Die Umstände für den Tod von Muammar al-Gaddafi sind nach wie vor unklar. Damit verzögert sich auch die Beisetzung seiner Leiche. Die Nato berät am Freitag über ein Ende der Luftangriffe.
Misrata. Libyens ehemaliger Machthaber Muammar al Gaddafi ist tot. Libyen steht vor einem Neuanfang. Doch noch sind viele Fragen ungeklärt. Zum Beispiel wie genau es zum Tod Gaddafis kam. Die Ermittlungen zu den Umständen verzögern nun die ursprünglich für Freitag geplante Beisetzung des früheren libyschen Machthabers. Die Bestattung werde bis zum Abschluss der Untersuchungen verschoben, teilte der Nationale Übergangsrat in Tripolis mit. Die Leiche sei noch in Misrata, wohin sie am Donnerstag nach der Eroberung von Sirte gebracht wurde.
Gaddafi werde nach islamischer Tradition beigesetzt, sagte Mohamed Sajeh vom Übergangsrat. Es werde keine öffentliche Bestattung sein. Eine Entscheidung über den Ort sei noch nicht gefallen, teilte Informationsminister Mahmud Schammam mit. Die Umstände von Gaddafis Tod waren weiter unklar. Schammam erklärte, nach ersten Erkenntnissen der Gerichtsmediziner starb Gaddafi im Krankenwagen auf dem Weg zu einem Feldlazarett an den Folgen eines Kopfschusses. Anscheinend habe in den vorherigen Kämpfen ein Querschläger Gaddafi getroffen.
Arabische Fernsehsender strahlten Aufnahmen aus, in denen zu sehen war, dass Gaddafi bei seiner Festnahme am Donnerstag zwar verletzt, aber noch am Leben war. Ein blutiger Gaddafi wird darin von Kämpfern hin und her geschubst. Spätere Aufnahmen zeigen, wie er leblos über den Bürgersteig gerollt wird. Der UN-Menschenrechtsrat forderte am Freitag eine Untersuchung. Das hatte zuvor auch schon die Menschenrechtsorganisation Amnesty International verlangt. Es müsse eine „umfassende, unabhängige und unparteiische Untersuchung“ geben, um die Umstände von Gaddafis Tod zu klären. Auch Mitglieder des Internationalen Strafgerichtshofs wollen nach Angaben Sajehs die Akten vor Ort prüfen.
Nato entscheidet über Einsatz
Der Übergangsrat kündigte an, Interimsführer Mustafa Abdul Dschalil werde am Sonnabend in der Stadt Bengasi, wo Mitte Februar der Aufstand gegen Gaddafi begann, formell die Befreiung Libyens bekannt geben. Der Übergangsrat hatte schon zuvor erklärt, er werde innerhalb eines Monats nach der Befreiung eine Übergangsregierung bilden und dann innerhalb von acht Monaten Wahlen abhalten. Der als Regierungschef amtierende Politiker Mahmud Dschibril kündigte an, er werde nicht an der Übergangsregierung beteiligt sein.
Nach dem Tod Gaddafis wollte die Nato am Freitag über ein Ende der Luftangriffe in Libyen beraten. NATO-Generalsekretär Anders Fogh Rasmussen erklärte, ein Ende des Einsatzes sei „sehr viel näher gerückt“. Eine Entscheidung werde gemeinsam mit den UN und dem libyschen Nationalen Übergangsrat gefällt. Aus Diplomatenkreisen verlautete, beim Treffen am Freitag werde entschieden, wann und wie die Aktion eingestellt werde.
Bei den Kämpfen um Sirte wurde auch mindestens ein Gaddafi-Sohn getötet. Nach Angaben des Übergangsrates handelte es sich um Muatassim Gaddafi. Saif al Islam, der lange als Nachfolger des Machthabers gehandelt worden war, sei verletzt worden, sagte Justizminister Mohammed al Alagi. Verschiedene Medien berichteten allerdings, dass auch Saif al Islam getötet worden sei.