Koalition führt Strafen ein und will den Wechsel erleichtern: Ein Formular zum Ankreuzen soll für wechselwillige Krankenversicherte reichen.
Hamburg/Berlin. Nach dem Ärger um abgewiesene Versicherte der insolventen City BKK will die Koalition Strafmöglichkeiten für Krankenkassen schaffen. Konsequente Sanktionen für rechtswidrig handelnde Kassen zählten zum Mix, mit der die Koalition auf das Chaos reagieren wollten, teilte der gesundheitspolitische Sprecher der Unionsfraktion, Jens Spahn (CDU), nach einem Koalitionstreffen am mit. Viele City-BKK-Versicherte waren von anderen Kassen abgewimmelt worden. Künftig sollten Versicherte von der zu schließenden Kasse zudem ein einheitliches Wechselformular bekommen, auf dem sie die Wunschkasse nur ankreuzen müssen. Den Kassenvorständen droht die Koalition mit Geldstrafen und „im ärgsten Fall“ mit der Abberufung. Versicherte sollten besser informiert werden.
Die Bundesärztekammer hat das Verhalten einiger Krankenkassen gegenüber Versicherten der bankrotten City BKK scharf verurteilt. „Wir sind erstaunt, wie peinlich sich die Krankenkassen blamieren, die sich unbeschreiblich unethisch verhalten und alte Menschen abwimmeln“, sagte Vizepräsident Frank Ulrich Montgomery der Nachrichtenagentur dapd. Auch Montgomery sprach sich für ein Verfahren zur Vereinfachung von Kassenwechseln in ähnlichen Fällen aus: Die Versicherten sollten von der zu schließenden Kasse einfach einen Ankreuzbogen nach Hause geschickt bekommen, auf dem sie sich eine Kasse ihrer Wahl aussuchen können. Den Bogen müssten die Versicherten dann nur an ihre alte Kasse zurückschicken, die alles Übrige erledigen würde.
Die City BKK ist zahlungsunfähig und wird zum 1. Juli geschlossen. Rund 168.000 Versicherte brauchen deshalb eine neue Kasse. In den vergangenen Wochen hatte es zahlreiche Klagen gegeben, dass andere Krankenkassen die Suchenden nicht ohne Weiteres aufnehmen wollten, obwohl sie dazu gesetzlich verpflichtet sind.
Die AOK Nordost warnt unterdessen nach der Pleite der City BKK vor finanziellen Engpässen. „Die Neumitglieder stellen uns vor organisatorische und finanzielle Mehrbelastungen“, sagte der Chef der AOK Nordost, Frank Michalak, der „Berliner Zeitung“. Der Gesundheitsfonds, in dem alle Beiträge aller Krankenversicherter gesammelt werden, überweise das Geld für die neuen Versicherten erst zwei Monate nach deren Übertritt zur neuen Krankenkasse.
Dabei würden die vielen schwer kranken Versicherten der City BKK von Anfang an hohe Kosten auslösen. „Dies kann zu Liquiditätsproblemen führen, was die Kassen dann dazu zwingen könnte, einen Zusatzbeitrag zu erheben“, sagte Michalak. Für die AOK Nordost schloss er einen Zusatzbeitrag in diesem Jahr aber aus.
Michalak forderte, dass die Bundesregierung Korrekturen am Gesundheitsfonds vornimmt. „Die Bundesregierung müsste zumindest dafür sorgen, dass das Geld aus dem Gesundheitsfonds dort ankommt, wo es gebraucht wird – bei den Alten und Kranken“, sagte er. Derzeit deckt der Fonds die Kosten, die diese Versichertengruppe verursacht, oft nicht vollständig ab. Das war eines der Probleme, die der City BKK zum Verhängnis wurden. Wenn eine Krankenkasse geschlossen wird, dürfen alle Mitglieder ihre neue Kasse frei wählen. In den vergangenen Wochen wurden jedoch Wechsler mit Tricks und falschen Behauptungen von einem Wechsel in manche Kassen abgehalten.
Die Deutsche Rentenversicherung wies noch einmal darauf hin, dass auch Rentenbezieher frei wählen dürfen. Der neue Versicherungsschutz schließe sich nahtlos an den bisherigen an. Für Rentenbezieher, die bis zum 11. August 2011 keine neue Krankenkasse wählen konnten, übernehme der zuständige Rentenversicherungsträger die Anmeldung bei einer Krankenkasse. „Dies wird in aller Regel die Krankenkasse sein, bei der der Rentner vor seiner Mitgliedschaft in der City BKK versichert war. Lässt sich eine solche Krankenkasse nicht ermitteln, meldet der Rentenversicherungsträger den Rentner bei einer anderen gesetzlichen Krankenkasse an“, teilte die Deutsche Rentenversicherung mit. (dpa/dapd/ryb)