Staatssekretär Schröder spricht von 110 Gefährdern. Tunesien-Flüchtlinge sollen nicht auf EU-Staaten aufgeteilt werden.
Berlin. Das Bundesinnenministerium warnt davor, die Gefahr des islamistischen Terrorismus in Deutschland zu unterschätzen. Es gebe Informationen, dass „220 Besucher von Terrorcamps aus Deutschland kommen oder einen starken Deutschlandbezug haben“, sagte der Parlamentarische Innen-Staatssekretär Ole Schröder (CDU) beim Europäischen Polizeikongress in Berlin. Von diesen Personen leben laut Schröder 110 Personen in Deutschland. Zu 70 von ihnen existierten konkrete Hinweise, die für eine absolvierte paramilitärische Ausbildung sprechen.
Der Staatssekretär sagte, ohne einen Generalverdacht auszusprechen müsse man sagen, dass es sich beim islamistischen Terrorismus um „ein mit Migration verbundenes Problem“ handle. Schröder hat sich außerdem gegen die Aufteilung von Flüchtlingen aus südlichen EU-Ländern auf andere Mitgliedstaaten ausgesprochen . Vielmehr müsse man dafür sorgen, dass die Flüchtlinge in ihren Heimatländern Perspektiven bekämen, sagte Schröder. Angesichts der Flüchtlingswelle aus Tunesien hatten Politiker von SPD und Grünen dafür plädiert, afrikanische Flüchtlinge in Deutschland aufzunehmen.
Schröder sagte, man könne nicht davon sprechen, dass nur die südlichen EU-Länder besonders stark von Flüchtlingsströmen betroffen seien. Im vergangenen Jahr habe Belgien dreimal mehr Asylbewerber aufgenommen als Italien und zehnmal mehr als Spanien. Schweden habe mit rund 30.000 Asylbewerbern fünfmal so viele Menschen aufgenommen wie Italien. Deutschland gab rund 48.000 Asylbewerbern eine Chance.
Tausende Tunesier sind in den vergangenen Tagen auf die kleine italienische Insel Lampedusa geflüchtet. Die Flüchtlingslager sind so überfüllt, dass der humanitäre Notstand ausgerufen wurde. Schröder sprach sich dafür aus, die Schleuserkriminalität in Tunesien zu bekämpfen. Zudem müssten die Menschen in Tunesien demokratische Mitspracherechte und wirtschaftspolitische Perspektiven bekommen.
Bei einer Aufteilung von Flüchtlingen auf EU-Mitgliedsstaaten entstehe die Frage, nach welchen Kriterien dies geschehen solle, sagte Schröder: Nach Einwohnerzahl, Wirtschaftskraft – oder nach früheren Aufnahmezahlen? „Dann hätte Deutschland keine Veranlassung, Flüchtlinge aus anderen Ländern aufzunehmen“, sagte Schröder. „Das alles zeigt, dass ein solcher Mechanismus keinen Sinn macht.“
Die europäische Grenzschutzagentur Frontex bereitet sich wegen der Flüchtlingsströme aus Tunesien jetzt auf einen Einsatz an der italienischen Südgrenze vor. „Die Planungen für Aktionen laufen“, sagte Frontex-Chef Ilkka Laitinen beim Europäischen Polizeikongress. Zunächst aber seien die italienischen Behörden sowie Tunesien gefordert. Frontex stellt vor allem Hubschrauber und Boote, aber auch mobile Radaranlagen und Wärmebildkameras zur Verfügung. Ende vergangenen Jahres kam es zudem erstmals zum Einsatz des sogenannten „Rapid Border Intervention Teams“ (Rabit). Aufgrund dieses 2007 unter deutscher Ratspräsidentschaft geschaffenen Frontex-Instruments hatten die EU-Mitgliedstaaten einen Pool von knapp 700 Grenzschutzbeamten geschaffen, den sie im Bedarfsfall zur Verfügung stellten.