Den Haag will dem Diktator den Prozess machen. Gaddafis Minister halten geheime Gespräche in Tunesien ab. Neue Angriffe auf Tripolis.

Tripolis/Peking. Ermordung von Zivilisten, das Organisieren von Massenvergewaltigungen, Folter – Verbrechen gegen die Menschlichkeit: Das sind die Vorwürfe, die schwer auf Libyens Machthaber Muammar al-Gaddafi lasten. Der Internationale Strafgerichtshof (ICC) hat deshalb Haftbefehl gegen ihn erlassen. Auch der Gaddafi-Sohn Saif al-Islam und der libysche Geheimdienstchef Abdullah al-Senussi werden vom ICC jetzt mit Haftbefehl gesucht, wie das Gericht in Den Haag mitteilte. Seit Monaten versuchen Gaddafi und seine Truppen einen Aufstand von Rebellen niederzuschlagen. Unterdessen haben wieder zwei starke Explosionen die Umgebung einer Residenz des libyschen Machthabers Gaddafi in Tripolis erschüttert. Rauch stieg in der Nähe der Anlage Bab al-Asisija auf, Kampfflugzeuge der Nato waren wenige Minuten später über der Gegend zu hören. Es gilt unter Beobachtern als unwahrscheinlich, dass sich Gaddafi in der Residenz aufhielt. In der Umgebung finden täglich Kundgebungen von Anhängern des Machthabers statt. Ob es zivile Opfer gab, war zunächst unklar.

Die libyschen Rebellen sind nach eigenen Angaben bis auf 80 Kilometer vor die Hauptstadt Tripolis vorgestoßen. Es ist ihr größter Geländegewinn seit Wochen. Die Rebellen in den westlichen Bergen kämpften mit den Truppen von Staatschef Gaddafi um die Kontrolle über die Stadt Bir al-Ghanem, sagte einer ihrer Sprecher der Nachrichtenagentur Reuters per Telefon. Dies sei ein Vorstoß von etwa 30 Kilometern von ihrer früheren Position. Bei den Kämpfen am Sonntag habe es Verluste auf beiden Seiten gegeben. Die Rebellen hätten Material und Fahrzeuge erobert. Den Tag über sei es bisher ruhig gewesen, die Rebellen seien weiter in ihren Stellungen.

Im Nachbarstaat Tunesien liefen unterdessen einer Meldung der tunesischen Nachrichtenagentur TAP zufolge Gespräche zwischen drei libyschen Ministern und „mehreren ausländischen Parteien“. Auch der libysche Außenminister sei an den Verhandlungen auf der Insel Djerba nahe der libyschen Grenze beteiligt. Details nannte die Agentur nicht. Die Führung der libyschen Rebellen hatte vergangene Woche jedoch erklärt, sie stehe über ausländische Unterhändler im Kontakt mit der Gaddafi-Regierung über eine friedliche Lösung des Konflikts.

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Der südafrikanische Präsident Jacob Zuma hat die Nato-Angriffe in Libyen scharf kritisiert und vor einer Ermordung Gaddafis gewarnt. Die Uno-Resolution zu Libyen „ermächtigt nicht zu einem Regimewechsel oder einer politischer Ermordung“, betonte Zuma in Pretoria bei einem Treffen mit dem Libyenausschuss der Afrikanischen Union (AU). Ziel der Uno-Resolution 1973 sei der Schutz der Zivilbevölkerung gewesen. Die andauernde Bombardierung gefährde aber die Bemühungen für eine friedliche Lösung und Stabilität in Libyen, so der Präsident Südafrikas, das als nichtständiges Mitglied des Uno-Sicherheitsrates für die Libyenresolution 1973 gestimmt hatte. (rtr/abendblatt.de)