Die Justizministerin hat dem Vatikan vorgeworfen, die Aufarbeitung der Missbrauchs-Skandale zu behindern. Er habe eine Art Schweigemauer errichtet.
Berlin. In den vergangenen Wochen sind zahlreiche Missbrauchsfälle vor allem an katholischen Schulen und Internaten bekannt geworden. Bundesjustizministern Sabine Leutheusser-Schnarrenberger hat dem Vatikan nun vorgeworfen, die Aufarbeitung der Skandale zu behindern.
Es habe in vielen Schulen und Einrichtungen eine Art Schweigemauer gegeben, wegen der Informationen nicht ausreichend an die Justiz gelangt seien, sagte die Ministerin im Deutschlandfunk. Um eine Verjährung der Fälle zu verhindern, müsse aber nach Wegen gesucht werden, das Schweigen zu durchbrechen und bereits bei Anhaltspunkten auf Missbrauch möglichst frühzeitig Ermittlungen durch die Justiz zu ermöglichen, forderte die FDP-Politikerin.
Für Schulen in katholischer Trägerschaft gelte aber eine Direktive der Glaubenskongregation von 2001, nach der auch schwere Missbrauchsfälle zuallererst der päpstlichen Geheimhaltung unterlägen und nicht an Stellen außerhalb der Kirche weitergegeben werden sollten, kritisierte Leutheusser-Schnarrenberger. Stattdessen solle nach der Direktive intern untersucht werden. Dabei werde nicht deutlich gemacht, möglichst frühzeitig die Staatsanwaltschaft einzuschalten.
In einer Verlängerung der Verjährungsfristen sieht die Justizministerin „kein Allheilmittel“. Dagegen hatte Bildungsministerin Annette Schavan (CDU) für einen solchen Schritt plädiert. Dies sei sinnvoll, weil die Erfahrung zeige, dass oft erst nach vielen Jahren über Missbrauch gesprochen werde und die Täter womöglich straffrei blieben, sagte Schavan der „Passauer Neuen Presse“.
Auch der schleswig-holsteinische SPD-Vorsitzende Ralf Stegner stellte die gesetzlichen Verjährungsfirsten infrage. „Es muss gelingen, die Dunkelziffer zu verringern und das zum Teil jahrzehntelange Schweigen aufzubrechen“, sagte Stegner dem Hamburger Abendblatt. „Gesetzliche Verjährungsfristen sollten in diesem Zusammenhang überprüft werden." Dieses Thema verlange ein Höchstmaß an Sensibilität und Aufmerksamkeit, mahnte Stegner. Aktionismus sei daher unangebracht.