Keine weitere Spitzenrunde zur Energiewende mit den Konzernen. Der Atom-Ausstieg drückt bei den Strom-Erzeugern bereits die Gewinne.
Hamburg. Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) wird sich nach Informationen des „Handelsblatts“ nicht mehr mit den Chefs der großen Stromkonzerne treffen, um über den Schnellausstieg aus der Kernenergie zu sprechen. Weder seien Spitzenrunden noch Einzeltreffen zwischen der Kanzlerin und den Strombossen geplant, hieß es nach diesen Angaben in Berliner Regierungskreisen. Die notwendigen Gespräche würden individuell auf Ministerebene geführt. Am 18. Mai plane Merkel zwar eine Spitzenrunde zur Energiepolitik. Eingeladen seien aber nur die Verbände, nicht die Firmen. In dieser und der nächsten Woche gibt es eine ganze Serie von Treffen der Ministerpräsidenten, der Bundesminister für Umwelt und Wirtschaft sowie der Verbände. Neben dem Atomausstieg gehe es dabei auch um die Beschleunigung des Netzausbaus und das Erneuerbare-Energien-Gesetz (EEG).
In den Fraktionen von Union und FDP herrsche bereits Unmut darüber, dass der neue Energiekonsens ohne parlamentarische Anhörung durchgepeitscht werden solle. Auch die SPD warnt Merkel davor, den Energiekonsens ohne Einbeziehung der Opposition durchzuziehen. Ohne die SPD sei im Bundesrat kein Atomausstieg möglich, sagte SPD-Energieexperte Rolf Hempelmann.
Dem Energiekonzern EnBW macht die Abschaltung von Atomkraftwerken immer mehr zu schaffen. Im ersten Quartal sei das bereinigte Ergebnis vor Zinsen und Steuern (Ebit) um 15 Prozent auf 744 Millionen Euro zurückgegangen, teilte der Karlsruher Versorger mit. Die Erlöse seien hingegen um knapp drei Prozent auf rund fünf Milliarden Euro geklettert. Obwohl das Atom-Moratorium erst Mitte März beschlossen wurde, habe sich die Abschaltung bereits bemerkbar gemacht, sagte Vorstandschef Hans-Peter Villis.
EnBW ist durch das Atom-Moratorium der Bundesregierung besonders stark getroffen. Zwei der vier Meiler des Konzerns stehen still – einer davon für immer. Da die Energieriesen Strom im Voraus verkaufen, müssen sie die Mengen nun zukaufen. Dies führe zu Belastungen, sagte Villis. Die Konkurrenten E.on und RWE halten bislang an ihren Prognosen fest. Sollten Meiler der Konzerne nach Ablauf des Atom-Moratoriums Mitte Juni vom Netz bleiben, könnten aber auch ihre Berechnungen Makulatur sein.
Die Bundesregierung muss derweil eine Verzögerung ihrer Gesetzespläne zum Umbau der Energieversorgung hinnehmen. „Eine gründliche parlamentarische Beratung so wichtiger Gesetzentwürfe muss selbstverständlich sein“, sagte CSU-Landesgruppenchefin Gerda Hasselfeldt der „Financial Times Deutschland“. „Darum werden wir uns im parlamentarischen Verfahren bis Anfang Juli Zeit nehmen.“ Die Koalitionsspitzen haben sich dem Blatt zufolge auf einen neuen Zeitplan geeinigt. „Wir brauchen die Zeit“, sagte Hasselfeldt. Bundeskanzlerin Angela Merkel hatte sich mit den Ländern ursprünglich darauf verständigt, im Juni innerhalb kurzer Zeit mehrere Gesetzesänderungen zu beschließen. Kabinett, Bundestag und Bundesrat hätten zwischen dem 6. und 17. Juni elf Tage Zeit gehabt, um die neuen Regelungen zu beschließen. (rtr/dpa)