Opposition spricht von Milliarden-Geschenken. Wenn die Brennelementesteuer fällt, soll mehr in erneuerbare Energien investiert werden.
Berlin. Im Zuge des Atomausstiegs erwägt die Bundesregierung offenbar ein Aus für die von den AKW-Betreibern geforderte Brennelementesteuer. Das erfuhr die Deutsche Presse-Agentur aus Koalitionskreisen. Zuvor hatte die „Financial Times Deutschland“ unter Berufung auf Koalitionspolitiker berichtet: „Es läuft alles auf eine Abschaffung hinaus.“ Zur Begründung heißt es, die Konzerne könnten sonst nicht mehr in alternative Energiequellen investieren. Finanzminister Wolfgang Schäuble (CDU) hatte sich bisher gegen hohe Einnahmeausfälle durch die Energiewende gesperrt und sogar eine Erhöhung der Steuer erwogen, da bei weniger Atomkraftwerken am Netz auch die Einnahmen sinken würden. Die Konzerne bekämpfen die Steuer seit ihrer Einführung im vergangenen Jahr vehement.
Die FDP will an der Brennelementesteuer für die AKW-Betreiber festhalten. „Die FDP hat keine Pläne zur Abschaffung der Kernbrennstoffsteuer“, sagte der umweltpolitische Sprecher der FDP-Bundestagsfraktion, Michael Kauch. „Es gab bei ihrer Einführung in der Gesetzesbegründung keine Koppelung an die Laufzeitverlängerung.“
Mit einem Aus für die Steuer, die bis zu 2,3 Milliarden Euro pro Jahr bringen sollte, könnten die Konzerne von Klagen abgehalten werden, die sich gegen ein Aus für alte Atom-Meiler und die geplante Rücknahme der Laufzeitverlängerung richten. Zugleich wird in Koalitionskreisen befürchtet, dass Union und FDP ein „Deal“ mit den Konzernen vorgeworfen werden könnte.
Die Regierung hatte betont, dass die Steuer unter anderem zur milliardenschweren Sanierung des maroden Atomlagers Asse verwendet werden solle, sie werde unabhängig von der Laufzeitverlängerung erhoben. Zur Abschöpfung der Gewinne aus dem Laufzeitplus war ein Fonds zum Ausbau der erneuerbaren Energien eingerichtet worden, in den die Konzerne vor allem nach dem Auslaufen der Steuer Ende 2016 Milliarden einzahlen sollten. Auch diese Zahlungen, die im umstrittenen Atom-Vertrag mit den Konzernen vereinbart worden waren, würden bei einem Atomausstieg gemäß des Vertragstextes nichtig.
Wie die dpa erfuhr, hat es noch keine konkreten Gespräche mit den Energieunternehmern über die Zukunft der Atomsteuer gegeben. Die Entscheidungen über die Zahlungen und den Atomausstieg könnten am Sonntag bei einer Spitzenrunde im Kanzleramt fallen. Sollte die Steuer gekippt werden, dürfte der von Kanzlerin Angela Merkel (CDU) angestrebte Konsens mit der Opposition schwierig werden. „Merkel und Schwarz-Gelb können es nicht lassen: Die Atomkonzerne sollen also weiter Milliardengeschenke erhalten, die den Wettbewerb verzerren und die Steuerzahler belasten“, sagte SPD-Fraktionsvize Ulrich Kelber. Noch im August habe Merkel betont, dass die Steuer keine Gegenleistung für eine Laufzeitverlängerung sei.
Linke-Chefin Gesine Lötzsch kritisierte die Gedankenspiele scharf: „Die Bundesregierung erklärt immer wieder, dass sie kleine und mittlere Einkommen entlasten wolle. Aber in Wirklichkeit macht sie eine Steuerreform zugunsten von Banken und Atomkonzernen.“ (dpa)