Bei dem Selbstmordattentat in der nordafghanischen Provinz Talokan sind sieben Menschen getötet und neun weitere verletzt worden. Unter den Toten befinden sich zwei deutsche Bundeswehr Soldaten, einer kommt aus Hannover. Unter den verletzten befindet sich erstmals ein deutscher General. General Kneip wurde bei den Anschlag verletzt, befindet sich aber außer Lebensgefahr.
Talokan/Kabul. Erstmals seit dem Beginn des Einsatzes in Afghanistan ist am Sonnabend ein deutscher General bei einem Anschlag verletzt worden. Zudem wurden zwei deutsche Soldaten bei dem Selbstmordattentat in der nordafghanischen Provinz Talokan getötet. Einer der Soldaten stammte aus Hannover, der andere kam aus Rheinland-Pfalz. Bei dem General handelt es sich um Markus Kneip. Wie die Bundeswehr auf ihrer Homepage mitteilte, handelt es sich "bei den Gefallenen um einen 43-jährigen Major aus dem Führungsunterstützungsbataillon 282 in Kastellaun und einen 31-jährigen Hauptfeldwebel des Feldjägerbataillons 152 aus Hannover." Weiter hieß es, dass die Toten nach dem Anschlag in der Provinzhauptstadt Talokan am Sonnabend nach Kundus gebracht worden und per Hubschrauber ins Feldlager in Masar-i Scharif geflogen worden seien.
Unterdessen ist der Zustand des verwundeten deutschen Generals Kneip "stabil", wie die Bundewehr angab. Wie ein Bundeswehr-Sprecher sagte, liege Kneip in einem Feldlazarett im deutschen Camp Marmal in Masar-i-Scharif. "Er ist nicht in Lebensgefahr.“ Dem General gehe es "den Umständen entsprechend gut“.
Der Sprecher sagte weiter, dass Kneip auch weiterhin das Kommando der Internationalen Schutztruppe Isaf in Nordafghanistan führe. "General Kneip ist nach wie vor der Kommandeur.“ Es gebe auch keine Pläne, das zu ändern. Isaf-Kommandeur David Petraeus reiste am Sonntag nach Masar-i-Scharif. Petraeus wolle dort mit Kneip zusammentreffen.
Auch auf afghanischer Seite gab es Tote sowie Verletzte. So wurden bei dem Anschlag der Polizeikommandeur für den Norden des Landes, Daud Daud, sowie der Polizeichef der Provinz Tachar, Schah Dschahan Nuri getötet. Unter den Verletzten ist auch Gouverneur Abdul Jabar Taqwa. Insgesamt wurden nach offiziellen afghanischen Angaben sieben Menschen getötet und neun weitere verletzt. Der Attentäter soll eine Polizeiuniform getragen haben.
Nach dem Attentat haben die afghanischen Behörden eine Untersuchung zum Anschlag eingeleitet. Tachars verwundeter Provinzgouverneur Abdul Jabar Taqwa trat am Sonntag mit Verbänden an den Händen und im Gesicht in der Provinzhauptstadt Talokan vor die Medien. Er sagte, Ermittler versuchten herauszufinden, wie es zu dem Anschlag an seinem schwer gesicherten Sitz am Sonnabend habe kommen können. Bereits zuvor habe es Geheimdienstinformationen gegeben, dass Aufständische in der Provinz Selbstmordanschläge geplant hätten.
Das Attentat stellt das Konzept des Partnering in Afghanistan nach Einschätzung von Experten erneut in Frage. Ausländische Soldaten sind darauf angewiesen, ihren sogenannten Partnern – den afghanischen Sicherheitskräften – zu vertrauen. Die enge Zusammenarbeit – das Partnering – zwischen internationalen und einheimischen Sicherheitskräften gilt als Schlüssel dafür, das angestrebte Ziel der Nato zu erreichen: Die ausländischen Kampftruppen bis 2014 abzuziehen.
Von den deutschen Verwundeten ist einer schwer verletzt. Leicht verletzt wurde neben General Kneip auch der Kommandeur des Bundeswehr-Lagers am Anschlagsort Talokan. Die Bundeswehr unterrichtete die Angehörigen der Soldaten in der Heimat. Es ist das erste Mal, dass ein deutscher General in Afghanistan zu Schaden kam. Das bislang ranghöchste deutsche Opfer in Afghanistan war ein Oberstleutnant. Einen Tag nach dem schweren Anschlag ist der Zustand des verwundeten deutschen Generals Markus Kneip nach Angaben der Bundeswehr „stabil“. Kneip liege im Feldlazarett im Bundeswehr-Camp Marmal in Masar-i-Scharif, sagte ein Bundeswehr-Sprecher dort am Sonntag auf Anfrage. „Er ist nicht in Lebensgefahr.“ Dem General gehe es „den Umständen entsprechend gut“.
Kneip führe auch weiterhin das Kommando der Internationalen Schutztruppe Isaf in Nordafghanistan, sagte der Sprecher. „General Kneip ist nach wie vor der Kommandeur.“ Es gebe auch keine Pläne, das zu ändern. Isaf-Kommandeur David Petraeus reiste am Sonntag nach Masar-i-Scharif. Petraeus wolle dort mit Kneip zusammentreffen.
Verteidigungsminister Thomas de Maizière (CDU) forderte die Bundesbürger auf, „gerade jetzt unseren Einsatz in Afghanistan zu unterstützen.“ Zweifel seien erlaubt und sogar angebracht. Doch: „Wir wissen, dass wir auf dem richtigen Weg sind.“
Mit dem Anschlag in Talokan stieg die Zahl der insgesamt in Afghanistan ums Leben gekommenen Bundeswehrsoldaten auf 50. 32 von ihnen starben bei Gefechten oder Anschlägen.
Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) nahm die Nachricht vom Tod der deutschen Soldaten „schockiert und traurig“ auf. „Dieser terroristische Anschlag zeigt eine mörderische Menschenverachtung“, sagte sie in der in Berlin verbreiteten Erklärung. Auch Außenminister Guido Westerwelle (FDP) äußerte sich während eines Besuchs im Golfstaat Oman bestürzt über den Terrorakt.
Auf afghanischer Seite starben der Polizeikommandeur für den Norden des Landes, Daud Daud, sowie der Polizeichef der Provinz Tachar, Schah Dschahan Nuri. Unter den Verletzten sei auch Gouverneur Abdul Jabar Taqwa, sagte dessen Sprecher, Fais Mohammad Tawhidi, der dpa.
Einer der Attentäter soll eine Polizeiuniform getragen haben. Der Mann gehörte demnach zu den Sicherheitskräften, die das hochrangige Treffen schützen sollten. Als die Teilnehmer des Treffens den Konferenzraum verlassen hätten, sei der Attentäter auf die Gruppe zugegangen und habe seinen Sprengstoff gezündet. (dpa)
Taliban verletzen erstmals deutschen General - wie konnte das passieren?
Der Gouverneur der nordafghanischen Provinz Tachar, Abdul Jabar Taqwa, empfängt am Samstag hohen Besuch in seinem Büro. Der Kommandeur der Internationalen Schutztruppe Isaf für Nordafghanistan, Bundeswehr-General Markus Kneip, ist angereist. Unter den Teilnehmern des Treffens sind auch die Kommandeure der afghanischen Polizei und Armee für den Norden, die Generäle Daud Daud und Salmai Wesa. Was die Teilnehmer nicht wissen: Unter den Sicherheitskräften, die sie eigentlich schützen sollen, ist anscheinend mindestens ein Selbstmordattentäter der Taliban.
Das zumindest legen Informationen aus zuverlässigen Quellen kurz nach dem Anschlag nahe. Es heißt, der Attentäter habe eine Polizeiuniform getragen und sei Teil der Sicherungskräfte bei der Konferenz am Sitz des Gouverneurs in der Provinzhauptstadt Talokan gewesen. Als die Teilnehmer das Büro des Gouverneurs im zweiten Stock des Gebäudes verlassen hätten und auf dem Weg nach draußen gewesen seien, sei der Attentäter auf die Gruppe zugegangen. Als er sie erreichte, habe er in der Eingangshalle seinen Sprengstoff gezündet.
Ein deutscher Teilnehmer des Treffens beschreibt, er sei noch auf der Treppe auf dem Weg nach unten gewesen, als es in der Eingangshalle zunächst zu einer Detonation gekommen sei. Anschließend seien Schüsse zu hören gewesen, möglicherweise sei Munition in dem Feuer detoniert, das nach dem Anschlag ausbrach. Ihm sei dann unverletzt eine abenteuerliche Flucht aus dem Gebäude gelungen. Nach kurzer Zeit seien vom Bundeswehr-Camp in Talokan Soldaten angerückt.
General Wesa ist kurz nach dem Anschlag noch merklich schockiert. „Ich hatte meine Splitterschutzweste angelegt und war ein paar Meter hinter den anderen, als der Selbstmordattentäter zuschlug“, sagt er der dpa. Gouverneur Taqwa, Polizeichef Daud und General Kneip seien vorne gelaufen und bei der Explosion zu Boden gegangen. „Ich bin kein Arzt, aber er (Kneip) muss zumindest verletzt worden sein.“ Kneip wird tatsächlich verwundet, zwei deutsche Soldaten sterben.
Nordafghanistans Polizeichef Daud ist unter den mindestens sieben Toten, es ist der hochrangigste Verlust der afghanischen Polizei bislang. Der Polizeichef Tachars gehört ebenfalls zu den Ermordeten. Der Gouverneur und drei deutsche Soldaten sind unter den neun Verletzten. Nie zuvor ist es den Aufständischen gelungen, einen General aus Deutschland oder einer anderen Isaf-Nation bei einem Anschlag zu treffen. Das bislang hochrangigste deutsche Opfer in Afghanistan war ein Oberstleutnant.
In der Vergangenheit haben Attentäter in Uniform immer häufiger Anschläge auf ausländische Soldaten verübt. Erst im Februar starben drei deutsche Soldaten auf einem Außenposten, als ein afghanischer Soldat das Feuer auf sie eröffnete. Der Fall vom Samstag aber ist in seiner Schwere beispiellos. Das Ausmaß der Folgen für die Bemühungen der internationalen Gemeinschaft und der afghanischen Regierung um Sicherheit und Stabilität im Land ist noch gar nicht abzusehen.
Der Anschlag wirft die Frage auf, ob ausländische Soldaten ihren angeblichen Partnern – nämlich den afghanischen Sicherheitskräften - überhaupt noch vertrauen können. Dabei gilt die enge Zusammenarbeit - das so genannte Partnering – zwischen internationalen und einheimischen Sicherheitskräften als Schlüssel dafür, das angestrebte Ziel der Nato zu erreichen: Die ausländischen Kampftruppen bis 2014 abzuziehen. Beim Partnering operieren Ausländer gemeinsam mit den Afghanen. Die einheimischen Kräfte sollen dafür ausgebildet werden, die Verantwortung für die Sicherheit in ihrem eigenen Land zu übernehmen. Das Attentat stellt das Konzept nun erneut in Frage.
„Das Partnering kann man jetzt eigentlich nur noch für tot erklären“, sagt ein deutscher Afghanistan-Fachmann, der nicht namentlich genannt werden möchte. „Vielleicht ist der Zeitpunkt gekommen, darüber nachzudenken, ob wir Sicherheit noch so gewährleisten können, wie wir uns das in der Vergangenheit vorgestellt haben.“ Und ein deutscher Sicherheitsexperte sagt: „Wir können jetzt keinem afghanischen Uniformträger mehr trauen.“ (dpa)