitziehen, sagte Luxemburgs Finanzminister Luc Frieden. Sonst drohe eine Abwanderung der Finanzmarktgeschäfte.

+++ SPD und Grüne machen Druck bei Finanzmarktsteuer +++

Die Bundesregierung steht zugleich unter dem Druck der Opposition, die Kosten für die Stabilisierung von Banken und Märkten besser zu verteilen. SPD und Grüne haben eine Börsensteuer zur Bedingung dafür gemacht, dass sie dem in Europa geplanten Fiskalpakt für eine strengere Haushaltsdisziplin zustimmen. Ohne ihre Unterstützung kann die Koalition den Vertrag nicht verabschieden, der wesentlich zur Lösung der Schuldenkrise beitragen soll.

Ein weiteres Thema der Ministerkonferenz ist Ungarn. Die EU-Kassenhüter wollen Budapest wegen eines zu hohen Haushaltsdefizits eine halbe Milliarde Euro Fördergelder streichen. Dieser Beschluss kann aber erst vom 1. Januar kommenden Jahres an in Kraft treten. Ungarn wäre das erste EU-Land überhaupt, das mit einer Streichung der sogenannten Kohäsionsfonds bestraft würde.

Die Ressortchefs der Eurozone brachten in der Nacht das zweite Griechenland-Hilfspaket von 130 Milliarden Euro unter Dach und Fach. „Wir haben das politisch und grundsätzlich beschlossen“, sagte Eurogruppenchef Jean-Claude Juncker.

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Weil einige Mitgliedsländer noch parlamentarische Hürden nehmen müssen, soll die Minister-Entscheidung voraussichtlich am Mittwoch bei einer Telefonkonferenz hochrangiger Vertreter der Finanzministerien endgültig bestätigt werden.

Indes machen die Europartner Druck auf Spanien, sein aus dem Ruder gelaufenes Defizit mit verstärkten Sparanstrengungen in den Griff zu bekommen. Madrid solle 2012 zusätzlich 0,5 Prozent seiner Wirtschaftsleistung einsparen, um das Defizit unter die angekündigte Marke von 5,8 Prozent des BIP zu drücken, sagte EU-Währungskommissar Olli Rehn. Außerdem solle Spanien ein neues Gesetz zur Finanzstabilität bereits in diesem Jahr annehmen. (dpa/Reuters/abendblatt.de)