Das Embargo des Uno-Sicherheitsrats wurde verletzt. Haben deutsche Behörden bei Gaddafi-Sohn Saif al-Arab in München ein Auge zugedrückt?
Tripolis/Paris/München. Frankreich wehrt sich gegen Kritik an seinen Waffenlieferungen an die libyschen Rebellen . Die Waffen dienten der Selbstverteidigung der Bevölkerung und diese sei in Gefahr, sagte der französische Botschafter bei den Vereinten Nationen, Gerard Araud. In Uno-Diplomatenkreisen war zuvor gewarnt worden, die Lieferung ohne eine Zustimmung des Sicherheitsrates könnte das über Libyen verhängte Waffenembargo verletzen. Frankreich argumentiert, dass der entsprechende Paragraf wegen der besonderen Umstände – wenn es um den Schutz von Zivilisten gehe – nicht angewandt werden könne.
Aus der Nato kamen zurückhaltende Töne zur Lieferung, bei denen es sich einem „Le Figaro“-Bericht zufolge um Raketenwerfer, Sturmgewehre, Maschinengewehre und Panzerabwehrraketen handelt. „Das ist nicht etwas, was wir machen sollten“, sagte der britische Minister für internationale Sicherheit, Gerald Howarth, ohne Frankreich direkt zu kritisieren. Nato-Chef Anders Fogh Rasmussen distanzierte sich: Die Militärallianz sei in die Lieferung nicht involviert gewesen. Er wisse auch nichts über Waffenhilfe anderer Länder an die Aufständischen, die sich mit der faktischen Unterstützung der Nato seit Monaten vergeblich um einen Sieg gegen Machthaber Muammar al-Gaddafi bemühen. Der Chef der Afrikanischen Union gab zu bedenken, dass die französischen Waffen in den Hände von Al-Qaida-Verbündeten in Nordafrika landen könnten.
Aus Sicht der Aufständischen könnte der Krieg in dem nordafrikanischen Land durch Frankreichs Vorpreschen verkürzt werden. „Je weniger Blut wir vergießen, umso schneller können wir uns um die Zukunft kümmern und das Volk schützen“, sagte Rebellen-Chef Mahmud Dschibril in Wien. An diesem Donnerstag wurde Dschibril in Berlin erwartet.
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Frankreich hat als erstes Nato-Land offen eingeräumt, den Aufstand gegen Gaddafi direkt mit Waffen zu unterstützen. Seit Beginn der Nato-Luftangriffe auf Libyen vor drei Monaten ist die Rebellion gegen Gaddafi nur schleppend vorangekommen – und in der Nato-Koalition zeigen sich erste Risse. Seit kurzem melden die Aufständischen aber Erfolge beim Vormarsch auf Tripolis. So kämpfen sie seit Sonntag mit Gaddafi-treuen Truppen um die südwestlich der Metropole gelegene Stadt Bir al-Ghanam.
Unterdessen gibt es Wirbel um den Gaddafi-Sohn Saif al-Arab und seinen Aufenthalt in München. Der vergleichsweise milde Umgang der Münchner Polizei und Justiz mit dem skandalträchtigen Sohn des libyschen Diktators Muammar al-Gaddafi bleibt ein Streitthema zwischen Staatsregierung und Grünen. Justizministerin Beate Merk (CSU) und Landespolizeipräsident Waldemar Kindler verteidigten im Rechtsausschuss des Landtags das Vorgehen der Behörden in den elf Fällen, in denen Saif al-Arab von 2006 bis 2010 in München wegen einer Disko-Schlägerei, Fahrens ohne Führerschein, Beleidigung von Polizisten und anderen Vorwürfen mit der Polizei zu tun hatte. Mit Ausnahme von zwei Verkehrsdelikten führten sämtliche Untersuchungen nicht zu einer Bestrafung.
Merk betonte, es sei nicht mit zweierlei Maß gemessen worden. „Ich habe keinen politischen Einfluss genommen.“ Da Gaddafi Junior aber der Sohn eines ausländischen Staatschefs gewesen sei, habe die diplomatische Immunität geklärt werden müssen. „Aufgrund der Gefahr erheblicher diplomatischer Konsequenzen musste sensibel vorgegangen werden.“ Sie selbst sei informiert gewesen, sagte Merk, und habe in einem Aktenvermerk festgehalten: „Sensibles Verfahren. Es muss wie immer ohne Ansehen der Person vorgegangen werden.“ Der Leiter der Münchner Staatsanwaltschaft I, Manfred Nötzel, räumte ein, dass das Strafmaß gegen Gaddafi in den zwei Verkehrsdelikten vergleichsweise milde war: „Das trifft in gewisser Weise zu, aber das ist üblich.“
Landtags-Vizepräsidentin Christine Stahl (Grüne) monierte: „Die Grenzen des Rechtsstaats wurden verschoben.“ Nötzel reagierte verärgert und sagte: „Das ist starker Tobak.“ Saif al-Arab al-Gaddafi wohnte von 2006 bis Anfang 2011 mit Studentenstatus in München, obwohl er nie studierte. Er soll nach dem Beginn des Libyen-Krieges bei einem Nato-Bombenangriff in seiner Heimat ums Leben gekommen sein, doch zweifelsfrei geklärt ist das nicht. (rtr/dpa)