Sechs Hochzeiten und ein Todesfall: Die USA wollen Bin Ladens verbliebene Witwen verhören. Sie sollen Aufschluss über al-Qaida geben.
Istanbul. Terrorchef Osama Bin Laden hinterlässt vier Ehefrauen und eine Ex-Frau, eine Ehe wurde annulliert. Für eine der Witwen, die junge Jemenitin Amal al-Sadah, interessieren sich die Geheimdienste Pakistans und der USA besonders. Denn sie teilte das Leben des Al-Qaida-Anführers bis zu seinem Tod. Sie könnte wertvolle Informationen über die Kontakte des Top-Terroristen haben und Aufschluss darüber geben, wer den Terroristen schützte. Diplomaten in den Golfstaaten erwarten, dass die Jemenitin al-Sadah, die bei der Attacke der US-Soldaten in Abbottabad am Bein verletzt wurde, von den pakistanischen Behörden bald in ihre Heimat zurückgeschickt wird. Sollten die Amerikaner vorher keinen Zugang zu ihr erhalten, dürfte es für sie schwierig werden, die junge Frau zu befragen.
Denn die Beziehungen zwischen Washington und Sanaa sind zurzeit mindestens genauso angespannt wie das Verhältnis zwischen den USA und Pakistan. Denn seitdem der jemenitische Präsident Ali Abdullah Salih auf Demonstranten schießen lässt, ist der einstige Verbündete der US-Regierung im Anti-Terror-Kampf in Ungnade gefallen.
Nach inoffiziellen Angaben aus den USA hielten sich, als die amerikanischen Soldaten das Anwesen von Bin Laden stürmten, Amal al-Sadah und zwei weitere Ehefrauen von Bin Laden in dem Anwesen des Terroristen auf: Siham Saber und Chairija Saber. Doch diese Informationen sind mit Vorsicht zu genießen. Denn Chairija Saber lebte nach Angaben des Bin-Laden-Sohnes Omar zuletzt unter Hausarrest im Iran, wo sie und mehrere Kinder Bin Ladens schon vor Jahren Zuflucht gesucht hatten. Und über Siham Saber hieß es schon vor Jahren, sie und ihre Kinder seien bei einem US-Luftangriff in Afghanistan getötet worden.
Einige pakistanische Beobachter vermuten deshalb, dass es sich bei einer der drei Frauen, die nun in Pakistan festgenommen wurden, um eine Tochter von Osama Bin Laden handelt. Die zweite Frau könnte eine Krankenschwester oder Schwiegertochter sein. Seine erste Hochzeit feierte Bin Laden 1974 im zarten Alter von 17 Jahren. Seine hübsche Braut, die Syrerin Nadschwa Ghanim, war die Tochter eines Onkels mütterlicherseits. Sie war damals erst 15 Jahre alt. Doch in einem Buch, das sie später zusammen mit ihrem Sohn Omar verfasste, betont sie, es sei keine Zwangsheirat gewesen. Der Cousin mit der sanften Stimme, den sie aus Kindertagen kannte, habe ihr sehr gut gefallen.
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Ghanim verließ Afghanistan kurz vor den Terroranschlägen des 11. September 2001. Sie ließ sich mit einigen ihrer Kinder in der syrischen Stadt Latakia nieder. Vor einigen Monaten zog sie von Syrien nach Katar. Bin Ladens zweite Ehefrau Chadidscha Scharif, die er 1983 heiratete, soll ihn während seiner Zeit im Sudan verlassen haben, weil ihr das harte Leben an seiner Seite nicht gefiel. Sie kehrte in ihre Heimat Saudi-Arabien zurück. Die Ehe wurde geschieden.
Auch Chairija und Siham Saber, die Bin Laden 1985 und 1987 heiratete, stammen aus Saudi-Arabien. Chairija hat nach Angaben von Bin-Laden-Biografen studiert. Sie soll mehrere Fehlgeburten erlitten und deshalb – im Gegensatz zu den anderen Ehefrauen – nur ein einziges Kind zur Welt gebracht haben, den Sohn Hamsa. Die Biografen sind sich nicht einig, ob sie sieben oder neun Jahre älter ist als Bin Laden. Über die vierte Ehefrau Siham ist kaum etwas bekannt. Sie soll Bin Laden vier Kinder geboren haben. Eine Zeit lang kursierte das Gerücht, sie und ihre Kinder seien bei einem US-Luftangriff in Afghanistan getötet worden.
Bevor die Großfamilie vom Sudan nach Afghanistan umzog, heiratete Bin Laden ein fünftes Mal – das war erst möglich nach der Scheidung von Chadidscha Scharif, denn nach islamischem Recht darf ein Mann nicht mehr als vier Ehefrauen gleichzeitig haben. Diese Ehe soll jedoch nicht vollzogen und nach wenigen Stunden annulliert worden sein – weshalb ist nicht bekannt. Zum sechsten und letzten Mal feierte Bin Laden im Jahr 2000 Hochzeit. Er heiratete Amal Ahmed Abdulfattah al-Sadah, die bei der Militäroperation der Amerikaner jetzt verletzt wurde. Die Jemenitin, die ihm von einem jemenitischen Extremisten zugeführt wurde, war bei ihrer damaligen Eheschließung mit dem 43 Jahre alten Terroristen ein Teenager gewesen. (dpa)