Kommt jetzt die Große Koalition mit der CDU oder doch Neuwahlen? Ministerpräsident Jürgen Rüttgers macht schon Zugeständnisse.
Düsseldorf. Die Ampel ist abgeschaltet: In Nordrhein-Westfalen wird es kein Regierungsbündnis aus SPD, Grünen und FDP geben. Die Sondierungsgespräche scheiterten. Es habe in zentralen landespolitischen Fragen keine hinreichenden Gemeinsamkeiten für ein rot-gelb-grünes Bündnis gegeben, sagte FDP-Landeschef Andreas Pinkwart nach einem zehnstündigen Verhandlungsmarathon. Der Landesvorstand der SPD will nun Freitagnachmittag über die Chancen einer Großen Koalition beraten – oder über Neuwahlen nachdenken.
Ein Regierungsbündnis mit der Union sei nach dem Scheitern der Sondierungsgespräche für ein Linksbündnis und eine Ampelkoalition die letzte verblieben Option für eine stabile Regierung, sagte die SPD-Landesvorsitzende Hannelore Kraft im Westdeutschen Rundfunk.
„Wir werden heute Nachmittag in aller Ruhe beraten: Ist das eine Basis auf der wir die Möglichkeit sehen, einen Politikwechsel in Nordrhein-Westfalen herbeizuführen?“ Andernfalls blieben als Ausweg wohl nur Neuwahlen.
Der noch amtierende Ministerpräsident Jürgen Rüttgers (CDU) hatte zuvor bereits in der „Bild“-Zeitung die Bereitschaft zu Zugeständnissen signalisiert. Dem Blatt liegt nach eigenem Bericht ein Katalog Rüttgers’ vor mit Punkten, in denen sich die Parteien seiner Meinung nach einigen könnten. Danach soll Rüttgers auch eine Öffnung der CDU in der strittigen Schulpolitik angedeutet haben. Eine für Freitag geplante Polen-Reise sagte der Ministerpräsident wegen der aktuellen politischen Lage ab.
Die Grünen brachten unterdessen die Möglichkeit einer Minderheitsregierung von SPD und Umweltpartei ins Spiel. Der erste Parlamentarische Geschäftsführer der Grünen, Volker Beck, sagte, die SPD müsse nun das Heft des Handelns in die Hand nehmen. „Entweder sie bildet jetzt schnell mit der CDU eine Große Koalition oder mit den Grünen eine Minderheitsregierung.“ So könne man die Mehrheit von Schwarz-Gelb im Bundesrat brechen. Dann könnten das „unsoziale Sparpaket“ und der drohende Ausstieg aus dem Atomausstieg verhindert werden.
SPD-Chefin Hannelore Kraft gab der FDP die Schuld am Scheitern der Sondierungsgespräche. Sie habe während der Verhandlungen zeitweise den Eindruck gehabt, dass eine gemeinsame Regierung mit FDP und Grünen möglich sein könnte. In vielen Punkten sei erkennbar gewesen, dass Bewegung möglich sei. Grüne und Sozialdemokraten hätten daher auch vorgeschlagen, die Gespräche bei einem dritten Treffen fortzusetzen. Dies habe die FDP jedoch abgelehnt. Grünen-Verhandlungsführerin Sylvia Löhrmann warf der FDP vor, gespalten zu sein und nicht klar geäußert zu haben, zu welchen Kompromissen sie bereit sei.
Die Linke appellierte unterdessen an die SPD, in Nordrhein-Westfalen einen neuen Anlauf für ein rot-rot-grünes Bündnis zu starten. „Ich fordere Frau Kraft auf, umgehend an den Verhandlungstisch zurückzukehren“, sagte Linke-Chef Klaus Ernst der Nachrichtenagentur DAPD. Doch bekräftigte die SPD-Landeschefin am Freitag ihre Absage an die nordrhein-westfälische Linkspartei.
CDU-Landesvorstandsmitglied Elmar Brok forderte die Grünen dagegen zu Gesprächen über ein Jamaika-Bündnis aus CDU, FDP und Grünen auf. „Es ist nicht einsehbar, warum sich die Grünen mit SPD und FDP an einen Tisch setzen, aber gleichzeitig Gespräche mit CDU und FDP ausschließen. Unter demokratischen Parteien muss eine prinzipielle Koalitionsfähigkeit gegeben sein“, sagte er der „Westdeutschen Allgemeinen Zeitung“.