Neu Wulmstorf. Großer Ort ohne Pflegeheim: Zwei Projekte im Bereich des Senioren-Wohnens kommen voran. Von Entspannung kann aber noch keine Rede sein.
Keine einzige stationäre Pflegeeinrichtung für mehr als 20.000 Anwohner – mit dieser Misere muss die Gemeinde Neu Wulmstorf seit der Schließung des letzten verbliebenen Altenheims An den Moorlanden vor knapp einem Jahr zurechtkommen. Jetzt gibt es ein wenig Licht am Ende des Tunnels.
Bei zwei wichtigen Wohnprojekten für Senioren in Neu Wulmstorf geht es voran
Denn zwei wichtige Projekte im Bereich des Seniorenwohnens haben ein neues Level in der Realisierung erreicht: So wurde die Pflege-Wohnanlage Apfelgarten an der Bahnhofstraße in diesem Monat eröffnet. Dort sind 62 Seniorenwohnungen und zwei Pflegewohngemeinschaften mit je zwölf Wohneinheiten entstanden. Außerdem haben die Bauarbeiten für eine neue Seniorenresidenz mit 127 Pflegeplätzen im Baugebiet an der Lutherkirche begonnen. Beide Projekte befanden sich viele Jahre in der Planungsphase.
Neu Wulmstorf hat kein einziges Altenheim mehr
„Ich bin sehr froh, dass es in unserer Gemeinde in Sachen Pflege jetzt voran geht“, sagte Neu Wulmstorfs Bürgermeister Tobias Handtke am Rande der Grundsteinlegung für die Pflegeeinrichtung auf dem Kirchberg, die von der Specht Gruppe aus Bremen gebaut und betrieben wird. „Hier entsteht genau das, was uns aktuell fehlt“, so Handtke.
Hohe Nachfrage bestätigt Bedarf an Seniorenwohnen
Die Aussage der Bürgermeisters wird durch die hohe Nachfrage bestätigt, die die beiden neuen Projekte gleichermaßen verzeichnen. So gab es laut Specht-Gruppe bereits nach der ersten Vorstellung der Pläne in der Gemeinde rund 100 Interessenbekundungen - und das, mindestens zwei Jahre vor Fertigstellung der Seniorenresidenz. Auch die Wohnanlage Apfelgarten am anderen Ende des Ortes füllt sich nach Auskunft des Betreibers RENAFAN derzeit in raschem Tempo.
Erste Mieter ziehen in Wohnanlage Apfelgarten ein
Derzeit erfolgt der Einzug der ersten Mieter. „Unser Leitungsteam vor Ort arbeitet mit Hochdruck daran, die Einzüge zeitlich optimal zu staffeln und alle Informationsanfragen zeitnah zu beantworten“, sagte RENEFAN-Sprecherin Christina Brandt auf Abendblatt-Nachfrage. Der Quadratmeterpreis in den 63 Service-Wohnungen liege je nach Größe und Lage innerhalb der Wohnanlage zwischen 19 und 23 Euro pro Quadratmeter.
Preise richten sich auch nach der Zimmer-Kategorie
Über Preise konnte Heinz Beekmann von der Specht-Gruppe bei der Grundsteinlegung für die Seniorenresidenz an der Lutherkirche noch keine konkreten Angaben machen. Der Eigenanteil, der von den Bewohnern zuzüglich zum Beitrag der Pflegekassen gezahlt werden muss, soll sich laut Beekmann aber im „normalen Bereich“ bewegen und richtet sich auch danach, welche Zimmerkategorie gewählt wird.
Über solche Details kann Beekmann nur Auskunft geben, weil die Specht-Gruppe das Gebäude nicht von einem Immobilienfonds oder einem anderen Investor mietet, sondern die Pflegeeinrichtung selbst baut und auch betreiben wird. „Sie können also davon ausgehen, dass wir hier sehr qualitätsvoll bauen werden, denn als späterer Betreiber müssen wir ja selbst mit den Konsequenzen leben“, so Beekmann.
An der Lutherkirche entstehen 127 Pflegeplätze
Die Seniorenresidenz, die von der Planungsgemeinschaft Nord (PNG) entworfen wurde, wird 127 stationäre Pflegeplätze anbieten – ausschließlich in Einzelzimmern und mit eigenem Bad. Nicht nur optisch erinnert das dreigeschossige Gebäude an ein Hotel. Auch bei der Zimmerauswahl läuft es ähnlich wie in einem Beherbergungsbetrieb. Neben den Standardzimmern können die künftigen Bewohner auch Komfortzimmer oder wohnungsähnliche Pflegesuiten wählen.
„Die Seniorenresidenz bietet komfortables Wohnen mit Hotelcharakter“, so Heinz Beekmann. Im Erdgeschoss des Gebäudes wird eine Vollküche entstehen, an die sich ein großer Café- und Restaurantbereich anschließt. Das Haus soll im ersten Quartal 2026 bezugsfertig sein. Das Investitionsvolumen liegt bei rund 26 Millionen Euro.
Was rund um die Seniorenresidenz noch entstehen soll
Der Betrieb der Seniorenresidenz lehnt sich an den Grundgedanken von Hausgemeinschaften an: Jede Wohngruppe habe eine begrenzte Anzahl von Einzelzimmern, die um einen großzügigen Wohn- und Gemeinschaftsbereich sowie um weitere notwendige Funktionsräume ergänzt würden, erläutert Frauke Meyenberg aus der Unternehmenskommunikation der Specht-Gruppe: „Herzstück ist die jeweils große Wohnküche, in der gemeinsam der Tag verbracht und in kleinen Gruppen zusammen gegessen werden kann“, so Meyenberg.
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Vorgesehen sind außer dem Pflegeheim auch altengerechte Wohnungen sowie eine Tagespflege mit Pflegedienst, wo künftige Bewohner je nach Bedarf Dienstleistungen aus dem Pflegebereich hinzu buchen können. Von den 52 Wohnungen sollen laut Planungen mindestens zehn für Mitarbeiter der Pflegeeinrichtung zur Verfügung gestellt werden, um leichter Personal für das neue Pflegeheim zu gewinnen.
Investor ist auch der Betreiber der Pflegeeinrichtung
Auf dem 6.400 Quadratmeter großen Grundstück ist zudem eine Gartenanlage geplant. Dort soll es auch Möglichkeiten für die Bewohner geben, sich gärtnerisch zu betätigen. „Wir haben die Erfahrung gemacht, dass gerade Menschen, die in ländlichen Gegenden gewohnt und über einen großen Garten verfügt haben, gern draußen aktiv sind und sich zum Beispiel auch über ein Hochbeet auf der Terrasse freuen“, sagte Heinz Beekmann.
„Ich sehe einen großen Vorteil darin, dass diejenigen, die hier auf dem Kirchberg investieren, auch die Betreiber sind. Das ist verlässlicher“, meint Neu Wulmstorfs Bürgermeister Handtke vor dem Hintergrund, dass es vor der Schließung des letzten Pflegeheims in Neu Wulmstorf zu Unstimmigkeiten zwischen dem Betreiber und dem Eigentümer der Immobilie gekommen war. Die Korian Deutschland GmbH hatte als Betreiberin des Pflegeheims „An den Moorlanden“ den Mietvertrag mit der IMMAC Holding AG am 31. Dezember auslaufen lassen.
Schlechte Erfahrungen mit dem letzten Pflegeheim
Das Heim mit 124 Plätzen musste grundsaniert werden. Mieter und Vermieter konnten ihre Unstimmigkeiten über die Beseitigung der Gebäudeschäden allerdings nicht beilegen - letztlich zum Schaden der Bewohner des Hauses an der Konrad-Adenauer-Straße, denen gekündigt wurde und die in andere Einrichtungen außerhalb ihres Heimatorts umziehen mussten – darunter eine 101 Jahre alte Dame. Wie ist mit dem derzeit leerstehenden Gebäude weitergeht, will die IMMAC in der kommenden Woche konkretisieren. „Dann haben wir ein Meeting mit allen Beteiligten“, bestätigte eine Sprecherin der IMMAC Holding dem Abendblatt auf Nachfrage.