Von der Leyen will Bedürftige anschreiben und auf Zuschüsse für Nachhilfe und Vereine hinweisen. Verband wirft ihr bürokratisches Denken vor.
Berlin. Angesichts des geringen Interesses an den Angeboten für Kinder aus Hartz-IV-Familien will Arbeits- und Sozialministerin Ursula von der Leyen (CDU) allen betroffenen Familien einen Brief schreiben. „Bildung der Kinder ist der Weg aus Hartz IV“, sagte von der Leyen der „Passauer Neuen Presse“. „Deswegen halte ich es für richtig, jede Hartz-IV-Familie einzeln anzuschreiben.“ Schließlich gehöre das Bildungspaket ebenso zum Existenzminimum der Kinder wie Nahrung und ein Dach über dem Kopf. Am Mittwoch relativierte die Ministerin diese Aussage jedoch. Sie wolle die betroffenen Familien nicht selbst anschreiben, aber die Informationsarbeit der Kommunen unterstützen. Das stellte eine Sprecherin des Ministeriums klar.
Von der Leyen sagte, die Verwaltung müsse zwar auf die Eltern zugehen, allerdings müssten auch die Erziehungsberechtigen ihren Teil der Verantwortung wahrnehmen. „Sie sind ja in der Lage, ihren Hartz-IV-Regelsatz und die Mietkosten zu beantragen. Warum sollen sie keinen Antrag für das Bildungspaket der Kinder stellen können?“, fragte von der Leyen.
Unterdessen kritisierte der Präsident des Paritätischen Wohlfahrtsverbandes, Ulrich Schneider, erneut die Umsetzung des Bildungspakets. Jugendhilfe funktioniere so nicht, sagte Schneider im ZDF-„Morgenmagazin“. „Man hat sich hier ganz dem ministerialbürokratischen Denken unterworfen: Wenn jemand was will, dann soll er kommen und einen Antrag stellen – so klappt es einfach nicht“, fügte Schneider hinzu.
Jeder in der Jugendhilfe wisse, dass man die Kinder und Jugendlichen an den Schulen, in den Kitas, in den Jugendzentren und auf der Straße abholen müsse. „Dann kommen wir an die Kinder und Jugendlichen ran, aber bestimmt nicht, indem man irgendwo einen Antrag an die Wand nagelt und sagt: füll’ mal aus“, sagte Schneider.
Das Paket für rund 2,5 Millionen Kinder aus armen Familien verspricht Zuschüsse für Schulmaterial, warme Mittagessen in Schule und Kita, Nachhilfe und Freizeitaktivitäten. Allerdings sollen laut einer Umfrage von „Spiegel Online“ erst zwei Prozent der Berechtigten in Großstädten Anträge gestellt haben.