Es geht um die Billigung von Straftaten. In der Begründung der Anzeige liegt heftige Kritik an der Pastorentochter Angela Merkel.
Hamburg. Er ist seit 21 Jahren Richter am Hamburger Arbeitsgericht in der Osterbekstraße, Vorsitzender der Zweiten Kammer – und er hat jetzt Bundeskanzlerin Angela Merkel bei der Staatsanwaltschaft Hamburg angezeigt. Heinz Uthmann wirft Merkel wegen ihrer Äußerung zur Tötung des Al-Qaida-Terroristen Osama bin Laden die Billigung von Straftaten vor. (Paragraf 140 Strafgesetzbuch). Das bestätigte auch Oberstaatsanwalt Wilhelm Möllers. Merkel hatte in ihrer umstrittenen Äußerung gesagt, sie freue sich darüber, „dass es gelungen ist, bin Laden zu töten“.
„Die Äußerungen von Frau Merkel sind stillos und würdelos. Das gehört sich nicht. Die Bundeskanzlerin verstößt gegen die Regeln des menschlichen Anstands“, begründet Uthmann sein Vorgehen im Hamburger Abendblatt. Am Mittwochabend um 19 Uhr habe er die Strafanzeige und die entsprechenden Artikel mit ihrer Äußerung unter anderem aus dem Hamburger Abendblatt bei der Staatsanwaltschaft in den Briefkasten geworfen. Nicht ohne den Sachverhalt vorher gründlich zu prüfen. „Es war gar nicht so einfach ein US-Militärstrafgesetzbuch in Hamburg aufzutreiben“, sagt der 54-jährige Jurist, der seit 1990 am Arbeitsgericht in Hamburg Richter ist. Dabei sei ihm klar, dass die Anzeige keine Folgen haben wird. „Ich glaube, dass bedauerlicherweise kein deutscher Staatsanwalt sich traut, die Bundeskanzlerin anzuklagen“, so Uthmann.
Wahrscheinlich werde die Hamburger Staatsanwaltschaft die Anzeige nach Berlin weiterleiten, und dann versande es. „Mir ging es darum, dass Thema zu platzieren und klar zu machen: Es gibt Dinge, die man nicht macht.“ Die Reaktionen seien insgesamt sehr positiv. Er werde sogar auf der Straße angesprochen, sagt Uthmann, der in Rotherbaum lebt.
In der Anzeige von Richter Uthmann heißt es nach Angaben der Nachrichtenagentur dapd: „Diese Äußerung – für die Tochter eines christlichen Geistlichen verwunderlich und abseits aller Werte wie Menschenwürde, Barmherzigkeit und Rechtsstaat – begründet den Anfangsverdacht einer Straftat nach Paragraf 140 des Strafgesetzbuches.“ Möllers geht davon aus, dass die Hamburger Staatsanwaltschaft das Verfahren an die zuständige Behörde in Berlin abgeben werde.
Merkel hat ihre Aussagen inzwischen etwas abgeschwächt und gesagt, sie verstehe die Kritik an ihren Worten. Was Uthmann mit seiner Erklärung „Tochter eines christlichen Geistlichen“ genüsslich umschreibt, hat einen Hintergrund. Die Pastorentochter Merkel wurde in Hamburg im Eimsbütteler Elim-Krankenhaus geboren und zog später mit der Familie in die damalige DDR. Der CDU-Rechtsexperte Siegfried Kauder, der Bruder des Fraktionschefs und Merkel-Vertrauten Volker Kauder, hatte Merkel kritisiert: „Ich hätte es so nicht formuliert. Das sind Rachegedanken, die man nicht hegen sollte. Das ist Mittelalter.“
Unionsfraktions-Chef Volker Kauder hat die umstrittene Äußerung von Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) zum Tod von Osama bin Laden verteidigt. „Als Christ gibt es für mich das Böse in der Welt. Osama war böse“, sagte der CDU-Politiker dem „Spiegel“. „Und man darf sich als Christ freuen, wenn es weniger Böses auf der Welt gibt.“
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Der Präsident des Zentralrats der Juden, Dieter Graumann, hat die Äußerungen der ebenfalls Bundeskanzlerin verteidigt. Es sei Angela Merkel nicht um „die Freude über den Tod eines einzelnen Menschen“ gegangen, sagte Graumann der Nachrichtenagentur dapd. Vielmehr habe sich ihre Freude darauf bezogen, dass ein Schlag gegen den internationalen Terrorismus gelungen sei. Die Kritik, die nun auf Merkel einprassele, sei „sehr ungerecht“, sagte Graumann.
Merkels komplettes Statement am Montag lautete: „Ich bin heute erst einmal hier, um zu sagen: Ich freue mich darüber, dass es gelungen ist, bin Laden zu töten. Und ich glaube, dass es vor allen Dingen auch für die Menschen in Amerika, aber auch für uns in Deutschland doch eine Nachricht ist, dass einer der Köpfe des internationalen Terrorismus, der so viele Menschen auch schon das Leben gekostet hat, gefasst, also getötet wurde. Und damit auch nicht mehr weiter tätig sein kann. Und das ist das, was jetzt für mich zählt. Und deshalb habe ich auch meinen Respekt für dieses Gelingen dem amerikanischen Präsidenten mitgeteilt. Und das war mir auch ein Bedürfnis.“ (mik/ryb)