Neue Erkenntnisse zum Anschlag auf die Bundeswehr. General Kneip wird in Deutschland behandelt, Trauerfeier in Hannover.
Kabul/Berlin. Der tödliche Anschlag auf ein Sicherheitstreffen in Talokan am vergangenen Sonnabend soll nach Angaben des afghanischen Geheimdienstes NDS (National Directorate of Security) mit ferngezündeten Bomben begangen worden sein. Das meldete der afghanische Sender TOLOnews. Bei dem Anschlag starben auch zwei deutsche Soldaten, sechs weitere, darunter der kommandierende General Markus Kneip, wurden verwundet. Der NDS-Sprecher Lotfullah Mashal sagte TOLOnews, der Anschlag, dem auch der prominente Polizeichef Mohammed Daud Daud und drei Afghanen zum Opfer fielen, sei „kein Selbstmordattentat gewesen“.
Zu diesem Ergebnis sei eine Kommission zur Untersuchung des Anschlags gekommen, die aus Vertretern des Geheimdienstes und des Innenministeriums bestehe, meldete TOLOnews weiter. Die Kommission sei von Kabul in die Tachar-Provinz gereist, um den Anschlag zu analysieren. Der NDS-Sprecher sagte laut TV-Sender, ferngezündete Bomben seien im Korridor des Gouverneurspalastes platziert worden. Wer das wie getan habe, werde nun ermittelt. Damit widerspricht der Geheimdienst bisherigen Auskünften afghanischer Stellen, die auch von der Bundeswehr wiedergegeben wurden. Demnach habe sich ein Selbstmordattentäter in einer Uniform direkt vor Polizeichef Daud Daud in die Luft gesprengt.
„Es hat sich allem Anschein nach nicht um einen Selbstmordattentäter gehandelt, sondern um einen ferngezündeten Sprengsatz in oder an einer Gebäudewand“, sagte ein Isaf-Sprecher in Masar-i-Scharif der Nachrichtenagentur dpa. „Die Feststellungen des afghanischen Geheimdienstes decken sich mit ersten Untersuchungsergebnissen von Isaf.“ Die bei dem Anschlag getöteten deutschen Soldaten und mehrere Verletzte werden nach Deutschland geflogen. Am Freitag wird in Hannover eine Trauerfeier für die beiden Toten und den drei Tage zuvor bei einem anderen Anschlag getöteten Soldaten abgehalten. Die Leichen der drei Gefallenen sollten am Montagabend in Deutschland eintreffen. Vier Verwundete des Anschlags werden Angaben der Bundeswehr zufolge am Dienstag zu umfassenden medizinischen Untersuchungen nach Deutschland verlegt. Darunter ist eine schwer verletzte Soldatin, deren Zustand die Bundeswehr als stabil beschreibt. Auch der verletzte Kommandeur der Internationalen Schutztruppe Isaf in Nordafghanistan, General Markus Kneip, wird nach Deutschland gebracht.
Kneip möchte nach Angaben des Verteidigungsministeriums auch an der Trauerfeier am Freitag teilnehmen. Der General solle drei Wochen in Deutschland behandelt werden. Danach werde er nach derzeitiger Planung nach Afghanistan zurückkehren, sagte Ministeriumssprecher Christian Dienst. Brigadegeneral Dirk Backen, der seit Februar beim Isaf-Regionalkommando Nord tätig ist, werde Kneip bis zu dessen Rückkehr vertreten.
Der Verband der Reservisten der Bundeswehr sprach sich für eine Fortsetzung der Zusammenarbeit mit einheimischen Sicherheitskräften aus. „Wir verfolgen mit unseren Bündnispartnern das Ziel, wieder Sicherheit in Afghanistan herzustellen. Das ist nur möglich, wenn wir am Prinzip der Zusammenarbeit festhalten und den eingeschlagenen Weg weiterverfolgen“, sagte Verbandspräsident Gerd Höfer. Höfer sprach den Familien der gefallenen deutschen Soldaten sein tiefstes Mitgefühl aus. „Wir sind in Gedanken bei den Angehörigen“, sagte er. „Den Verwundeten wünschen wir eine rasche Genesung.“
Linke-Chefin Gesine Lötzsch sprach den Familien der deutschen und afghanischen Opfer ebenfalls ihr Mitgefühl aus. Sie bezeichnete die Opfer jedoch als „sinnlos“. „Der Kriegseinsatz in Afghanistan muss unverzüglich beendet werden“, sagte Lötzsch. „Viele Menschen leben schlechter als vor dem Krieg und Demokratie kann man nun einmal nicht herbeibomben.“
Ein Mann in Armeeuniform hat am Montag im Süden des Landes erneut einen Soldaten der Isaf erschossen. Nach Angaben der afghanischen Armee handelte es sich bei dem Opfer um einen Australier. Die Isaf teilte mit, der Vorfall werde untersucht. Der Kommandeur der afghanischen Armee in Südafghanistan, General Abdul Hamid Wardak, sagte, bei dem Angreifer in der Provinz Urusgan habe sich um einen Soldaten gehandelt, der anschließend geflohen sei. Taliban-Sprecher Kari Jussif Ahmadi sagte, der Attentäter gehöre den Aufständischen an.
Bei einem Doppelanschlag in der westafghanischen Stadt Herat sind am Montag mindestens vier Menschen getötet worden. Ein Selbstmordangreifer sprengte sein mit Sprengstoff beladenes Auto im Eingangsbereich eines italienischen Militärstützpunktes in die Luft. Nach Angaben des Verteidigungsministeriums in Rom wurden fünf italienische Soldaten verwundet, einer davon schwer. Die zweite Explosion ereignete sich auf einer belebten Kreuzung in der Innenstadt. (dapd/dpa)