Buchholz. Für diese Woche stehen 1032 Dosen in Buchholz und Winsen für die Über-80-Jährigen bereit. 200 Menschen wurden am Montag geimpft.
Am liebsten möchte sie die Welt umarmen. Oder zumindest ihre Tochter, die Enkelkinder und ihre beste Freundin. Dieser 8. Februar 2021 fühlt sich für Christa Hensen aus Klecken ein wenig so an wie eine zweite Geburt. Ein Neustart quasi nach so vielen Monaten des Hoffens und Wartens. Die 82-Jährige gehört zu den Ersten, die gestern im Buchholzer Impfzentrum in der Schützenhalle ihre Impfung gegen Covid-19 erhalten haben.
Jetzt strahlt sie über das ganze Gesicht. „Endlich geht die Zeit der Einzelhaft vorbei“, sagt sie. Vorbei die Zeit, in der sie den Enkelkindern nur von der Terrasse aus zuwinken durfte, in der sie nicht in den Supermarkt gehen, nicht in die Stadt fahren, Freundinnen treffen oder ins Theater gehen durfte. „Die Impfung bedeutet mir viel“, sagt sie.
Zentren starten nach knapp zwei Monaten Wartezeit
Christa Hensen ist eine von 1032 Bürgern aus Niedersachsen, die in dieser Woche ihre erste Impfung in den beiden Impfzentren des Landkreises Harburg, der Stadthalle Winsen und der Schützenhalle Buchholz erhalten werden. Seit Mitte Dezember warten die Impfteams der Johanniter-Unfallhilfe und des Deutschen Roten Kreuz‘ auf diesen „Tag X“, den Tag, an dem der Impfstoff endlich in ausreichender Menge zur Verfügung steht.
Vier Impfzimmer wurden in jeder Halle aufgebaut, Check-In-, Registrierungs- und Wartebereiche eingerichtet, ein Team an Ärzten bereit gestellt. Jetzt, knapp zwei Monate nach Herrichtung der beiden Impfzentren ist endlich der langersehnte Impfstoff da.
Die wichtigsten Corona-Themen im Überblick
- Corona in Hamburg – die aktuelle Lage
- Die Corona-Lage für ganz Deutschland im Newsblog
- Interaktive Corona-Karte – von China bis Hamburg
- Überblick zum Fortschritt der Impfungen in Deutschland
- Interaktiver Klinik-Monitor: Wo noch Intensivbetten frei sind
- Abonnieren Sie hier kostenlos den täglichen Corona-Newsletter
- So wird in Deutschland gegen Corona geimpft
Der erste Tag ist gut gelaufen
Dr. Jörn Jensen, leitender Notarzt des Landkreises und verantwortlich für die Impfzentren in Winsen und Buchholz, ist mit dem ersten Tag der Impfungen zufrieden. „Alles ist gut gelaufen“, sagt er. Zwar habe es einige Absagen aufgrund des Wetters gegeben, aber der Großteil der angemeldeten Personen sei geimpft worden.
Es sei ein emotionaler Tag gewesen, so der erfahrene Mediziner, nicht nur für die Menschen, die ihre erste Impfung bekommen haben, sondern auch für ihn. „Viele hatten Tränen in den Augen, so glücklich waren sie. Für die älteren Herrschaften ist der Impfstoff wie eine Erlösung.“
Martina Riechers hat inzwischen über 500 Menschen geimpft
Auch Schwester Martina Riechers hat an diesem ersten Impftag im Landkreis viele emotionale Begegnungen. Sie ist Krankenschwester, 54 Jahre alt, wohnt in Buchholz und wurde vom Gesundheitsamt für den Einsatz im Impfteam der Johanniter gezogen. Sie ist eine starke und warmherzige Krankenschwester mit über 30 Jahren Berufserfahrung. Für sie ist jeder Impfling, der kommt, etwas ganz besonderes. Ihre wichtigste Maxime lautet: „Die Würde des Menschen ist unantastbar.“
Die aktuellen Corona-Fallzahlen aus ganz Norddeutschland:
- Hamburg: 2311 neue Corona-Fälle (gesamt seit Pandemie-Beginn: 430.228), 465 Covid-19-Patienten in Krankenhäusern (davon auf Intensivstationen: 44), 2373 Todesfälle (+2). Sieben-Tage-Wert: 1435,3 (Stand: Sonntag).
- Schleswig-Holstein: 1362 Corona-Fälle (477.682), 623 Covid-19-Patienten in Krankenhäusern (Intensiv: 39). 2263 Todesfälle (+5). Sieben-Tage-Wert: 1453,0; Hospitalisierungsinzidenz: 7,32 (Stand: Sonntag).
- Niedersachsen: 12.208 neue Corona-Fälle (1.594.135), 168 Covid-19-Patienten auf Intensivstationen, 7952 Todesfälle (+2). Sieben-Tage-Wert: 1977,6; Hospitalisierungsinzidenz: 16,3 (Stand: Sonntag).
- Mecklenburg-Vorpommern: 700 neue Corona-Fälle (381.843), 768 Covid-19-Patienten in Krankenhäusern (Intensiv: 76), 1957 Todesfälle (+2), Sieben-Tage-Wert: 2366,5; Hospitalisierungsinzidenz: 11,9 (Stand: Sonntag).
- Bremen: 1107 neue Corona-Fälle (145.481), 172 Covid-19-Patienten in Krankenhäusern (Intensiv: 14), 704 Todesfälle (+0). Sieben-Tage-Wert Stadt Bremen: 1422,6; Bremerhaven: 2146,1; Hospitalisierungsinzidenz (wegen Corona) Bremen: 3,88; Bremerhaven: 7,04 (Stand: Sonntag; Bremen gibt die Inzidenzen getrennt nach beiden Städten an).
Mit dem mobilen Impfteam der Johanniter ist sie bereits seit Anfang Januar unterwegs, hat inzwischen über 500 Menschen gegen Covid-19 geimpft. Bewohner von Pflege- und Seniorenheimen gehören ebenso dazu wie das Team der Intensivstation im Buchholzer Krankenhaus. Sie weiß, dass für viele das Impfen eine Belastung ist. „Aber ich kann den Menschen die Angst nehmen durch mein Dasein, mein Wissen und mein Können“, sagt sie. „Ich kann mich in die Menschen einfühlen ohne dabei meine Professionalität als Krankenschwester zu verlieren. Das gibt den Betroffenen Sicherheit.“
Eine Sicherheit, die viele der Über-Achtzigjährigen, die an diesem ersten offiziellen Impftag in die Impfzentren kommen, brauchen. Sie haben Angst vor der Spritze, obwohl sie so vieles im Leben gemeistert haben. Sie haben den Krieg überlebt, ein Land aufgebaut, Krisen gemeistert und gelernt, dass manches im Leben unvermeidbar ist, man jedoch etwas tun kann, um die Situation zu verändern. In den vergangenen Monaten der Pandemie waren ihnen die Hände gebunden.
Jetzt sind sie froh, dass sie endlich etwas tun können, um das Virus einzudämmen. Sie hoffen, dass mit der Impfung endlich wieder ein Stück Normalität in ihr Leben einkehrt und sie einen Beitrag leisten können, damit die Intensivstationen in den nächsten Wochen nicht voll laufen.
Sie kommen mit Gehwagen und Stock in Impfzentrum
Dafür kommen sie mit Gehwagen und Stock in die Impfzentren und krempeln ihre Ärmel hoch. So wie Albert Käsemann, 85, und seine vier Jahre ältere Frau Ingrid. Das Ehepaar aus Hannover hat 150 Kilometer zurückgelegt, um diesen so wichtigen Picks zu bekommen. Jetzt blicken sie erstmals wieder optimistisch nach vorn.
Ebenso wie Eva Bremer, 89, aus dem Alten Land, die es kaum erwarten kann, endlich wieder ihre Urenkel und Enkelkinder in den Arm zu nehmen. „Ich hatte solche Angst vor der Impfung“, sagt sie. „Aber ich habe die Spritze gar nicht gemerkt.“
Zunächst bis Freitag laufen die Impfungen im Landkreis. Ob es in der kommenden Woche weitergehen kann, hängt davon ab, ob am Donnerstag die nächste Impfstofflieferung kommt. Dr. Jörn Jensen ist optimistisch. „Schließlich“, sagt er, „sind alle Termine bereits vergeben. Und die wollen wir keinesfalls absagen.“