Tokio. Moskau und Pjöngjang bauen ihre Partnerschaft aus: mehr Militärhilfe, mehr wirtschaftliche Zusammenarbeit. Fachleute sind alarmiert.
Mal lächeln sie sich an wie alte Freunde, mal marschieren sie Seite an Seite. Die Fotos und Videoaufnahmen, die am Mittwoch aus Pjöngjang in die Welt gelangen, zeigen zwei Männer, die offenbar sehr gut miteinander können: Auf der einen Seite der 40-jährige, korpulente Gastgeber Kim Jong-un, auf der anderen ein blond-grauhaariger Mann, der vom Alter her Kims Vater sein könnte: der 71-jährige russische Präsident Wladimir Putin. Sehr deutlich wird: Diese beiden Staatenlenker blicken in dieselbe Richtung.
Lesen Sie mehr: Kim Jong-un und Putin treffen aufeinander - „Das sollte jeden beunruhigen“
„Die Beziehungen zwischen unseren Staaten sind auf die neue Höhe einer Allianz gestiegen“, erklärte Nordkoreas Diktator Kim Jong-un am Mittwoch. „Es ist sehr befriedigend, einen Vertrag abzuschließen, der die veränderte internationale Situation und die strategische Natur der Beziehungen zwischen der Demokratischen Volksrepublik Korea und Russland annimmt.“ Wladimir Putin fügte hinzu, dass er nicht abgeneigt sei, Nordkorea auch technisch und militärisch zu unterstützen. Die zwei Staaten sichern sich auch gegenseitigen militärischen Beistand zu.
Putin bei Kim Jong-un: Russland unterstützt Nordkoreas Satellitenprogramm
Der Besuch Putins hat historische Bedeutung. Es ist die erste Reise eines russischen Staatsoberhaupts nach Nordkorea seit 24 Jahren, markiert den nächsten Schritt der beiden Männer, einen anti-westlichen Block zu formen. Im September 2023 war Kim nach Russland gereist, wo man schon „alle Themen“ besprach, wie Putin betonte. Kim bezeichnete die Beziehungen mit Russland als „oberste Priorität für Pjöngjang“. Dieser Tage dankte Putin für Kims Unterstützung in Russlands „militärischer Sonderoperation.“
Ukraine-Krieg – Hintergründe und Erklärungen zum Konflikt
- Historie: Liegt der Grund für den Ukraine-Krieg in der Geschichte?
- Putins Ziele: Warum Russland die Ukraine angegriffen hat
- Präsident: Wolodymyr Selenskyj ist Putins Feind Nr. 1
- Verteidigungsbündnis: Die Nato einfach erklärt – Warum sie für Putin ein Ärgernis ist
Längst hat Nordkorea Munition für Russlands Angriffskrieg gegen die Ukraine geliefert. Hoch im Kurs stehen Granaten der Kaliber 122 und 152 Millimeter und Teile der sowjetischen Panzer T-52 und T-62, die Russland dringend braucht. Nordkorea produziert diese in großen Mengen. Im Gegenzug hat Russland das nordkoreanische Satellitenprogramm unterstützt. Ende vergangenen Jahres gelang es Nordkorea schließlich erstmals, einen Satelliten in die Erdumlaufbahn zu befördern.
Lesen Sie mehr: Irre Odyssee – So kam Kim Jong-un an seinen Protz-Benz
Fortan soll es auch um ein alternatives Handels- und Zahlungssystem gehen, mit dem die beiden Staaten die UN-Sanktionen umgehen können. Als potenzieller Konfliktpunkt zwischen den zwei Parteien gilt hier allerdings die Frage, in welcher Währung der Handel abgewickelt werde. Russland bevorzugt den Rubel, der durch die Sanktionen geschwächt ist. Nordkorea dagegen hat Interesse an US-Dollar, um international mehr Kaufkraft zu haben.
Nach langer Feindschaft setzt Nordkorea nun auf Russland als Partner
Zudem könnten in Zukunft nordkoreanische Arbeitskräfte nach Russland entsandt werden, wo es vielerorts an Personal mangelt. Auch will man den Austausch auf den Ebenen Bildung, Tourismus und Kultur ausbauen. Wie beim Handel mit Militärgütern gilt: Durch die gemeinsame Landgrenze und eine Zugverbindung ist eine Intensivierung der Beziehung durchaus möglich. Und die durch UN-Sanktionen hart getroffenen Staaten haben grundsätzlich großes Interesse daran, sich zu verbrüdern.
Lesen Sie mehr:Putin und Xi schmieden gefährliche Achse der Autokratien
Was der Allianz auch hilft: Nordkorea und Russland blicken auf Jahrzehnte der Kooperation zurück. Im dreijährigen Koreakrieg, der nach Millionen Todesopfern 1953 nur mit einem Waffenstillstand endete, unterstützte die Sowjetunion Nordkorea. Danach bestand eine Partnerschaft, die aber immer wieder strapaziert wurde. Nordkoreas Anführer Kim Il-sung, Großvater der nun regierenden Kim Jong-un, hielt sowjetische und chinesische Einflüsse in seinem Zirkel gezielt klein.
Und als ab den 1970er-Jahren die Sowjetunion und China in einen Konflikt miteinander gerieten, versuchte Nordkorea, die beiden Staaten gegeneinander auszuspielen, um Hilfen von beiden zu erhalten, was bei beiden nicht nur gut ankam. Ab den 1980er-Jahren, mit dem Reformer Michael Gorbatschow an der Macht in der Sowjetunion, wurden die für Nordkorea elementaren Unterstützungszahlungen dann deutlich reduziert. In Pjöngjang fühlte man sich alleingelassen.
- In ständiger Gefahr: Was passiert, wenn Selenskyj stirbt?
- Erfinderisch im Krieg: Studenten bauen Panzerfahrzeug – mit genialen Funktionen
- Wunder Punkt: Putin setzt teure Spezial-Raketen ein – mit einem Ziel
- Ukraine-Konflikt: Sie nennen ihn „Dachs“ – Spezialist soll Superwaffen-Einheit aufbauen
- Krieg: Drohnen zielen auf Putins wunden Punkt – USA warnen Kiew
Putin hilft Nordkorea im Konflikt mit den USA aus
Im Jahr 2000, kurz nach seiner Wahl zum Präsidenten des sowjetischen Nachfolgestaats Russland, besuchte Wladimir Putin dann Kim Il-Sungs Sohn und Amtsnachfolger Kim Jong-il in Nordkorea. Man vereinbarte wieder engeren Kontakt. Einige Jahre später aber unterstützte Russland UN-Sanktionen gegen Nordkorea, da es sein Atomprogramm vorangetrieben und mehrere Raketentests durchgeführt hatte. Nach dem Tod von Kim Jong-il beschloss Russland wiederum 2012, Nordkoreas Schulden abzuschreiben.
Für historisch gewachsene Animositäten gäbe es also Raum auf beiden Seiten. Die geopolitische Lage sorgt aber dafür, dass Putin und Kim Jong-un darüber hinwegsehen: Seit 2018 Nordkoreas Verhandlungen mit den USA über ein mögliches Ende der Sanktionen scheiterten, suchte Kim intensiv Kontakt zu Russland. Und so richtig erwidert wurde dies nach dem neuerlichen Angriff Russlands auf die Ukraine im Februar 2022, wodurch auch Russland durch internationale Sanktionen getroffen worden ist.
Seitdem betonen beide Seiten, wie nah man sich immer gewesen sei. „Kim Jong-un ist mit seinem Kontakt zu Russland all-in gegangen“, beschreibt Vladimir Tikhonov, Professor für Koreanistik an der Universität Oslo, gebürtiger Sowjetbürger und heute Südkoreaner, die Strategie von Nordkorea. Neben Syrien hat Nordkorea etwa auch die zwei ukrainischen Gebiete Donezk und Luhansk, die von Russland besetzt worden sind, wie von Moskau erwünscht als Staaten anerkannt.
Nordkorea: Forscher sehen brandgefährliche Entwicklung
Die Hoffnung auf Verständigung mit Südkorea und den USA habe man dagegen aufgegeben. „In nordkoreanischen Staatsmedien wird schon die russische Terminologie beim Krieg in der Ukraine und Geopolitik übernommen“, so Tikhonov. Edward Howell, Nordkorea-Forscher an der Universität Oxford, bestätigt dies. „Nordkoreas Aktionen sollen die Bereitschaft für einen Konflikt signalisieren“, so Howell. „Dies basiert auf dem im Januar beschlossenen Ende einer Wiedervereinigungspolitik gegenüber dem Süden.“
Mehr zum Konflikt zwischen Nord- und Südkorea: Nordkorea schickt Ballons mit Exkrementen
Bedeutet die immer festere Nordkorea-Russland-Allianz damit eine Gefahr für westliche Staaten? In den Augen Victor Cha, Professor an der Georgetown University und einstiger Verhandler für die USA mit Nordkorea, stellen die wiederholten Treffen von Putin und Kim „die größte Bedrohung für die Sicherheit der USA seit dem Koreakrieg“ dar. Denn Kim wolle nicht nur Hilfe bei Satelliten, sondern auch beim Bau von modernen U-Booten und dem Atomprogramm. Und Russland sei offenbar bereit, auch hier zu assistieren.
- Debatte über Wehrpflicht: Was Carlo Masala über Frauen bei der Bundeswehr denkt
- Militärexperte über Militärhilfen: „Alles, was jetzt kommt, ist zu spät“
- Masala über Millionenstadt in der Ukraine: „Charkiw zu erobern, halte ich für ausgeschlossen“
- Putin droht mit Atomwaffen: Militärexperte Masala zerlegt seine Strategie
- Experte analysiert Putins Strategie: „Russland bereitet sich für die Zeit nach dem Krieg vor“