Wirtschaftsminister soll das Moratorium zur Atomkraft mit der Angst vor den Wahlen erklärt haben. Der Verband spricht von Protokollfehler.
München/Berlin. Nun wird auch ein erfahrener FDP-Minister im Bund zur Belastung für die Wahlkämpfer in Baden-Württemberg und Rheinland-Pfalz. Bundeswirtschaftsminister Rainer Brüderle (FDP) hat nach Informationen der „Süddeutschen Zeitung“ beim Bundesverband der Deutschen Industrie (BDI) das Kernkraft-Moratorium mit den anstehenden Landtagswahlen begründet. Das geht aus einem BDI-Protokoll hervor, das der Zeitung vorliegt.
Der Industrieverband BDI hat angebliche Äußerungen von Wirtschaftsminister Brüderle als Protokoll-Fehler dargestellt. BDI-Hauptgeschäftsführer Werner Schnappauf erklärte zum Protokoll über die Sitzung des BDI-Präsidiums vom 14. März: „Es liegt ein Protokollfehler vor. Die Äußerung des Bundeswirtschaftsministers ist falsch wiedergegeben worden.“ Im Bundestag musste sich Brüderle Häme und Spott gefallen lassen.
Den Eindruck, das Moratorium zur Atomkraft hänge mit den Wahlen zusammen, hatte die Regierungskoalition aus Union und FDP eigentlich vermeiden wollen. Am Sonntag wird in Baden-Württemberg und Rheinland-Pfalz gewählt. Brüderle habe am 14. März als Gast an einer Sitzung von Vorstand und Präsidium teilgenommen, bei der fast 40 führende Manager aus Deutschlands Industrie zugegen waren.
Darunter waren die Vorstandschefs der Energiekonzerne RWE und E.on, Jürgen Großmann und Johannes Teyssen. Während der Sitzung sie die Meldung hereingereicht worden, dass Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) nach der Katastrophe im japanischen Kernkraftwerk Fukushima die von der Regierungskoalition verlängerten Laufzeiten für die deutschen Atommeiler per Moratorium aussetzen wolle.
BDI-Präsident Hans-Peter Keitel habe daraufhin von Minister Brüderle wissen wollen, was es damit auf sich habe. Laut Sitzungsprotokoll bestätigte Brüderle das Moratorium und „wies erläuternd darauf hin, dass angesichts der bevorstehenden Landtagswahlen Druck auf der Politik laste und die Entscheidungen daher nicht immer rational seien“.
Laut Protokoll habe Brüderle betont, ein Befürworter der Kernenergie zu sein, auch mit Rücksicht auf Branchen, die besonders viel Energie verbrauchten. Es könne daher keinen Weg geben, der diese Branchen „in ihrer Existenz gefährde“. Im Wirtschaftsministerium habe es zu Brüderles Aussagen geheißen, der Minister habe vor allem mit dem Tempo der Kehrtwende Probleme gehabt, berichtet die Zeitung weiter. (dpa/abendblatt.de)