Fotos des toten Top-Terroristen sind angeblich zu grausig, um sie zu veröffentlichen. Pakistans Rolle für Osama bin Laden gerät ins Zwielicht.
Washington/Islamabad. Bei der Kommandoaktion gegen Osama bin Laden ist den US-Geheimdiensten nach einem Medienbericht ein wahrer Schatz an Informationen in die Hände gefallen. Im Haus bin Ladens seien ein Computer sowie mehrere Festplatten sichergestellt worden, die nun genau untersucht würden, berichtete die Online-Zeitung „Politico“. „Könnt Ihr euch vorstellen, was alles auf Osama bin Ladens Festplatte ist?“, zitierte die Zeitung einen Regierungsbeamten. Die Festplatten seien an einem geheimen Ort in Afghanistan gebracht worden. Hunderte Experten würden die Daten nun sichten, sagte der Beamte. Geheimdienstbeamte in Washington seien begeistert. „Wenn nur zehn Prozent davon verwendbar ist, dann wäre das toll.“ Nach Informationen der Zeitung gibt es mehrere Fotos des getöteten Osama bin Laden. Sie seien jedoch so „grausig“, das die Regierung wegen einer Veröffentlichung genau überlegen müsse.
Nach dem Tod bin Ladens sind in den Medien immer mehr Zweifel an der Rolle Pakistans laut geworden: Zwar bestritt der pakistanische Präsident Asif Ali Zardari, dass die Sicherheitskräfte im Land bin Laden Unterschlupf gewährt hätten. Doch musste er einräumen, dass die Operation am Montagmorgen keine gemeinsame der angeblichen Verbündeten war. Die Regierung in Islamabad wurde von den US-Behörden erst informiert, als bin Laden tot und das US-Kommando mit seinem Hubschrauber in Afghanistan gelandet war – von wo aus es auch gestartet war. Diese Tatsache war ebenfalls bislang anders dargestellt worden. Die US-Behörden erklärten die Geheimhaltung mit Gründen der Sicherheit. Viele Pakistaner reagierten empört: Die Souveränität des Landes sei durch den Alleingang der Amerikaner verletzt worden.
US-Abgeordnete fragten sich auch öffentlich, wie bin Laden in der geschäftigen Stadt Abbottabad im Nordwesten des Landes leben konnte, ohne Aufsehen zu erregen, zumal die Militärakademie des Landes nur 1,6 Kilometer entfernt von dem Haus liegt, in dem bin Laden lebte. Es war immer spekuliert worden, dass bin Laden sich in einer entlegenen Gegend an der afghanischen Grenze aufhalte. Nun werde untersucht, ob bin Laden von Kräften im Land Unterstützung erhalten habe, erklärte John Brennan, Anti-Terror-Chef im Weißen Haus.
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Dass Islamabad nichts von dem Aufenthaltsort bin Ladens gewusst haben will, wird auch in pakistanischen Medien und auf den Straßen diskutiert: „Entweder war es ein Komplettversagen unserer Geheimdienste oder sie steckten in der Sache mit drin“, sagte ein Bewohner von Abbottabad. In einem Beitrag für die „Washington Post“ wies Zardari jegliche Mutmaßungen dieser Art weit von sich. Spekulationen, wonach Pakistan bei der Terrorbekämpfung eher lustlos vorgegangen sei oder den Terroristen sogar Schutz geboten habe, entbehrten jeder Grundlage. „Solch unbegründete Spekulation mag Stoff für spannende Botschaftsdepeschen liefern, gibt aber nicht die Tatsachen wieder“, schrieb Zardari in der ersten offiziellen Stellungnahme des Landes zu den Mutmaßungen.
Er betonte, dass ein Jahrzehnt der Kooperation und Partnerschaft zwischen den Vereinigten Staaten und Pakistan zu der Eliminierung bin Ladens als eine konstante Bedrohung für die zivilisierte Welt geführt habe. US-Präsident Barack Obama erklärte indes, dass die pakistanische Anti-Terror-Einheit im Vorfeld der Operation geholfen habe, dankte Pakistan aber mit keinem Wort, als er den Tod bin Ladens verkündete.
Bin Laden wurde in der Nacht zum Montag in einem großen Haus in Abbottabad unweit der Hauptstadt Islamabad mit zwei Präzisionsschüssen in Kopf und Oberkörper getötet. Ein Schuss traf ihn oberhalb des linken Auges, wie ein Gewährsmann der US-Regierung unter Verweis auf noch unveröffentlichte Fotos berichtete. Eine seiner Frauen stand zwischen ihm und dem US-Kommando, als bin Laden erschossen wurde. Sie wurde an der Wade verletzt. Bei dem Einsatz wurden einer von bin Ladens Söhnen getötet sowie zwei enge Vertraute und eine noch nicht identifizierte Frau. Obama hatte die riskante Operation der Navy Seals gebilligt und den gesamten Einsatz sichtlich angespannt vom Situation Room des Weißen Hauses verfolgt.
Mit Material von dpa, dapd, AFP