Landkreis Harburg. Haushaltslage im Landkreis Harburg weniger dramatisch als befürchtet. Das liegt an zu schnellen Autos – und diesen weiteren Bereichen.

Vorsichtige Entwarnung aus dem Winsener Kreishaus, als Optimist könnte man sogar von guten Nachrichten sprechen: Die Finanzlage des Landkreises Harburg stellt sich nicht so dramatisch dar, wie sie gegen Ende des vergangenen Jahres skizziert worden war. Trotz der Ergebnisverbesserung bleibt aber Fakt: Der Haushalt des Landkreises Harburg bewegt sich tief im roten Bereich. Die Ausgaben übersteigen die Einnahmen um viele Millionen Euro.

Landkreis Harburg: Haushaltsdefizit für 2023 fällt 17 Millionen geringer aus

Die verbesserten Zahlen gehen aus dem zentralen Steuerungsbericht 2023 und der vorläufigen Prognose für 2024 hervor, die jetzt im Finanzausschuss vorgestellt wurden. Was das konkret für die Bürgerinnen und Bürger bedeutet, lässt sich aktuell schwer fassen. Sie sind in erster Linie auf die finanziellen Möglichkeiten ihrer Wohnort-Kommune angewiesen.

Diese Gemeinden, Samtgemeinden und Städte waren durch Erhöhung der Kreisumlage um drei auf 48,5 Prozentpunkte zusätzlich belastet worden – verabschiedet mit dem Landkreis-Doppelhaushalt für 2024 und 2025.

Sozialausgaben bilden den mit Abstand größten Haushaltsposten

Zum Geschäftsjahr 2023: Dafür hatte Kreiskämmerin Annerose Tiedt mit einem Defizit von 28,95 Millionen Euro kalkuliert, geworden sind es „nur“ 12,03 Millionen Euro. Das entspricht einer Ergebnisverbesserung von knapp 17 Millionen Euro oder 3,28 Prozent im Verhältnis zum geplanten Haushaltsvolumen. Die größten Verbesserungen gegenüber dem Plan gab es in den Teilbereichen Ordnung (7,65 Mio.) und Finanzen (12,41 Mio.), deutlich mehr Ausgaben verursachte der Bereich Soziales (6,73 Mio.).

Landkreis Harburg, Finanzausschuss, September 2024
Annerose Tiedt (Mitte) ist seit 1. Juni 2023 Kreisrätin und Kreiskämmerin des Landkreises Harburg. Sie leitet einen Vorstandsbereich mit rund 330 Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern. © HA | Markus Steinbrück

Auffällig: „Im Bereich der Verkehrsordnungswidrigkeiten konnte eine Ergebnisverbesserung von rund 1,64 Millionen Euro erzielt werden“, heißt es aus der Verwaltung. Der Landkreis Harburg hat mit seinen fest installierten und seinen mobilen Geschwindigkeitsmessanlagen 20 Prozent mehr Temposünder erwischt als im Vergleichszeitraum 2022. Die bereinigten Erlöse 2023 summieren sich auf erstaunliche 9,73 Millionen Euro.

Einnahmen aus stationären und mobilen Blitzern steigen um 20 Prozent

Die größten Zuwächse gab es bei Verkehrsüberwachungen auf der Autobahn (auf 3,86 Mio.). „Dies ist auf die geänderte Überwachungsweise (bis zu vier Fahrspuren gleichzeitig) und auf ein niedriger angenommenes Geschwindigkeitsniveau zurückzuführen“, so die Begründung. Nach oben zeigt die Einnahmenentwicklung ebenfalls bei den bekannten Blitzanhängern. „Daher haben wir beschlossen, 2025 einen weiteren mobilen Blitzanhänger anzuschaffen“, sagte Landrat Rainer Rempe in der Ausschusssitzung.

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Bei stationären Anlagen sei indes ein Lerneffekt bei den Verkehrsteilnehmern festzustellen. „Die am längsten existierende Anlage, die in Rottorf von 1998, bringt die geringsten Einnahmen“, so Rempe. Spitzenreiter in dieser Statistik sind die neueren, teils kombinierten Blitzer in Trelde (6962 Fotos) vor Mienenbüttel (5933), Wistedt (3669), Neu Wulmstorf (2703) und Drennhausen (2644).

Personalausstattung 2023 war intern und extern ein großes Problem

Zur Ergebnisverbesserung der Kreiskasse trugen auch höhere Schlüsselzuweisungen vom Land Niedersachsen, eine Ausschüttung des Energieversorgers EWE und geringerer Personalaufwand bei. Für Instandhaltung und Bau von Kreisstraßen wurde eine Million Euro weniger ausgegeben. „In diesem Bereich hatten wir eine sehr hohe Fluktuation beim Personal“, sagte Landart Rempe.

Blick auf das Gebäude B der Kreisverwaltung in Winsen.
Blick auf das Gebäude B der Kreisverwaltung in Winsen. © HA | Privat

Dadurch fehlten der Kreisverwaltung einerseits die Planungskapazitäten, andererseits hatten potenziell ausführende Firmen ebenfalls mit Personalproblemen zu kämpfen. Da das Gesamtdefizit geringer ausfiel, musste die Kreiskämmerin weniger externe Liquidität aufnehmen und der Zinsaufwand war geringer.

Prognose: Vorsichtiger Optimismus auch für das laufende Geschäftsjahr

Vorsichtigen Optimismus verbreitete Meike Oetzmann, Leiterin des Büros des Landrats, auch für das laufende Geschäftsjahr. Der Trend geht in die richtige Richtung. War der Landkreis Harburg im ersten Haushaltsentwurf im November 2023 von einem Minus von 34,57 Millionen Euro ausgegangen, reduzierte sich dieser Betrag bis zur Verabschiedung durch den Kreisrat kurz vor Weihnachten auf 27,11 Millionen.

Landkreis Harburg, Finanzausschuss, September 2024
Meike Oetzmann (Mitte) leitet das Büro des Landrats beim Landkreis Harburg. In der Ausschusssitzung stellte sie die Haushaltsprognose für das laufende Jahr vor. © HA | Markus Steinbrück

Schenkt man der Hochrechnung (auf Basis der Zahlen vom 30. Juni) Glauben, dürfte sich das Defizit 2024 um weitere 6,65 auf dann 20,46 Millionen Euro reduzieren. Oetzmann machte deutlich, dass die Hochrechnung mit einigen Unsicherheiten behaftet sei, die nicht in der Hand der Kreisverwaltung lägen. So werde die konkrete Höhe von Umlagen und Zuweisungen erst gegen Jahresende bekannt.

Landkreis Harburg: Aktuell kommen deutlich weniger Flüchtlinge als erwartet

Nicht vorherzusagen sei ferner, ob die derzeit geringere Zuweisung von Flüchtlingen (angekündigt waren 79 Personen pro Monat) weiter Bestand habe. Als zusätzliche Risiken 2024 nannte sie Investitionen in den Rettungsdienst, Brand- und Katastrophenschutz, die Liquiditätsplanung der Krankenhäuser Buchholz und Winsen sowie Investitionen für Kreisstraßen und den Radverkehr.

Zur Jahresmitte hat der Landkreis Harburg 1270 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter. Zwei Drittel davon sind Frauen (849), was auch mit guten Möglichkeiten einer Teilzeit-Beschäftigung zusammenhängt. 60 Prozent aller Frauen arbeiten in Teilzeit, bei den Männern sind es nur 15 Prozent. Darüber hinaus beschäftigt die Kreisverwaltung 52 Auszubildende und Studierende.