Stephanie und Karl-Theodor zu Guttenberg sagten, sie wollten keine PR-Reise machen. Ihre Tour ins Kriegsgebiet ruft heftige Kritik hervor.
Masar-i-Scharif. Der gefährliche Ausflug nach Afghanistan droht für das Power-Paar der deutschen Politik Konsequenzen zu haben. Die vorweihnachtliche Tour von Verteidigungsminister Karl-Theodor zu Guttenberg und seiner Frau Stephanie mit dem Hamburger Sat.1-Moderator Johannes B. Kerner sorgt für Empörung bei der Opposition und könnte das Strahlemann-Image beschädigen. Die Vorsitzende der Grünen, Claudia Roth, hat Guttenberg für dessen Afghanistan-Besuch mit seiner Ehefrau und Johannes B. Kerner scharf angegriffen. „Karl-Theodor zu Guttenberg nutzt die vorweihnachtliche Kulisse in den deutschen Feldlagern in Masar-i-Scharif und Kundus für plumpe Eigen-PR“, sagte die Grünen-Chefin dem Hamburger Abendblatt (Dienstag-Ausgabe).
Während in Berlin über die Bilanz des bisherigen Einsatzes debattiert werde, produziere der Verteidigungsminister strahlende Bilder mit Gattin im Krisengebiet, ergänzte Roth. „Der extra eingeflogene Hofberichterstatter samt Fernsehstudio wird dabei für die gewünschte Verbreitung sorgen“, hob sie hervor. „Statt noch vor der neuen Mandatsentscheidung zum schleichenden Wandel des Einsatzes vom Stabilisierungseinsatz hin zur aktiven Aufstandsbekämpfung Stellung zu nehmen, segelt Show-Minister Guttenberg im Tiefflug über das Thema Afghanistan hinweg.“
Ein roter Teppich, sie im Abendkleid, er im dunklen Anzug oder Smoking: So kannte man die Guttenbergs bisher von ihren gemeinsamen öffentlichen Auftritten auf Bällen, Benefizgalas oder bei Festspielen. Sie können aber auch anders. Über die Verladerampe eines Bundeswehr-Transportflugzeugs betrat das Glamourpaar Montag früh das Rollfeld von Masar-i-Scharif, dem Hauptstandort der deutschen Truppen in Nordafghanistan. Beide trugen Splitterschutzwesten. Von Masar-i-Scharif ging es sofort weiter nach Kundus, der gefährlichsten Provinz in Nordafghanistan. Die Guttenbergs steigen in unterschiedliche Hubschrauber – aus Sicherheitsgründen, um die Wahrscheinlichkeit relativ gering zu halten, dass bei einem Angriff beide gleichzeitig zu Schaden kommen. Es ist schon häufiger vorgekommen, dass Hubschrauber der Bundeswehr mit Handfeuerwaffen beschossen wurden.
Der verteidigungspolitische Sprecher der SPD-Fraktion, Rainer Arnold, reagierte verärgert auf die unübliche Mitreise der Ministergattin ins Kriegsgebiet. „Guttenberg nutzt die Bundeswehr als Kulisse und Dekoration für seine Inszenierungen“, sagte er der „Mitteldeutschen Zeitung“. Langsam gehe dem Minister jegliches Gespür dafür ab, wo die Grenzen seien. „Das ist kein spaßiger Ausflug“, sagt Stephanie zu Guttenberg nach ihrer Ankunft in Kundus. Mulmig wurde ihr beim einstündigen Flug trotzdem nicht. „Von Angst darf man sich hier nicht überwältigen lassen, sonst ist man eindeutig am falschen Platz.“ Der Verteidigungsminister ist nicht der erste deutsche Politiker, der seine Frau mit ins Einsatzgebiet nimmt. Im Frühjahr war Bundespräsident Horst Köhler mit seiner Frau Eva Luise dort. Der Besuch war aber in vielerlei Hinsicht anders. Bundespräsidenten werden auf Auslandsreisen meistens von ihren Frauen begleitet, bei einem Verteidigungsminister ist das die absolute Ausnahme.
Die Köhlers machten einen dreistündigen Abstecher ins Hauptquartier in Masar-i-Scharif. Die Guttenbergs blieben den ganzen Tag und besuchten die Soldaten auch an dem Standort, an dem sie regelmäßig im Gefecht stehen. Köhler war Mitte dieses Jahres wegen eines Interviews, das er auf der Rückreise aus Afghanistan gegeben hatte, überraschend zurückgetreten.
Die Die Guttenbergs haben ein turbulentes Jahr hinter sich. Karl-Theodor ist seit Monaten in den Umfragen der beliebteste Politiker und wurde bereits als Kanzlerkandidat und künftiger CSU-Chef gehandelt. Sie katapultierte sich mit ihrem Buch zum Thema Kindesmissbrauch und kernigen Zitaten zu Lady Gaga und Co. in die Schlagzeilen. Allerdings bekam sie auch die Schattenseite der öffentlichen Aufmerksamkeit zu spüren. Für ihre Moderation der RTL2-Sendung „Tatort Internet – Schützt endlich unsere Kinder“ musste sie heftige Kritik einstecken.
Trotzdem werden die Guttenbergs seit Monaten von den Medien gefeiert – als die „Superguttenbergs“ („Bild am Sonntag“) die „fränkischen Kennedys“ („Die Welt“), das „konservative Traumpaar“ („Berliner Zeitung“) oder das „Duracell-Paar der deutschen Politik“ („Spiegel Online“). „Zeit“-Chefredakteur Giovanni di Lorenzo setzte den Lobeshymnen buchstäblich die Krone auf, als er in einer Talkshow sagte, die Guttenbergs befriedigten „die Sehnsucht der Deutschen nach einer Königsfamilie“.
Die Guttenbergs gaben sich in Afghanistan jedenfalls Mühe, jeden Eindruck der Eigenwerbung zu vermeiden. Beide gingen im Einsatzgebiet weitgehend ihre eigenen Wege. Nur vereinzelt posierten sie auch mal zusammen für ein Erinnerungsfoto von Soldaten. Wer auf einen händchenhaltenden, strahlenden, glanzvollen Auftritt der beiden vor jubelnden Soldaten gesetzt hatte, wurde enttäuscht. Stephanie zu Guttenberg ließ sich in Kundus von einer der 132 in Afghanistan stationierten deutschen Soldatinnen alleine durch das Lager führen und wollte in Masar-i-Scharif ebenfalls auf eigene Faust das Feldlazarett besuchen. Auf die Frage einer Journalistin, wie sie denn ihren Mann als Verteidigungsminister im Einsatzgebiet finde, antwortet sie: „Ich habe ihn noch gar nicht so richtig viel gesehen.“