Nur jedes vierte Kind hat einen Antrag gestellt. Hartz-Familien fragen wenig Nachhilfe nach, dafür Zuschüsse zum Mittagessen.
Berlin. Mit einem neuen Maßnahmenbündel wollen Bund, Länder und Kommunen dem Bildungspaket für bedürftige Kinder zum Erfolg verhelfen. Bislang seien erst für 25 bis 30 Prozent der Kinder Anträge auf Leistungen gestellt worden. Das reiche nicht aus, sagte Bundesarbeitsministerin Ursula von der Leyen (CDU) nach einem Treffen mit Länderkollegen und den kommunalen Spitzenverbänden. Während die Spitzenverbände weiterhin mit steigender Nachfrage rechnen, hält der Paritätische Wohlfahrtsverband einen flächendeckenden Erfolg für ausgeschlossen. Bei dem Treffen im Bundesarbeitsministerium wurde vereinbart, eine wissenschaftliche Untersuchung der Zielgruppen des Bildungspakets in Auftrag zu geben, um herauszufinden, welche Familien Anträge stellen und welche nicht. Darüber hinaus sollen Kommunen, in denen bislang besonders viele Anträge gestellt wurden, nach ihren „Erfolgsrezepten“ befragt werden. Dazu gehört unter anderem Hamburg. Die großen Differenzen bei den Antragsquoten in den Kommunen sollen analysiert werden.
Zudem vereinbarten Bund, Länder und Kommunen, alle Kanäle für die Werbung für das Bildungspaket zu nutzen. Vor allem in den Jobcentern sollen Eltern systematisch auf das Bildungspaket hingewiesen werden. Schulen und Kitas sollen direkt auf die Kinder zugehen. Auch Internetdienste wie Twitter sollen genutzt werden, sagte der Hauptgeschäftsführer des Deutschen Städte- und Gemeindebundes, Gerd Landsberg.
„Wir müssen den Einstieg noch niedrigschwelliger machen“, ergänzte die Sozialministerin von Mecklenburg-Vorpommern, Manuela Schwesig (SPD). Auch die Anträge müssten weiter vereinfacht werden. Nach einer Umfrage des Deutschen Städtetages haben in 20 Prozent der Städte mehr als 40 Prozent der Eltern Anträge gestellt. In einem Viertel der Städte liegt die Quote allerdings nur bei zehn bis 20 Prozent. Im April waren es in einer Mehrheit der Städte weniger als zehn Prozent gewesen. Hauptgeschäftsführer Stephan Articus sagte, das sei kein guter Start, aber auch noch keine schlechte Entwicklung.
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Dem Städtetag zufolge wird der Zuschuss zur Mittagsverpflegung am stärksten nachgefragt, gefolgt von der Unterstützung für Ausflüge und Klassenfahrten. Die Lernförderung wird bisher noch wenig nachgefragt, aber ein Anstieg erwartet, wenn das neue Schuljahr Zeit angelaufen ist und sich wachsender Bedarf für Nachhilfe zeigt.
Angesichts der geringen Inanspruchnahme des Bildungspakets warnte von der Leyen vor Schuldzuweisungen. Es gebe dafür ein Bündel von Ursachen. Das Bildungspaket sei neu, und die Informationen darüber müssten erst zu den Eltern gelangen. Ein kleiner Teil der Eltern sei nur sehr schwer zu erreichen. Anfang November will sich die Runde erneut treffen, um dann nach Beginn des neuen Schuljahres vor allem über die Lernförderung zu sprechen.
Der Präsident des Deutschen Landkreistages, Hans Jörg Duppré, wies auf Anschreiben an Familien und Telefonhotlines hin, die Kommunen eingerichtet hätten. Hausbesuche seien hingegen nicht zielführend. Die Teilnahme am Bildungspaket lasse sich nicht mit Zwang erreichen. Hausbesuche hatte von der Leyen ins Gespräch gebracht.
Der Paritätische Wohlfahrtsverband beurteilte das Bildungspaket als chancenlos und verfahren. Stattdessen solle jedem Kind aus einkommensschwachen Familien der kostenlose Zugang zu allen Einrichtungen der Jugendhilfe und vorschulischen Bildung garantiert werden, sagte Hauptgeschäftsführer Ulrich Schneider.
Bereits im April hatte es ein Treffen von Länder- und Gemeindevertretern mit von der Leyen gegeben, um über die Startschwierigkeiten beim Bildungspaket zu diskutieren. Die neuen Zuschüsse für Leistungen wie Schulmittagessen, Nachhilfestunden und Vereinsbeiträge sollen rückwirkend von Januar an rund 2,5 Millionen Kindern zugute kommen, deren Eltern Hartz-IV-Leistungen, Wohngeld oder den Kinderzuschlag beziehen. (epd/abendblatt.de)