Beim Staatsbesuch von Chinas Machthaber Hu bei US-Präsident Obama in Washington gab es Geschäfte, Freundlichkeiten und harte Gegensätze.

Washington. Vom roten Teppich und dem festlichen Dinner seines Präsidenten für den Gast aus Peking hielt der aufgebrachte US-Bürger gar nichts. Würde er im Weißen Haus regieren, schimpfte der Mittsechziger, würde dieses Land wieder respektiert. "Jetzt lacht die Welt über uns." Vor allem die Chinesen, "die ihre Städte erneuern mit unserem Geld und ihren Arbeitsplätzen". Gerade schicke sich Peking an, auch noch die Flugzeugindustrie und die daran hängenden Jobs zu kaufen. Weil Peking seine Währung manipuliere, sollte Washington Chinas Exporte kräftig besteuern. Dabei sei die Lösung des Problems doch einfach. "Wenn wir nichts mehr aus China kaufen, wird deren Wirtschaft zusammenbrechen."

+++ Leitartikel: Das Reich der verlorenen Mitte +++

Donald Trump heißt der aufgebrachte Kommentator, er ist einer der Vorzeigeunternehmer der USA, gilt als deren beliebtester Milliardär, und seine Meinung zum Besuch von Hu gab er auf dem konservativen Sender Fox zum Besten. Zunächst aber wurden im Umfeld des Gipfels Verträge geschlossen, die US-Firmen Exporte im Wert von 45 Milliarden Dollar (33 Milliarden Euro) ins Reich der Mitte garantieren. Allein der US-Flugzeugbauer Boeing verkauft 200 Maschinen nach China. Das Geschäft habe ein Volumen von 19 Milliarden Dollar (14,2 Milliarden Euro), teilte das Weiße Haus mit.

Und die US-Regierung wird sich nach dem Ende der mit demonstrativem Lächeln, eifrigem Händeschütteln, Hymnen und Salutschüssen begonnenen Staatsvisite anders äußern als Trump. Aber die mitunter in schiere Angst umschlagende Sorge vor Chinas Ambitionen eint Politik, Wirtschaft und Stammtisch in den Vereinigten Staaten. Aus der hoffnungsfrohen Pingpong-Diplomatie, die 1971 mit der Einladung amerikanischer Tischtennisspieler ins Reich der Mitte begann, hat sich eine misstrauische Rivalität entwickelt.

Aus amerikanischer Sicht hält China seine Währung, den Renmimbi, künstlich niedrig, ignoriert geistiges Eigentum, versperrt US-Unternehmen den Zugang zum Markt und lässt das aggressive Regime Nordkoreas gewähren. Obama, der Friedensnobelpreisträger des Jahres 2009, sprach Chinas Umgang mit Liu Xiaobo, dem inhaftierten Friedensnobelpreisträger des Jahres 2010, schon bei der Begrüßung vor dem Weißen Haus indirekt an, indem er sagte, die "Welt ist gerechter, wenn die Menschenrechte geachtet werden".

Hu antwortete, indem er die "tiefe Freundschaft" zwischen beiden Ländern und die Wahrnehmung gemeinsamer Verantwortung beschwor. Er hoffe auf "positive, kooperative und umfassende Beziehungen", basierend auf wechselseitigem Respekt vor den jeweiligen Interessen. Das war eine so freundliche wie klare Absage an jegliche Einmischung der USA in innere Belange. Schon im Vorfeld hatte Hu in Interviews ein vom Dollar dominiertes Weltwährungssystem als "Produkt der Vergangenheit" bezeichnet. China verteidigt die niedrige Bewertung seines Renminbi. Bei einem höheren Kurs würden Exporte einbrechen und unzählige Fabriken ihre Arbeiter entlassen müssen.

Hu bemüht sich bei seinem Washington-Besuch um eine Begegnung auf Augenhöhe. US-Diplomaten stellen die politische, wirtschaftliche wie militärische Macht Chinas nicht infrage. Doch dieser Tage äußerten anonyme Mitarbeiter des Weißen Hauses gegenüber der "New York Times", Hu selbst könne "der schwächste Führer der kommunistischen Ära" sein. Die Partei, wichtige Minister seiner Regierung und die Wirtschaft schränkten seine Kompetenzen ein.

Als ein Beleg für diese These wurde der Besuch von Verteidigungsminister Robert Gates vorige Woche in Peking angeführt. Während sich der Gast um Annäherung bemühte, testete Chinas Militär sein erstes Tarnkappen-Kampfflugzeug - offenkundig zur Überraschung sogar von Hu. Der Fachdienst Military.com meldet zudem, dass Chinas Luftwaffe durch die nahezu abgeschlossene Generalüberholung eines 1998 gekauften ukrainischen Flugzeugträgers weitere Flexibilität gewinnt.

Der frühere Außenminister Henry Kissinger, der 1972 durch ein Treffen mit Mao den ersten Staatsbesuch von Präsident Richard Nixon in Peking vorbereitete, warnte in der "Washington Post" vor einem "Kalten Krieg" zwischen China und den USA. Das Problem bestehe in einer unterschiedlichen Wahrnehmung. Während die USA den Aufstieg Chinas als Abkehr von der gewohnten Weltordnung begriffen, sehe sich China in einer Rückkehr zu alter Geltung, die lediglich für 200 Jahre unterbrochen worden sei. Die Mehrheit der US-Bürger dürfte derzeit aber eher Trump zustimmen, der den Freihandel stoppen möchte, um Chinas Machtzuwachs zu limitieren.