Winsen. Im Frühjahr war Veranstaltungszentrum im Hamburger Süden wiedereröffnet worden. Jetzt droht nächste Investition – trotz klammer Kassen.
Jüngst gaben Paul Potts und das Deutsche Ärzteorchester dort Konzerte. Von diesem Donnerstag bis Sonntag wird in der Stadthalle Winsen vier Tage Theater gespielt: Die Luhdorfer Theatergruppe gibt „Kaviar dröppt Currywust“. Handelt es sich bei dem Stück um eine Komödie, eine plattdeutsche dazu, entwickelt sich die Sanierung des Veranstaltungszentrum an der Luhdorfer Straße mehr und mehr zur Tragödie. Das nächste Kapitel der Geschichte ist mehr als eine Million Euro schwer.
Stadthalle Winsen: Halbes Jahr nach der letzten folgt die nächste Sanierung
Und es kommt zur Unzeit. Denn der Haushaltsentwurf 2025 der Stadt Winsen weist ohnehin ein ordentliches Minus aus. Will man die Stadthalle als Spielstätte für Konzerte, Theater und andere Kulturveranstaltungen offenhalten, bleibt keine sinnvolle Alternative, als erneut einen siebenstelligen Euro-Betrag in den Haushalt einzustellen. Das empfahlen die Mitglieder des städtischen Bau- und Verkehrsausschusses nach Diskussion. Vorher hatten sie allerdings Fragen an die Verwaltung.
Besonders die, warum nur ein halbes Jahr nach einer vermeintlich abgeschlossenen Sanierung erneut große Probleme auftreten. Bis April 2024 hatten Kulturschaffende und Tournee-Veranstalter zwei Jahre lang auf die Stadthalle Winsen verzichten müssen. War sie in den Vorjahren unter anderem als Impfzentrum und Notunterkunft für Flüchtlinge genutzt worden, steckte die Stadt Winsen von 2022 an eine Million Euro in die Sanierung. Neben der Brandschutzanlage wurden Decken, Wände und Parkett überarbeitet und eine energieeffiziente Lüftungsanlage eingebaut.
Stadthalle Winsen: Impfzentrum, Notunterkunft für Flüchtlinge, Sanierung
Die Sanierung des Bestandsgebäudes von 1979 hatte – bei Gebäuden dieses Alters nicht ungewöhnlich – einige unerfreuliche Überraschungen ergeben. Dementsprechend glücklich hatte sich der Bürgermeister nach Bauabschluss geäußert: „Die Geduld hat sich gelohnt. Nun haben wir einen gut sanierten, energetisch verbesserten und optisch aufgewerteten Veranstaltungsort“, so André Wiese bei der Wiedereröffnung im April 2024.
Bis vor kurzem war das der Status quo, mit dem Öffentlichkeit und Politik optimistisch in die Zukunft blickten – bis die Vorlage zur Genehmigung einer weiteren Million eintrudelte. „Das ist Salami-Taktik, wie uns hier die Kosten präsentiert werden“, sagte Nino Ruschmeyer (FDP). Von anderer Seite war zu hören: „Wir sind erschrocken.“ Und: „Warum ist nicht alles zusammen saniert worden?“
Abteilungsleiterin: „Schon im Mai war klar, dass nachgebessert werden muss“
Die neuen Probleme seien im Laufe der Planung und Umsetzung der ersten Maßnahme aufgetreten, erklärte Dagmar Overbeck, Leiterin des Geschäftsbereichs Infrastruktur und Umwelt. „Im Mai war klar, dass nachgebessert werden muss. Wir hätten das prüfen und abstellen können. Dann aber hätte die Stadthalle länger geschlossen bleiben müssen. Zudem war für 2024 kein weiteres Geld in den Haushalt eingestellt.“ Also habe man sich auch mit Experten besprochen und Varianten entwickelt, die Aufgaben 2025 zu lösen, so Overbeck.
„Können wir sicher sein, dass dies die vorerst letzte Investition ist?“, wollte ein Ausschussmitglied wissen. „Es wird auch künftig Sanierungsarbeiten geben, und das sind keine kleinen Investitionen“, antwortete Overbeck. Als Beispiel nannte die Bereichsleiterin das Dach der Stadthalle, das eine beträchtliche Größe habe. „Wir haben keine Garantie, dass es das war“, ergänzte Bürgermeister André Wiese.
Bürgermeister Wiese: „Schließung der Stadthalle ist für die Stadt keine Option“
Andere Politikerfrage: „Gibt es ein Gesamtkonzept oder ein Gutachten?“ Darauf antwortete der Bürgermeister, dass es grundsätzlich vier Optionen gebe: Schließung und Ersatz an anderem Standort, Schließung und Neubau an der Luhdorfer Straße, grundlegende Komplettsanierung oder kleinere Sanierungen mit moderatem Aufwand.
Angesichts der Haushaltsrestriktionen sei die letzte Option die einzig praktikable. „Die Schließung ist für die Stadt keine Option. Wir wollen die Stadthalle in einen Zustand versetzen, dass sie verwendet werden kann.“
Neue Auflagen zum Brandschutz müssen bis Jahresende 2025 umgesetzt sein
Was ist baulich zu tun? Einige Maßnahmen zur Optimierung des Brandschutzes wurden während der zweijährigen Sanierung umgesetzt. Dazu zählen neue Brandmeldeanlage, neue Rauch- und Wärmeabzugsanlage in beiden Veranstaltungssälen und neue Brandschutztüren. Doch die Baugenehmigung enthielt zusätzliche Auflagen, die spätestens zum Jahresende 2025 umgesetzt sein müssen. Beginnt die Stadtverwaltung nicht zeitnah mit den Planungen, läuft sie Gefahr, nicht innerhalb von 13 Monaten fertig zu werden und die Betriebserlaubnis zu verlieren.
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Kernpunkt ist die Errichtung eines feuerbeständigen elektrischen Betriebsraums. Der bestehende befindet sich im oberen Bühnenbereich und ist nur über eine Leiter zu erreichen. Er müsste mit großem Aufwand auf aktuellen Brandschutzstandard gebracht werden. Folge wäre die erneute Schließung der Stadthalle, voraussichtlich für sechs bis acht Monate. Auch deshalb entschieden sich die Beteiligten für die Alternative: die Verlegung des elektrischen Betriebsraums hinter die Bühne.
Neuer Betriebsraum hinter der Bühne – Umbau im laufenden Betrieb möglich
Dort kann mit geringerem Aufwand ein weitgehend ungenutzter Raum, in dem Sanitäter lediglich bei Veranstaltungen ihren Sitz haben, zum elektrischen Betriebsraum ertüchtigt werden. Nach Darstellung der Verwaltung könne der Um- und Ausbau im laufenden Betrieb geschehen, allenfalls seien Schließungen von wenigen Wochen denkbar.
Als neuer Sanitätsraum soll ein Bereich des alten Ticketraums am Haupteingang genutzt werden. All diese Maßnahmen ergeben einen Investitionsbetrag von Maßnahmen etwa 950.000 Euro.
Alte Bühnen- und Decken-Beleuchtung passt nicht zur neuer Technik
Fakt ist in beiden Varianten, dass die bisher verwendete Beleuchtungstechnik nicht zur neuen Technik des aktualisierten Brandschutzes passt. „Die bestehende Bühnen- und Decken-Beleuchtung kann nicht mehr angesteuert werden und muss daher ersetzt werden“, heißt es in der Vorlage. Der Ausschuss empfahl mit knapper Mehrheit den Erwerb neuer Bühnenbeleuchtung für etwa 150.000 Euro netto – Bühnenstrahler, Verkabelung und Ansteuerung.
Weil sich nach Abbau der defekten Anlage derzeit keine Beschallungsanlage in den Sälen der Stadthalle befindet, stimmte der Ausschuss auch für den Kauf einer festinstallierten Grundausstattung. Der Kaufpreis beträgt 40.000 Euro netto. Ein Mietmodell, das inklusive des Auf- und Abbaus bei jeder Veranstaltung etwa 5000 Euro Kosten verursacht hätte, fand keine Zustimmung.
Sanierung Stadthalle Winsen: Letztes Wort hat der Stadtrat kurz vor Weihnachten
Alles in allem also ein Kostenvolumen von etwa 1.140.000 Euro. Weitere Beratungen und Entscheidungen fallen im Finanzausschuss, Verwaltungsausschuss und schließlich im Stadtrat am Mittwoch, 18. Dezember. Der tagt von 19 Uhr an ausgerechnet in der Stadthalle Winsen.