Hamburg/Berlin. Einen Monat vor der Afghanistan-Konferenz Ende Januar in London positionieren sich immer mehr deutsche Politiker bezüglich der Zukunft des westlichen Engagements am Hindukusch. Nach dem SPD-Vorsitzenden Sigmar Gabriel sprach sich auch Fraktionschef Frank-Walter Steinmeier gegen eine Aufstockung der deutschen Truppen in Afghanistan aus. "Mehr Engagement in der Ausbildung, aber nicht mehr Kampftruppen", sagte Steinmeier der "Saarbrücker Zeitung". Der Einsatz der Bundeswehr dürfe nicht zur Dauerangelegenheit werden.
Der außenpolitische Experte der Unionsfraktion, Andreas Schockenhoff, warf der SPD vor, nach Gründen zu suchen, um nach der Konferenz ein neues Mandat nicht mittragen zu müssen. Allerdings hat sich in den vergangenen Tagen auch Außenminister Guido Westerwelle (FDP) schon kritisch über eine Aufstockung der deutschen Truppen geäußert.
US-Präsident Barack Obama hatte bei der Verkündung der neuen US-Strategie für Afghanistan mit der Verstärkung der amerikanischen Truppen um mehr als 30 000 Soldaten auch einen stärkeren militärischen Beitrag von den Verbündeten gefordert.
Das gegenwärtige Mandat des Bundestages gilt für bis zu 4500 deutsche Soldaten. Wenn Verteidigungsminister Karl-Theodor zu Guttenberg (CSU) im Januar weitere 120 Mann an den Hindukusch schickt, ist diese Grenze ausgeschöpft. Das Verteidigungsministerium soll jedoch Planungen für bis zu 2200 weitere Soldaten vorantreiben. Dazu müsste der Bundestag aber einem erweiterten Mandat zustimmen.
Guttenberg lässt angesichts der Informationspannen in der Kundus-Affäre offenbar nach einem möglichen Leck in seinem Ministerium suchen. Nach Informationen von "Spiegel Online" verschickte Staatssekretär Rüdiger Wolf Briefe an rund zwei Dutzend Spitzenbeamte im Ministerium, in der Bundeswehr und im Einsatzführungskommando in Potsdam. In dem Schreiben habe Wolf die Beamten aufgefordert, sogenannte dienstliche Erklärungen abzugeben, dass sie den geheimen Feldjägerbericht über den Luftangriff bei Kundus, bei dem am 4. September bis zu 142 Menschen getötet worden waren, nicht an die "Bild"-Zeitung weitergegeben haben.
Guttenberg hat nach eigenen Angaben erst durch den Zeitungsbericht von der Existenz des Dossiers erfahren. Darin sind die Ermittlungsergebnisse aus den Tagen nach dem Bombardement zweier von Taliban entführter Tanklastwagen festgehalten. Der Feldjägerbericht war Auslöser für den Rücktritt von Bundesarbeitsminister Franz Josef Jung (CDU), der seinerzeit als Verteidigungsminister für die Informationspannen verantwortlich war.