Rami M. aus Hamburg wurde in Pakistan festgenommen. Seine Größe verriet den Dschihadisten, der eine Burka trug.
Der Mann, den Islamismus-Experten für den Kopf einer radikalen Gruppe , für einen der gefährlichsten europäischen Dschihadisten halten, der ein Experte für den Bau von Sprengstoffgürteln für Selbstmordanschläge sein soll, dieser Mann machte bei seiner Festnahme eine jämmerliche Figur. Gekleidet in eine Burka kauerte er mit einem gebrochenen linken Bein auf der Rückbank eines rumpelnden Kleinbusses. Pakistanische Behörden nahmen ihn Montagmorgen nahe der Stadt Bannu im Nordwesten des Landes fest.
Bei dem Mann soll es sich laut "Spiegel Online" um den Hamburger Islamisten Rami M., 25, handeln. Im März war der kampfbereite Muslim von der Elbe aus nach Pakistan aufgebrochen, laut Ermittlungen des Verfassungsschutzes plante er, in den "Heiligen Krieg" zu ziehen. Islamismus-Experten werten die Festnahme des Hamburgers in Pakistan als einen wichtigen Erfolg im Kampf gegen die radikalen Taliban. Wie die Attentäter vom 11. September 2001 verkehrte Rami M. in seiner Hamburger Zeit in der Taiba-Moschee, die früher noch Al-Kuds-Moschee hieß. Wie sie machte er sich dann auf den Weg, den Kampf gegen die "Ungläubigen" auf eine neue Ebene zu führen. Der bärtige Islamist war einer von mehreren regelmäßigen Moschee-Besuchern, die zu jener Zeit in Hamburg plötzlich von der Bildfläche verschwanden.
Zwei von ihnen waren schon auf der Reise aufgeflogen, andere schafften den Trip über Katar nach Peschawar. Die Generalbundesanwaltschaft ermittelt inzwischen gegen zahlreiche Mitglieder der Gruppe. Die Anklagebehörde wirft ihnen die Bildung einer terroristischen Vereinigung vor. Auch der Hamburger Verfassungsschutz wertete die ausgereisten Islamisten in seinem Jahresbericht als Gefährder. Nach Erkenntnissen der Ermittler hielt sich Rami M. zuletzt im pakistanisch-afghanischen Grenzgebiet, einem Kerngebiet der Taliban, auf. Vermutlich wurde er dort im bewaffneten Kampf ausgebildet.
Er lebte vermutlich in einer Gemeinschaft mit weiteren aus Deutschland eingereisten Dschihadisten. Seit Herbst 2009 existiert dort gar eine Gruppe, die sich "Deutsche Taliban Mudschaheddin" nennt und die enge Kontakte zu den Taliban unterhalten soll. Die Taliban selbst rühmten sich in Videobotschaften, zu ihnen hätten sich viele Deutsche gesellt, die in den "Heiligen Krieg" ziehen wollten. Pakistanische Taliban sollen den Deutschsyrer Rami M. als einen ihrer Kämpfer bezeichnet haben. "Er ist unser Kamerad", sagte ein Taliban-Sprecher. Nach Geheimdienstangaben unterhielt M. Verbindungen zu al-Qaida. Er soll laut pakistanischem Geheimdienst an Angriffen gegen Truppen in Afghanistan beteiligt gewesen sein. Rami M. sei 2009 über den Iran eingereist und habe in Kontakt mit Extremisten gestanden.
Im einem ersten Verhör nach der Festnahme sagte M. offenbar, er habe sich der deutschen Botschaft in Islamabad stellen wollen. Seit seiner Festnahme befindet der 25-Jährige sich in den Händen des pakistanischen Geheimdienstes. Ob Beamte der Bundesanwaltschaft nach Pakistan reisen werden, um ihn zu vernehmen, stand gestern noch nicht fest. M. wird in Peschawar festgehalten und verhört. Sollte sich der Deutschsyrer zu einer Zusammenarbeit mit den deutschen Sicherheitsbehörden entschließen, könnte er, so hoffen die Ermittler, genaue und aktuelle Einblicke in die Strukturen und Pläne deutschstämmiger Dschihadisten liefern. Das Auswärtige Amt teilte gestern mit, die deutsche Botschaft habe sich bereits in den Fall eingeschaltet und Kontakt mit den pakistanischen Behörden aufgenommen. Zunächst gelte es, die Identität des Mannes zweifelsfrei zu klären. Bis zum Abend hätten gesicherte Informationen nicht vorgelegen. Der Pass soll aber aufgetaucht sein, obwohl der Mann ohne Papiere unterwegs war.
Vermutlich hatte sich, das ist die bisherige Annahme der Ermittler, Rami M. bei einem Unfall in seinem Camp das Bein gebrochen. Der Fahrer des Kleinbusses habe ihn ins Krankenhaus bringen wollen - und weil Familien an den zahlreichen Kontrollpunkten durchgewinkt werden, habe man sich entschlossen, Rami M. zu verkleiden, eine Frau und ein Mädchen an seine Seite zu setzen. Allerdings waren auch zwei Kalaschnikows an Bord des Busses.
Letztlich war es die Größe des Dschihadisten, der einen Kontrollposten stutzig werden ließ. 1,90 Meter große Burka-Trägerinnen sind in Pakistan ausgesprochen selten anzutreffen.