Bei der Regierungsbildung in NRW schien zuletzt alles auf eine große Koalition hinauszulaufen. Doch nun meldet sich die FDP im Machtpoker zurück.
Düsseldorf. Das Rennen um die Macht in Nordrhein-Westfalen ist wieder offen: Nachdem es in der vergangenen Woche danach ausgesehen hatte, als sei eine große Koalition die einzige Chance, noch eine stabile Regierung an Rhein und Ruhr zu bilden, meldeten sich am späten Montagabend die Liberalen im Machtpoker zurück. Im Fünf-Parteien-System bedürfe es der Offenheit aller demokratischer Parteien bei der Regierungsbildung, befand der Landesvorstand bei seiner Sitzung in Düsseldorf.
Die Kehrtwende der FDP mag auf den ersten Blick überraschen, hatte sie einer Zusammenarbeit mit SPD und Grünen doch mehrfach eine Absage erteilt. In den vergangenen Tagen jedoch wurde der Druck der Parteikollegen aus dem Bund immer stärker. Zuletzt schloss auch FDP-Chef Guido Westerwelle eine Ampelkoalition an Rhein und Ruhr nicht mehr aus. Auch im eigenen Land wurde die Absage an Rote und Grüne nicht ohne Murren hingenommen.
Dazu dürfte die Erkenntnis gekommen sein, sich in einem Fünf-Parteien-System nicht ewig an eine einzige Partei – in diesem Fall die CDU – binden zu können. Denn allein mit den Christdemokraten dürfte es für die Liberalen schwer werden, noch einmal an die Regierung zu gelangen. Und da Opposition eben „Mist“ ist, wie schon der frühere SPD-Chef Franz Müntefering feststellte, müssen neue Optionen getestet werden.
Der nordrhein-westfälische FDP-Chef Andreas Pinkwart verteidigte die Öffnung seiner Partei hin zu einer Ampelkoalition. Was der Landesvorstand am Montagabend beschlossen habe, beschreibe eine politische Normalität, sagte Pinkwart am Dienstag im WDR. SPD und Grüne hätten inzwischen der Linkspartei eine klare Absage erteilt. Dies sei für die Liberalen immer eine Bedingung für Gespräche mit Sozialdemokraten und der Ökopartei gewesen.
Für die CDU kommt die Öffnung der FDP zum denkbar ungünstigsten Zeitpunkt – nur wenige Stunden vor der zweiten Sondierungsrunde mit der SPD. Dabei wären die Verhandlungen so schon schwer genug für die CDU geworden. Schließlich hatten führende SPD-Politiker den Verhandlungspartner vor den Gesprächen zu einem Politikwechsel aufgefordert, selbst aber in strittigen Punkten wie der Schulpolitik oder der Besetzung des Ministerpräsidentenamtes keine Kompromissbereitschaft signalisiert.
Durch die Öffnung der FDP haben die Sozialdemokraten nun ein zusätzliches Druckmittel gegen die CDU in der Hand. Sollte sie sich nicht in die von der SPD gewünschte Richtung bewegen, dürfte eine Regierungsbeteiligung für sie in weite Ferne rücken.
Zu sicher dürften sich aber auch die Sozialdemokraten nicht fühlen. Zu frisch sind noch die Erfahrungen mit der Linkspartei, die gezeigt haben, dass zwischen sondieren und koalieren ein weiter Weg liegt. Auch zwischen Grünen und FDP gibt es große inhaltliche wie auch persönliche Differenzen, die für eine Koalition beseitigt werden müssten. Ob die Öffnung der FDP daher tatsächlich letztlich in eine Ampelkoalition in Nordrhein-Westfalen führt, ist offen.