Die Angebote für Nachhilfe werden offenbar nicht angenommen. Beim Bildungspaket gebe es zu viel Bürokratie, beklagen Sozialverbände.
Berlin. Wegen der schwachen Nachfrage nach dem Bildungspaket will Sozialministerin Ursula von der Leyen noch stärker bei bedürftigen Familien für die neue Leistung werben. „Wenn Info-Briefe und gezielte Ansprache in Kitas und Schulen nicht reichen, müssen Sozialarbeiter eben vor der Tür stehen und bei den Eltern nachfassen“, erklärte die CDU-Politikerin am Montag. Nach einer Allensbach-Umfrage im Auftrag ihres Ministeriums haben 19 Prozent der berechtigten Familien kein Interesse an den Leistungen. Von der Leyen kündigte in der „Bild“-Zeitung an, diese Familien verstärkt anzusprechen. „An diese 19 Prozent müssen wir ran. Es geht um die Zukunftschancen der Kinder, damit sich das Hartz-IV-Schicksal ihrer Eltern nicht wiederholt.“ Eltern, die sich nicht um die Bildung ihrer Kinder kümmern, sollten künftig von Sozialarbeitern zu Hause besucht werden.
Seit Anfang April können bedürftige Familien Zuschüsse für Schulmaterial, warme Mittagessen in Schule und Kita, Nachhilfe und Freizeitaktivitäten aus dem insgesamt 1,6 Milliarden Euro schweren Bildungspaket beantragen. Bis einschließlich Donnerstag können Familien die Leistungen auch rückwirkend zum 1. Januar geltend machen. Diese Frist war im April verlängert worden. Bis Anfang Juni hatten der Umfrage zufolge 25 Prozent der Geringverdiener-Familien Leistungen aus dem Bildungspaket beantragt, 43 Prozent wollen noch Anträge stellen. Am Dienstag soll ein Runder Tisch erneut über die neuen Leistungen beraten.
Der Forderung nach einer Bar-Auszahlung des Geldes an die Eltern, wie sie vor allem von der CSU erhoben wurde, erteilte von der Leyen erneut eine Absage. „Einfach mehr Bargeld für die Bildung bedürftiger Kinder wäre vielfach verpufft“, sagte sie der Zeitung. Auch wies sie Kritik zurück, das Bildungspaket sei zu bürokratisch. „Von Menschen, die Hartz-IV-Anträge ausfüllen, kann man auch verlangen, dass sie für die Bildung der Kinder ein Formular einreichen“, betonte sie.
Der Deutsche Caritasverband hat an die Politik appelliert, die Anlaufschwierigkeiten beim Bildungs- und Teilhabepaket für arme Kinder schnell zu überwinden. Familien, Schulen und Vereine beklagten weiterhin bürokratische Hürden beim neuen Hilfsangebot, teilte der katholische Wohlfahrtsverband vor dem Treffen von Bundesarbeitsministerin Ursula von der Leyen (CDU) mit Vertretern der Kommunen und der Länder am Dienstag mit. „Das Bildungspaket muss alle Kinder aus einkommensschwachen Familien unabhängig von ihrer Herkunft erreichen“, sagte Caritas-Präsident Peter Neher. So bekämen beispielsweise bisher Kinder von Asylbewerbern oder geduldeten Personen erst nach längerem Aufenthalt in Deutschland Teilhabeleistungen. Ein gesetzlicher Anspruch auf Unterstützung sei für diese Kinder dringend geboten, betonte der Caritas-Chef.
Zwar könnten Kommunen diese Unterstützung freiwillig gewähren. Doch das täten nur wenige, denn die Kosten dafür müssten Städte und Gemeinden alleine tragen. „Das Spitzengespräch ist die Chance, zu verbindlichen Vereinbarungen von Bund und Kommunen zu kommen und allen Kindern in Deutschland endlich diese Tür zur Verbesserung ihrer Teilhabechancen zu öffnen“, sagt Neher.
Auch bei der Schulsozialarbeit besteht laut Neher Handlungsbedarf. Die im Bildungspaket vorgesehene Anschubfinanzierung müsse in der Praxis endlich umgesetzt werden. Und: „Die Länder müssen dafür sorgen, dass Schulsozialarbeit dann auch dauerhaft rechtlich gesichert wird.“ (dpa/epd)