Einen Termin für den Abzug der deutschen Truppen bleiben Parteichef Sigmar Gabriel und Fraktionschef Frank-Walter Steinmeier aber schuldig.
Berlin. Die SPD will auf einer Befristung des Afghanistan-Einsatzes. Parteichef Sigmar Gabriel und SPD-Fraktionschef Frank-Walter Steinmeier verwiesen in einem am Mittwoch veröffentlichten Brief an die Soldaten am Hindukusch darauf, dass ihre Partei bereits im Sommer einen Plan für einen schrittweisen Abzug der internationalen Truppen entwickelt habe. Einen konkreten Abzugstermin nannten sie aber nicht. In dem Brief würdigten Gabriel und Steinmeier den „wichtigen, oft genug lebensgefährlichen Dienst“ der Soldaten „unter schwierigsten Bedingungen fernab der Heimat“. Sie dankten auch den zivilen Aufbauhelfern für ihr Engagement. „Wir werden vor allem diejenigen nicht vergessen, die ihr Leben in dem von uns mit beschlossenen Einsatz und im Rahmen ihrer Aufbauarbeit in Afghanistan verloren haben.“
Die Vorsitzenden von Partei und Fraktion betonten angesichts der Diskussion über eine mögliche Truppenaufstockung: „Die Sozialdemokraten werden darauf drängen, dass die dafür notwendigen politischen Entscheidungen in Deutschland offen und transparent beraten werden, um sie in die Londoner Afghanistan-Konferenz Ende Januar 2010 einbringen zu können.“ Die Soldaten hätten einen Anspruch auf eine klare und nachvollziehbare Entscheidungsgrundlage, schrieben Gabriel und Steinmeier. Die NATO und ihre Partner wollen im kommenden Jahr mindestens 37.000 zusätzliche Soldaten nach Afghanistan schicken, davon allein 30.000 die USA. Von Deutschland wird offenbar eine Anhebung der Obergrenze von derzeit 4.500 Soldaten um 2.000 erwartet. Die Bundesregierung will sich allerdings erst nach der Afghanistan-Konferenz Ende Januar festlegen.
Die SPD ist strikt gegen die Entsendung weiterer Kampftruppen. Die Partei will aber notfalls einem Einsatz weiterer Feldjäger zur Polizeiausbildung zustimmen. Der rheinland-pfälzische Ministerpräsident Kurt Beck (SPD) betonte in der „Frankfurter Rundschau“, dass Gabriel keineswegs kategorisch die Entsendung weiterer Soldaten abgelehnt habe: „Das ist missinterpretiert worden.“ Vielmehr wende er sich gegen eine Aufstockung von Kampftruppen. Eine konkrete Frist für den Abzug der ISAF aus Afghanistan nannten Gabriel und Steinmeier in ihrem Brief nicht. Bedingung soll sein, dass die Afghanen „ihre sicherheitspolitische Verantwortung künftig selber“ wahrnehmen können, hieß es.
Als Außenminister und Kanzlerkandidat hatte Steinmeier im Sommer seine Exitstrategie entwickelt. Danach sollen bis 2013 wichtige Voraussetzungen für einen Abzug der Bundeswehr aus Afghanistan geschaffen werden. US-Präsident Barack Obama hat in Aussicht gestellt, bereits im Juli 2011 mit einem stufenweisen Rückzug zu beginnen. Zur Aufklärung der Kundus-Affäre fordern die Grünen die Anhörung von US-General Stanley McChrystal im Untersuchungsausschuss. Der Grünen-Verteidigungsexperte Omid Nouripour sagte der „Süddeutschen Zeitung“: „Niemand kann besser Auskunft geben über die Frühphase der Untersuchung des Luftangriffes bei Kundus.“
Bei einem vom deutschen Oberst Georg Klein angeordneten Luftangriff in der Nacht zum 4. September unweit von Kundus waren bis zu 142 Menschen getötet worden, darunter viele Zivilisten. Nouripour verlangte auch die Vorladung der beiden Piloten, die die US-Kampfjets geflogen hatten. Er äußerte die Hoffnung, dass die USA und die NATO deren Aussage nicht untersagen würden. Wenn die NATO glaubhaft vertreten wolle, dass der Schutz von Zivilisten für sie oberste Priorität habe, müsse sie zur Aufklärung beitragen.