Berlin. Beim Parteitag hat die Demokratin gezeigt, wofür sie steht. Ein Experte sagt, was ihr Lachen über sie verrät – und wo sie aufpassen muss.
Der Parteitag der Demokraten war ihre große erste Bewährungsprobe auf dem Weg zur US-Wahl: Wie würde die Präsidentschaftskandidatin Kamala Harris sich ihren Anhängern präsentieren? Würde sie alle mit ihrer Fröhlichkeit anstecken? Körpersprache-Experte Stefan Verra sagt: Eine Geste hat sie in ihrer Rede angepasst – und das habe ihr gut getan. Wie reagiert Donald Trump auf Harris‘ Wahlkampf? Verra stellt eine Veränderung im Auftreten des früheren US-Präsidenten fest.
Herr Verra, wie hat Kamala Harris in ihrer mit Spannung erwarteten Rede körpersprachlich auf Sie gewirkt?
Stefan Verra: Harris hat ein paar Gesten, die fast schon so typisch sind wie die Merkel-Raute oder die Handgesten Donald Trumps: Sie macht kleine Auf-und-ab-Bewegungen. Dabei hält sie Hände und Arme angewinkelt auf Brust- bis Schulterhöhe – in etwa so als würde sie eine kleine Tupperdose schütteln. Das macht sie über weite Strecken.
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Was auch auffällt, sind die Gesten mit dem erhobenen Zeigefinger…
Verra: Richtig! Im Verlauf ihrer Rede hat ihr eines gefehlt: Wenn man seine Hand ausschnellen lässt, den Zeigefinger hebt und ihn dann wie zur Verstärkung seiner Aussage nachwippen lässt, erreicht man das Gegenteil – damit schwächt man jeden emotionalen Ausdruck ab. Bemerkenswert ist: Zum Ende hin, als sie über den nordkoreanischen Diktator Kim Jong-Un gesprochen hat, hat sie das abgelegt. Wenn man zeigen will, wie ernst man es meint, dann muss man den Zeigefinger in die Tischplatte bohren und da muss er liegen bleiben. Man hat Harris abgenommen, dass sie ihre Kampfansage an die Autokraten ernst meint.
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Harris ist vor allem für ihr auffälliges Lachen bekannt…
Verra: Berater sollen ihr gesagt haben, dass sie das laute Lachen – also das hörbare, rhythmische Ausstoßen von Luft – reduzieren sollte. Ein Beispiel: Ganz zu Beginn der Rede hat sie Doug Emhoff als besten Ehemann der Welt gelobt. Dabei ist ihr das „Ha ha ha“ ausgekommen – aber wenige Augenblicke später erinnerte sie mit liebevollen Worten über ihre verstorbene Mutter Shamala, und das Lachen mündet dann nur in ein sehr breites Grinsen. Die Gefahr beim lauten Lachen ist, dass es nicht immer passend ist. In der Vergangenheit ist ihr das etwa einmal bei einer Pressekonferenz zum Ukraine-Krieg unterlaufen. Unterm Strich muss man aber sagen: Ihr Lachen ist wunderbar. Das hat der Politik gefehlt, es bringt neue Leichtigkeit rein. Denn derzeit haben wir viele, meist männliche Führungsfiguren, die Schwere und Bedrohlichkeit signalisieren. Mit Walz und Harris haben wir nun zwei, die mit ihrer Körpersprache eine gewisse Zukunftsvision reinbringen.
Warum lacht sie eigentlich so viel?
Verra: Die physiologische Erklärung dürfte sein: Sie baut damit eine innere Anspannung ab. Das kennen wir alle: Wenn wir nervös sind, ist unser Bauchraum angespannt. Durch das rhythmische Lachen lockert sich unser Zwerchfell, das senkt die Spannung wieder. Woher sie im Einzelfall rührt, ist offen – es kann Stress sein, es kann aber auch Vorfreude auf den öffentlichen Auftritt.
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Es gibt sehr unterschiedliche Arten zu lachen…
Verra: Da gibt es ein Grundgesetz: Wer körpersprachliche Signale groß macht, der hinterlässt auch einen großen Eindruck. Nehmen wir Olaf Scholz: Dessen Lächeln ist zwar ganz nett – aber so richtig offen wirkt es nie. Ebenso bei Angela Merkel. Ein offenes Lächeln zeichnet sich dadurch aus, dass die Wangenmuskeln – hauptverantwortlich ist der zygomaticus major, der große Gesichtsmuskel – so stark nach hinten ziehen, dass der Augenringmuskel – der orbicularis oculi – mitlächelt. Das macht Kamala Harris so gut, dass sich manchmal sogar an ihrer Nasenwurzel Lachfältchen bilden.
Zur Person
Stefan Verra ist einer der gefragtesten Körpersprache-Experten. Zu seinen Auftraggebern zählen die Nato, US Navy sowie Unternehmen und Organisationen. Verra schreibt Bücher und gibt Körpersprache-Tipps in den sozialen Netzwerken.
Woher kommt es, dass manche Menschen offener lachen als andere?
Verra: Das ist eine Frage des kulturellen Hintergrundes. In manchen Ländern wird Körpersprache deutlicher gezeigt. Denken Sie an das bekannte Klischee: Die Italiener haben keine anderen Muskeln oder sind genetisch anders. Nein, die Kinder wachsen dort in einer Umgebung auf, in der Eltern, Erzieher und Verkäuferinnen ganz deutlich ihre Mimik zeigen. Wir spiegeln das dann von frühester Kindheit an wider, sodass uns ein stärkerer Ausdruck fürs ganze Leben erhalten bleibt.
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Kamala Harris hat erwähnt, dass sie einen solchen kulturellen Hintergrund hat, in dem man sich mit dem Lachen nie zurückgehalten hat. Welche Wirkung das hat, nun, das liegt im Auge des Betrachters. Ein Kaffeekränzchen mit Kamala Harris muss superlustig sein. Aber als Familienvater, dem die Hauskredite zu teuer werden und der sich vor unkontrollierter Einwanderung aus Mexiko fürchtet, denke ich vielleicht eher, diese laut lachende Frau nimmt meine Sorgen nicht ernst.
Donald Trump als Betrachter scheint seine Schwierigkeit mit ihrer Art zu haben. Was löst sie bei ihm aus?
Verra: Er kann damit einfach nicht umgehen. Sein eigenes Verhalten ist sehr eng: Er kann nur dieses Grobe, Erratische, und das macht er richtig gut. Selbst Leute, die ihn politisch nicht unterstützen, finden das zumindest unterhaltsam. Mit Tim Walz und Kamala Harris trifft er nun auf Leute, die eine körpersprachliche Vielfalt haben. Harris ist als Generalstaatsanwältin von Kalifornien sehr entschieden aufgetreten. Gleichzeitig lacht sie viel und sie berührt Menschen: Sie fasst vor allem Frauen an, schafft körperliche Nähe. Das vermittelt das Gefühl: Sie ist eine von uns. All das kann Donald Trump nicht, er kann sich nicht ändern. Er kann nur aggressiv gegen seine Gegnerin stänkern.
Wie hat er zuletzt auf Sie gewirkt?
Verra: Er ist älter geworden und wirkt kraftlos. Wenn er auf die Bühne tritt, brüllt er nicht mehr so, er zieht keine Fratze mehr. Das beobachte ich, seit Harris ins Rennen eingestiegen ist. Ich denke, er findet kein Mittel dagegen.