Washington. Joe Biden versucht verzweifelt, seine Kandidatur zu retten. Doch Großspender springen ab, erste Abgeordnete sehen ihn als Bürde.
Die verzweifelten Bemühungen von US-Präsident Joe Biden, nach dem TV-Duell Desaster mit Donald Trump seine Kandidatur für die Demokaten zu retten, erfuhren bereits vor dem als große Wiedergutmachung geplanten Auftritt beim Sender ABC am Freitagabend erste Rückschläge.
In einem Radio-Interview mit dem Sender WURD in Philadelphia am Donnerstag verhaspelte sich der 81-Jährige in ähnlich frappierender Weise wie beim Aufeinandertreffen mit Trump. Er sagte wörtlich: „Ich bin stolz, wie ich schon sagte, der erste Vize-Präsident, die erste schwarze Frau zu sein und mit einem schwarzen Präsidenten zu dienen.”
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Biden wollte offenbar herausstellen, mit Kamala Harris vor vier Jahren zum ersten Mal in der US-Geschichte eine Afro-Amerikanerin als seine Vize-Präsidentin nominiert zu haben. Dabei verwechselte er, sprachlich-gedanklich nicht auf der Höhe, seine eigene Rolle mit der von Harris. Vor seiner eigenen Präsidentschaft hatte Biden in der Tat als Vize von 2009 bis 2017 dem schwarzen Präsidenten Barack Obama unterstanden.
Biden: Blackout bei Interview ging umgehend viral
Der Blackout des Präsidenten ging umgehend in den sozialen Medien viral. Er könnte den Verdacht bestärken, den viele Demokraten hegen: Dass Bidens Totalausfall in Atlanta vor einer Woche keine Ausnahme war – sondern Indiz für eine kontinuierliche Verschlechterung des mentalen Zustands des ältesten Präsidenten in der US-Geschichte.
Während Biden und sein Stab um Schadensbegrenzung bemüht sind und Durchhalte-Parolen verteilen („Ich gehe nirgendwo hin. Ich trete an. Wir werden siegen”), werden die Widerstände an mehreren Fronten größer. Diverse Groß-Spender der Demokraten drohen mit Zahlungseinstellung, berichten US-Medien. Andere sind dabei, einen Fonds im Volumen von 100 Millionen Dollar aufzulegen, der einem Alternativ-Kandidaten zufließen soll.
Dahinter steht die Befürchtung, dass Biden bis zur Wahl im November in den Umfragen so stark nach untern durchgereicht werden könnte, dass ihm gegen Trump eine klare Niederlage droht. Nervöser werden auch demokratische Kongress-Abgeordnete aus umkämpften Wahlkreisen. Sie sehen in Biden eine Bürde bei dem Versuch, ihre Mandate gegen die republikanische Konkurrenz zu verteidigen.
Funktionär: „Jeder Auftritt wird ab sofort unter Mikroskop gelegt”
Leute wie Jared Golden (Maine), Marie Gluesenkamp Perez (Washington State) und Raúl Grijalva (Arizona) sagen öffentlich, dass Biden die Wahl verlieren würde und darum besser vorzeitig zurücktreten möge. Sie stützen sich dabei auf Umfragen. Danach hat das TV-Debakel den Vorsprung von Trump auf Biden landesweit auf sechs bis acht Prozentpunkte steigen lassen.
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Fakt bleibt aber: Bisher hat noch kein Promi-Demokrat aus der ersten Reihe Biden zum Rückzug aufgefordert. Das kann sich dramatisch ändern, sollte der Präsident in den kommenden fünf Tagen bis zum Nato-Gipfel in Washington erneut durch substanzielle Aussetzer auffallen. „Jeder Auftritt wird ab sofort unters Mikroskop gelegt”, sagte ein demokratischer Funktionär dieser Zeitung. „Er kann das eigentlich kaum mehr gewinnen.”
Bidens Rennen gegen die Zeit sorgt immer mehr für Irritationen. Als der Präsident jüngst hinter verschlossenen Türen mit rund 25 demokratischen Gouverneuren konferierte, um sich Schützenhilfe einzuholen, schüttelten einige Anwesende laut US-Medien den Kopf. Biden sagte, er müsse (zwecks Vermeidung von Katastrophen wie bei CNN gegen Trump) bei Abendterminen nach 20 Uhr Abstriche machen – und früher schlafen gehen.
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