Neue Details zur Kommandoaktion: Navy Seals durften sich den Weg freischießen. Das Millionen-Kopfgeld auf Bin Laden wird nicht gezahlt.
Washington/Islamabad. Die USA hatten nach einem Zeitungsbericht bei der Erstürmung des Anwesens von Terrorchef Osama Bin Laden in Pakistan auch die Festnahme des Terroristen einkalkuliert. Für diesen Fall habe ein Team aus Verhörspezialisten, Übersetzern und Anwälten bereitgestanden. Das berichtete die „New York Times“ in ihrer Onlineausgabe unter Berufung auf Quellen in der US-Regierung. Die Experten hätten auf einem Schiff der Marine gewartet, vermutlich dem Flugzeugträger „Carl Vinson“ im nördlichen Arabischen Meer vor der Küste Pakistans. Von dort war Bin Laden auch in der See bestattet worden.
Bin Laden war am vergangenen Montag von einem US-Sonderkommando in Abbottabad bei Islamabad in einer Villa aufgespürt und erschossen worden. Über die Details des Einsatzes hatte die US-Führung zunächst widersprüchliche Angaben gemacht. So musste die Regierung einräumen, dass Bin Laden unbewaffnet war, als ihn das Sonderkommando erschoss.
Pakistan will amerikanischen Terrorfahndern nach Angaben des US-Senders CBS direkten Zugang zu den drei Witwen des getöteten Al-Qaida-Chefs gewähren. US-Beamte dürften die Frauen persönlich vernehmen und nicht nur Fragen bei den pakistanischen Behörden einreichen, berichtete CBS. Zwei der Frauen stammten aus Saudi-Arabien, die dritte aus dem Jemen, berichtete der Sender CNN. Die Frau aus dem Jemen ist 29 Jahre alt. Ihre Namen sind demnach Amal Ahmed Abdulfattah, die verletzt wurde bei der Kommandoaktion, sowie Chairiah Sabar (bekannt als „Umm Hamza“) und Siham Sabar (bekannt als „Umm Chalid“).
+++ Ein Video des CNN-Berichts finden Sie hier +++
Doch die pakistanische Regierung hat das dementiert. „Die USA haben bislang nicht offiziell beantragt, Zugang zu Bin Ladens Witwen zu bekommen“, sagte Außen-Staatssekretär Salman Bashir in Islamabad. „Wir werden das Thema erwägen, wenn sie einen formalen Antrag stellen.“ Pakistans Premierminister Yousaf Raza Gilani räumte derweil Fehler ein. Die Sicherheitsbehörden hätten es nicht vermocht, den Aufenthaltsort Bin Ladens in der Garnisonsstadt Abbottabad ausfindig zu machen, sagte Gilani. „Aber das ist nicht nur unser eigenes Versagen, sondern das Versagen aller Geheimdienste dieser Welt.“ Das Haus in Abbottabad sei nach bisherigen Kenntnissen eigens zu dem Zweck gebaut und abgesichert worden, um Bin Laden dort zu verstecken. Unklar sei, ob Bin Ladens Helfer aus dem Kreis der pakistanischen Regierung stammten, hieß es in dem Interview des Senders CBS. „Das ist etwas, was wir untersuchen müssen, und noch wichtiger: was die pakistanische Regierung untersuchen muss.“ Islamabad habe signalisiert, an der Aufklärung ein starkes Interesse zu haben. Dies sei jedoch keine Frage von drei oder vier Tagen. „Es wird uns einige Zeit kosten, die Geheiminformationen auszuwerten, die wir vor Ort sammeln konnten“, sagte US-Präsident Barack Obama.
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Obama bestand nach einem Bericht der „New York Times“ darauf, dass das Spezialkommando, das Bin Laden tötete, groß genug war, um sich zur Not den Weg aus Pakistan freikämpfen zu können. Dies schrieb das Blatt unter Berufung auf hohe Regierungsbeamte und Militärs. Sie sollten jede Konfrontation mit pakistanischen Sicherheitskräften vermeiden. Aber wenn sie hätten zurückschießen müssen, um herauszukommen, hatten sie die Erlaubnis dazu.
Die US-Regierung hat unterdessen Forderungen der Republikaner zurückgewiesen, das Gefangenenlager Guantanamo mit seinen umstrittenen Verhörmethoden beizubehalten. Guantanamo werde wie geplant geschlossen, bekräftigte US-Justizminister Eric Holder in Paris. Der US-Geheimdienst wollte nach Angaben eines Regierungsvertreters zunächst nicht auf die angebliche Enttarnung des CIA-Chefs von Islamabad reagieren. Er glaube nicht, dass der Tod Bin Ladens in irgendeiner Form den Zeitpunkt der Schließung beeinflussen werde, sagte Holder weiter. Aus den Reihen der Republikaner waren zuvor Forderungen laut geworden, Terrorverdächtige weiter in dem Gefangenenlager auf Kuba zu inhaftieren, weil Informationen aus Verhören in Guantanamo zu der erfolgreichen Fahndung nach Bin Laden beigetragen haben sollen.
Das Millionen-Kopfgeld für Hinweise zur Ergreifung von Bin Laden wird wohl nicht ausgezahlt. „Soweit ich weiß, hat niemand gut unterrichtet gesagt: ,Osama Bin Laden wohnt hier in Abbottabad, in der Nummer 5730, in der Green Avenue’“, sagte der Sprecher des Weißen Hauses, Jay Carney. Die von der US-Regierung ausgelobte Belohnung werde nicht gezahlt, wenn jemand die Fahnder „zufällig“ auf die richtige Spur bringt, erklärte er weiter. Im Jahr 2001 hatte das US-Außenministerium 25 Millionen Dollar (17,4 Millionen Euro) für Informationen über den Verbleib des Al-Qaida-Chefs angeboten. Drei Jahre später hatte die damalige Senatorin und heutige Außenministerin Hillary Clinton die Verabschiedung eines Gesetzes durchgesetzt, das das Außenministerium autorisiert, die Belohnung auf bis zu 50 Millionen Dollar anzuheben.
Mit Material von dpa, dapd, AFP