Bundesregierung bietet Bombenbauteile und lasergelenkte Raketen im Kampf gegen das Gaddafi-Regime an – Opposition sieht einen Kurswechsel.
Tripolis/Peking. Trotz ihrer skeptischen Haltung zum Libyen-Krieg und dem Versuch, Muammar al-Gaddafi aus dem Amt zu treiben, ist die Bundesregierung bereit, die Nato mit Bombenbauteilen zu unterstützen. „Wir haben eine Anfrage der zuständigen Nato-Logistik-Agentur Namsa erhalten und ich habe entschieden, sie positiv zu beantworten“, sagte Verteidigungsminister Thomas de Maizière (CDU) der „Süddeutschen Zeitung“. „Dies ist bewährter Bündnisalltag. So gleichen die Partner ihre logistischen Engpässe untereinander ständig aus.“ De Maizière betonte, er könne darin keine Beteiligung Deutschlands am Libyen-Einsatz durch die Hintertür erkennen. „Das ist ein normales Verfahren, so wie wir in Stäben der Nato mitarbeiten und Luftwaffenstützpunkte in Deutschland zur Verfügung stellen.“
Deutschland hatte sich bei der Abstimmung über den Militäreinsatz im Uno-Sicherheitsrat enthalten und sich damit von den wichtigsten Verbündeten USA, Großbritannien und Frankreich abgekoppelt. Zeitweise wurden sogar deutsche Schiffe aus den Nato-Verbänden im Mittelmeer abgezogen, um nicht mit dem Einsatz in Berührung zu geraten. Nato-Diplomaten in Brüssel bestätigten das Hilfeersuchen.
„Das ist ein normaler Vorgang und eine wirksame Art der Verbündeten und Partner, sich gegenseitig zu unterstützen“, hieß es in der Nato-Zentrale. „Auf diese Art stellen wir als Bündnis sicher, dass wir die richtige Ausrüstung zur rechten Zeit an der rechten Stelle haben.“
Ein Sprecher des Verteidigungsministeriums in Berlin erklärte, auf Anfrage der Namsa bei allen Mitgliedstaaten habe Deutschland Teile für „Präzisionsmunition“ angeboten. Dabei kann es sich beispielsweise um lasergelenkter Bomben oder Raketen handeln. Die Entscheidung, was tatsächlich benötigt wird, steht noch aus.
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Die Opposition reagierte empört. „Die Handlungen der Regierung illustrieren, wie unaufrichtig die Bundesregierung in der Libyen-Frage agiert“, sagte der SPD-Verteidigungspolitiker Rainer Arnold zu „Spiegel Online“. „Auf der einen Seite lehnt man eine Teilnahme an der Nato-Mission ab. Durch die Hintertür liefert man dann doch Waffen.“
Ähnlich äußerte sich der Grünen-Verteidigungsexperte Omid Nouripour. „Anspruch und Wirklichkeit“ klafften in der Politik der Bundesregierung auseinander, sagte er der Agentur dpa. „Der Außenminister propagiert Zurückhaltung, während der Verteidigungsminister für den Einsatz Bomben verspricht.“ Linksfraktionschef Gregor Gysi sieht in der Entscheidung der Bundesregierung eine Kehrtwende in der deutschen Libyen-Politik. Deutschland begebe sich „in die Koalition der Kriegführenden und korrigiert damit das Verhalten im Sicherheitsrat“.
Über die Durchhaltefähigkeit der Nato im Libyen-Krieg wird schon länger spekuliert. De Maizière hatte in der vergangenen Woche in einem „Spiegel“-Interview Kritik an der Einsatzplanung geübt. „Natürlich muss man, wenn man etwas anfängt, auch immer wissen, wie lange man das durchhalten kann“, sagte er. Der Bombenkrieg gegen Libyen dauert nun schon drei Monate. Die Nato plant noch keine Verringerung ihres Militäreinsatzes in Libyen. „Ich glaube nicht, dass ein Herunterfahren unseres Einsatzes derzeit angemessen oder erforderlich wäre“, sagte der Kommandeur, der kanadische General Charles Bouchard, im Nato-Hauptquartier in Neapel.
Einen Tag nach der Ausstellung des Haftbefehls gegen Muammar al-Gaddafi rief der Chefankläger des Internationalen Strafgerichtshofes (IStGH) die libysche Führung auf, den Machthaber auszuliefern. Für die Festnahme Gaddafis sei in erster Linie Libyen selbst verantwortlich, erklärte der argentinische Staatsanwalt Luis Moreno-Ocampo in Den Haag. Der Strafgerichtshof verfügt über keine eigene Polizei, die die Gesuchten festnehmen könnte. Die chinesische Regierung will den Haftbefehl des Strafgerichtshofs gegen Gaddafi nicht dezidiert unterstützen. China folge der Entscheidung des Gerichts aber genau, teilte das Außenministerium mit. „Wir hoffen, der IStGH wird eine bedachte, objektive und gerechte Position bei der Erfüllung seiner Aufgaben übernehmen, um sicherzugehen, dass seine Arbeit zu Frieden und Stabilität in der Region führt“, sagte Ministeriumssprecher Hong Lei. (dpa/dapd/rtr)