Der Ärger um abgewiesene Versicherte der City BKK scheint abzuflauen. Noch haben sich Zehntausende aber gar nicht zum Wechsel aufgerafft.

Hamburg/Berlin. Der große Andrang ist vorbei. Keine Schlange, keine Menschenmengen. Nur eine einzige ältere Frau sitzt in der Hauptgeschäftsstelle der Krankenkasse Barmer GEK in Hamburg. Ob sie weiß, dass diese Filiale bundesweit in die Kritik geraten ist? Mit scharfen Geschützen zielten Kritiker bis hin zu Gesundheitsminister Daniel Bahr (FDP) auf den Branchenprimus Barmer GEK und andere Kassen, damit sie endlich anstandslos Versicherte der vor der Schließung stehenden City BKK aufnehmen.

Auf einem dunkelgrünen Stuhl hat es sich die Ratsuchende in der Barmer-Geschäftsstelle bequem gemacht. Und sie hat Glück: Ihr Berater nimmt sich Zeit. Die Filiale ist verwaist. Vor einer Woche war in der Geschäftsstelle an der Hammerbrookstraße noch die Hölle los. Dutzende Menschen drängten in das Großbüro. Die Kasse wirbt dafür, jetzt zu wechseln. Die Entscheidung für eine gute Krankenkasse sei einfach. „Überzeugen Sie sich selbst!“

Mit so vielen Überzeugten habe bei der Barmer-Filiale an jenem Tag keiner gerechnet, sagt Geschäftsführer Richard Baldauf. Nach der Mitteilung der City BKK, zum 1. Juli zu schließen, zog es Dutzende Kunden in seine Filiale. Gegen 14 Uhr entschied er, die Türen zu schließen und eine Hotline einzurichten. „Wir konnten diesen Andrang einfach nicht mehr bewerkstelligen“, sagt er. Es sei ihm nicht darum gegangen, Kunden abzuwimmeln.

Nicht nur in Berlin hat man das anders gedeutet. Gesundheitsminister Bahr stellte allen Krankenkassen bis Sonntag das Ultimatum, die Probleme zu lösen. Jeder Bürger habe das Recht, zu einer Krankenkasse seiner Wahl zu wechseln.

Auf einen erneuten Andrang seien seine Mitarbeiter vorbereitet, sagt Baldauf. Diesen könnte es spätestens geben, wenn die City BKK am 30. Juni endgültig schließt. Seine Türen sollen offen bleiben.

Am Tag nach dem Krisentreffen, auf dem die Kassen Besserung gelobten, gehen auch bei der City BKK nicht mehr reihenweise Beschwerden ein. „Wir hatten heute nur einen Fall, und den konnten wird mit der betreffenden Kasse schnell klären“, sagt Sprecher Torsten Nowak. Doch der Großteil der knapp 170.000 Versicherten hat sich noch gar nicht auf die Suche nach einer neuen Kasse begeben. Erst 40.000 wurden anderswo aufgenommen. Notfalls werden die Leute zwar anderen Kassen zugewiesen. „Jeder sollte sein Wahlrecht selbst ausüben“, rät Nowak aber.

Auch bei der AOK Nordost in Berlin ist der Ansturm zunächst etwas abgeflaut. Warteschlangen wie kurz nach Bekanntwerden der City-BKK-Schließung gebe es nicht mehr, sagt Referent Christian Jacob. „Die Lage hat sich komplett beruhigt.“ Mittlerweile könnten Interessierte an allen 21 Berliner AOK-Standorten Anträge stellen oder sich beraten lassen. Die AOK Nordost hatte die Beratungsmöglichkeiten in dieser Woche ausgeweitet und sich für die Warteschlangen entschuldigt.

Bisher habe die Kasse etwa 6000 bisherige City-BKK-Versicherte aufgenommen. Hunderte weitere Anträge seien zudem schon gestellt, sagt Jacob. Er betont, dass für die Betroffenen noch bis zum 14. Juli Zeit sei, regulär die Kasse zu wechseln. Die Techniker Krankenkasse hat nach eigenen Angaben bislang rund 13.000 Versicherte der insolventen Betriebskrankenkasse aufgenommen. Allein in der Hauptstadt brauchen etwa 80.000 Menschen neuen Versicherungsschutz.