Neu Wulmstorf. Tom Kaulitz war hier, Witzigmann stand am Herd, die „Sylter Salatfrische“ wurde hier erfunden: Nach 167 Jahren ist überraschend Schluss.

Schwerer Schlag für die Gastronomie im Hamburger Süden: Das Restaurant „Zum Dorfkrug“ im Grenzweg in Neu Wulmstorf stellt zum Jahresende den Betrieb ein. Es ist das erste Mal, dass Dorfkrug-Inhaber Thomas Hauschild, Erfinder der „Sylter Salatfrische“, einen Zweig seiner Unternehmensgruppe aufgibt. Bis dato ging es im „Zum Dorfkrug“-Team stets mit großen Schritten voran.

Bedauern und Häme: Heftige Reaktionen im Netz

Die Reaktionen auf die baldige Schließung des Restaurants „Zum Dorfkrug“, das auf der Homepage verkündet wurde, reichen in den Sozialen Netzwerken von tiefem Bedauern („Ich bin entsetzt“) bis zu hämischen Kommentaren („Kein Wunder bei den Preisen“). Das Restaurant gilt als eines der besten im gesamten Hamburger Süden und erfreute sich großer Beliebtheit.

Rückläufige Gästezahlen werden als ein Grund genannt

Doch jetzt bleiben die Gäste offenbar immer häufiger aus. „Wir verzeichnen in unserer Gastronomie am Grenzweg in den letzten Jahren rückläufige Gästezahlen“, heißt es auf der Homepage. Man habe feststellen müssen, dass sich die „Bedürfnisse und das Ausgehverhalten der Gäste in einem nachhaltigen Wandel befinden“. Deshalb passe man sich diesem Wandel mit einem weinenden und einem lachenden Auge an und stelle den Betrieb des Restaurants „Zum Dorfkrug“ zum Jahresende ein. Der gastronomische Fokus liege fortan auf dem beliebten „Zum Dorfkrug“-Landhof. Thomas Hauschild betont: „Auf die anderen Unternehmenszweige wird sich die Schließung des Restaurants am Grenzweg nicht auswirken. Die sind weiterhin sehr erfolgreich.“

Restaurant Zum Dorfkrug am Grenzweg in  Neu Wulmstorf
Eine Servicekraft im Kaminzimmer des Restaurants „Zum Dorfkrug“. Es schließt zum Ende des Jahres. © Zum Dorfkrug | Zum Dorfkrug

Schwierige Rahmenbedingungen führen zum Gastro-Sterben

Wie viele Gastronomen muss die Familie Hauschild mit stark veränderten Rahmenbedingungen klarkommen. Die Folgen der Corona-Pandemie, Inflation, Personalmangel, gestiegenen Kosten im Bereich der Energie, Lebensmittel und des Personals sowie die Wiederherstellung des regulären Mehrwertsteuersatzes von 19 Prozent machen Gasthäusern in ganz Deutschland schwer zu schaffen und haben zu einem Gastro-Sterben geführt.

Andere Zweige der Unternehmensgruppe sind erfolgreich

Dass es nun auch den einst so florierenden „Dorfkrug“ erwischt, verstehen einige Gäste trotzdem nicht. Thomas Hauschild mache doch mit seinen anderen Geschäftszweigen viel Geld, heißt es zum Beispiel auf Facebook. Zu der „Zum Dorfkrug“-Unternehmensgruppe gehören der Produktionsbetrieb für die „Zum Dorfkrug“-Produkte, darunter die beliebte „Sylter Salatfrische“, die Verwaltung, das Restaurant und der Landhof. Das Unternehmen produziert an seinem Standort in Neu Wulmstorf in einem Millionenvolumen, beschäftigt nach eigenen Angaben aktuell rund 220 Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen und ist damit einer der großen Arbeitergeber im Ort.

Restaurant Zum Dorfkrug am Grenzweg in  Neu Wulmstorf
Früher war der 167 Jahre alte Gasthof „Zum Dorfkrug“ am Grenzweg in Neu Wulmstorf eine einfache Kneipe. © Zum Dorfkrug | Zum Dorfkrug

Familie gibt den 167 Jahre alten Gasthof ungern auf

Offenbar ist jetzt aber eine Fokussierung nötig, denn die Familie schließt den Traditionsbetrieb nicht leichten Herzens. „Für Thomas Hauschild ist das eine sehr emotionale Angelegenheit“, bestätigt Dorfkrug-Mitarbeiter Matthias Kühn dem Abendblatt. Schließlich beginnt die Geschichte des Gasthauses bereits vor 167 Jahren. Hauschild arbeitete dort bereits in den 1980er Jahren.

1993 übernahm der gelernte Koch den elterlichen Betrieb und verwandelte den „Dorfkrug“ im Laufe der Zeit von einer Kneipe in eine beliebte Anlaufstelle für gehobene Gastronomie. Das Restaurant wurde in den vergangenen Jahren immer wieder ausgebaut, vergrößert und modernisiert. Und in seiner Küche wurde vor 20 Jahren der Verkaufsschlager „Sylter Salatfrische“ erfunden.

Fatale Kombi: Gestiegene Kosten und „Sparneigung“

„Wir haben das Restaurant bis zu einem gewissen Grad weitergetragen, um die Historie zu bewahren“, sagt Matthias Kühn. Die gestiegenen Preise hätten ein Stück weit an die Kunden weitergegeben werden müssen. „Die Sparneigung ist in den letzten Jahren aber größer geworden. Da nimmt die Frequenz der Restaurant-Besuche ab“, so Kühn. Das gastronomische Konzept habe eine gewisse Zeit sehr gut funktioniert. „Jetzt tut es das im Gegensatz zu unserem Landhof leider nicht mehr“, so Kühn.

Landhof entspricht mehr dem gastronomischen Zeitgeist

Der Landhof sei ein Beispiel für einen neuen Trend in der Gastronomie. „Neben Essen und Trinken stehe dort das ganzheitliche Erlebnis im Vordergrund. „Spannende Action auf dem Abenteuerspielplatz, entspanntes Bummeln in unserem Hofladen oder Konzerte, Hofführungen, Bastelworkshops – auf unserem Erlebnishof ist für jeden etwas dabei“, beschreibt Hauschild das Konzept.

Tom Kaulitz besuchte vor ein paar Tagen den Landhof

Der Landhof habe innerhalb der letzten drei Jahre enorm weiterentwickelt. „Wir freuen uns über nachhaltig wachsende Beliebtheit und Gästezahlen. Gastronomie ist und bleibt ein fester Bestandteil der Philosophie der Zum Dorfkrug-Unternehmensgruppe“, betont Firmeninhaber. „Zufriedene Gäste bleiben der Kern unseres Unternehmens“, versichert Hauschild. Den beliebten Erlebnishof in Neu Wulmstorf hatte in der vergangenen Woche sogar Superstar Tom Kaulitz besucht.

Tom Kaulitz Dorfkrug-Landhof
Gastronomisches Erfolgskonzept: In der vergangenen Woche besuchte Superstar Tom Kaulitz mit seiner Mutter Charlotte Trümper den „Zum Dorfkrug“-Landhof, der selbstverständlich bestehen bleibt. © Zum Dorfkrug | Zum Dorfkrug

Bis heute gutes Feedback für das Restaurant

Auch das „Zum Dorfkrug“-Restaurant erhält bis heute viele gute Kritiken und hohe Bewertungen. Erst kürzlich durfte sich das Team darüber freuen, zu den Gewinnern des „Diners‘ Choice Award“ des Reservierungsportals Open Table und zu den 20 Testsiegern des diesjährigen „Genuss Guide“ der „Szene Hamburg“ zu zählen. Dort wurde das Restaurant mit den Worten „ausgesprochen freundlicher und zuvorkommender Service“, „ein wahrer Hochgenuss“ und „so viel Liebe zum Detail“ beschrieben.

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Selbst Star-Koch Eckart Witzigmann stand schon am Herd des „Dorfkrugs“ und lobte die „moderne Küche mit einer Prise Tradition“. Was aus der Location nach der Schließung wird, steht laut Kühn derzeit noch nicht fest. Das Restaurantgebäude verbleibe aber in Familienhand.

„Zum Dorfkrug“-Restaurant wird Gästen fehlen

Der nicht gerade zentral gelegene „Dorfkrug“ schien auch an seinem etwas versteckten Standort stets den Spagat zwischen einem legeren Dorftreffpunkt und einem modernen Gourmettempel mit Leichtigkeit zu bewältigen. Das spiegelt sich auch im Ambiente wider, für das Hauschilds Ehefrau Silke hauptverantwortlich ist: Kaminzimmer, Lounge, Wintergarten, Scheune und Sonnenterrasse präsentieren sich durchgängig als eine gelungene Mischung aus gemütlich und modern. Etwas Vergleichbares findet sich in Neu Wulmstorf nicht und wird vielen Stammkunden fehlen.