Brüssel. Die EU sagt der Ukraine weiter Unterstützung zu. Gelingt eine Friedenstruppe? Die Regierungschefs haben noch eine andere, große Sorge.
Es ist eine besorgte Botschaft aus Europa an den designierten US-Präsidenten Donald Trump: Die Europäische Union drängt immer massiver darauf, dass Trumps angekündigte Friedensbemühungen beim russischen Präsidenten Wladimir Putin nur in enger Abstimmung mit der Ukraine stattfinden dürfen – und im Schulterschluss mit der EU.
Es dürfe keine Initiative in Bezug auf die Ukraine ohne die Ukraine ergriffen werden, heißt es laut Entwurf in einer Erklärung der Staats- und Regierungschefs beim EU-Gipfel in Brüssel. Der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj, der zeitweise als Gast an dem Treffen teilnahm, sagte: „Nur die USA und EU gemeinsam können Putin wirklich stoppen und die Ukraine retten“. Besonders mit Beginn des nächsten Jahres – also mit dem Start von Trumps Präsidentschaft – sei die Einigkeit mit den USA und Europa sehr wichtig, um Frieden zu erreichen, betonte Selenskyj.
Ukraine-Krieg: Streng vertrauliche Beratungen über Friedenstruppe
Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) mahnte ähnlich wie andere Regierungschefs: „Es darf keine Entscheidung über die Köpfe der Ukraine hinweg geben.“ Offenbar mit Blick auf Trump fügte Scholz hinzu: „Das gilt für uns wie für alle anderen.“ Der luxemburgische Premier Luc Frieden ging noch weiter: „Die Zukunft der Ukraine entscheidet sich nicht in Washington, sondern in Europa.“
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Die Äußerungen drücken die Sorge aus, dass Trump seine Friedensbemühungen ohne ausreichende Abstimmung mit Europa startet – und die Ukraine zum Einlenken zwingt, indem er mit dem Entzug der Waffenhilfe droht. Nach bisherigen Äußerungen aus Trumps Umfeld dürfte die neue US-Regierung von der Ukraine verlangen, für einen Waffenstillstand vorläufig auf von Russland besetzte Gebiete zu verzichten, ohne dafür die von Selenskyj geforderte Nato-Mitgliedschaft zugesagt zu bekommen.
Trumps designierter Ukraine-Beauftragter Keith Kellogg wird voraussichtlich schon Anfang Januar zu Gesprächen in Kiew und anderen europäischen Hauptstädten reisen. In Brüssel wird erwartet, dass Trump zugleich versucht, den europäischen Staaten die Verantwortung für eine spätere Friedenssicherung in der Ukraine zu überlassen. Wie diese aussehen könnte, war kurz vor dem EU-Gipfel ein Thema bei einem Treffen bei Nato-Chef Mark Rutte, an dem neben Scholz und Selenskyj auch Vertreter von Italien, Dänemark, den Niederlanden, Großbritannien und Polen teilnahmen; Frankreichs Präsident Emmanuel Macron fehlte aus Termingründen.
In Europa laufen – außerhalb der EU-Ebene – streng vertrauliche Beratungen über eine Friedenstruppe, an der sich im Idealfall auch Länder des globalen Südens, etwa Indien, Südafrika oder die Golfstaaten, beteiligen könnten. Europäische Truppensteller wären vor allem Frankreich, Großbritannien, Polen und offenbar auch Deutschland. Außenministerin Annalena Baerbock (Grüne) hat mehrfach unterstrichen, dass sich Deutschland in diesem Fall „nicht wegducken kann“. In Pariser Planspielen ist von fünf Brigaden mit 40.000 europäischen Soldaten die Rede. Militärexperten betonen allerdings, dass eine robuste Friedenstruppe angesichts der langen Frontlinie mindestens 100.000 Soldaten erfordere.
Scholz fordert: Unterstützung der Ukraine muss abgesichert werden
Doch sowohl in Berlin als auch in Brüssel gilt eine öffentliche Debatte dazu derzeit als absolutes Tabu. „Putin zeigt keinen Willen zu Friedensverhandlungen, es ist zu früh, darüber zu sprechen“, sagte Litauens Präsident Gitanas Nauseda beim Gipfel. Auch die EU-Außenbeauftragte Kaja Kallas sagte: „Verhandlungen zu früh zu fordern schadet der Ukraine.“
Der Gipfel konzentrierte sich stattdessen auf die Frage, wie die Ukraine angesichts des massiven Drucks der russischen Angreifer jetzt noch stärker unterstützt werden könnte. In der Gipfel-Erklärung sagt die EU eine Intensivierung der Bemühungen zu. Selenskyj drängte erneut vor allem auf Luftverteidigung: Vorrang habe jetzt der Schutz der Energieversorgung, die von Russland gezielt aus der Luft angegriffen wird.
Scholz erklärte, Deutschland habe schon einen großen Beitrag geleistet, in anderen EU-Hauptstädten solle nun geprüft werden, ob es noch Hilfsmöglichkeiten gebe. Die Unterstützung der Ukraine müsse dauerhaft abgesichert werden. Scholz forderte aber auch: „Das Töten muss ein Ende haben. Wir müssen in eine Situation kommen, wo Frieden möglich wird.“