Winsen. In Winsen ist ein Pflegezentrum mit modernster Technik entstanden. Mit einer Bewohnerin, die ihr Geschlecht und ihre Haut wechseln kann.
Die Pflegeausbildung im Landkreis Harburg erreicht ein neues Niveau: Für rund 445.000 Euro ist an den Berufsbildenden Schulen, den BBS Winsen, ein komplett neues Pflegezentrum entstanden. Die derzeit 150 Auszubildenden in der Pflege – 76 zur „Pflegefachfrau/Pflegefachmann“ beziehungsweise 74 zur „Pflegeassistenz“ – profitieren fortan von der Möglichkeit, den Alltag in der Pflege realitätsnah simulieren zu können. Die nach modernsten Erkentnissen gestalteten Räumlichkeiten im Schulzentrum Bürgerweide sind von modernen Pflegestationen kaum zu unterscheiden.
Schulleiter Thomas Degen und Abteilungsleiterin Nina Stelle waren sichtlich stolz, als sie Landrat Rainer Rempe und Kreisrätin Ana Cristina Bröcking gemeinsam mit zwei Auszubildenden einen umfassenden Einblick in das neue Pflegezentrum gaben. „Was wir gemeinsam erreicht haben, kann sich mehr als sehen lassen“, ist Thomas Degen überzeugt. „In den neuen Räumlichkeiten können wir den Echtbetrieb in der Akut-, Intensiv-, und Altenpflege sowie in der häuslichen und pädiatrischen Pflege sehr realitätsnah abbilden: Das ist ein Quantensprung für die generalistische Pflegeausbildung an den BBS.“
Realitätsnahe Simulation des Pflegealltags dank modernster Technik
„Unsere BBS Winsen bieten fantastische Bedingungen für eine optimale Pflegeausbildung auf höchstem Niveau“, zeigte sich auch Landrat Rainer Rempe begeistert. „Alle Register wurden gezogen, um die Pflegeausbildung mit modernsten technischen Mitteln und der Realität nachempfundenen Räumlichkeiten so attraktiv wie möglich zu gestalten. Das ist ein wichtiger Beitrag im Kampf gegen den Fachkräftemangel in der Pflege.“
Bereits jetzt profitieren Auszubildende wie Lea Barfknecht (21) und Ole Bersuch (32), die derzeit das zweite Lehrjahr ihrer dreijährigen Ausbildung absolvieren, sehr vom neuen Pflegezentrum. Geflossen sind Fördermittel des Landes Niedersachsen in Höhe von 360.000 Euro und rund 85.000 Euro der Kreisverwaltung für die Co-Finanzierung sowie Bauarbeiten.
Die Möglichkeiten der neuen Technik sind längst nicht ausgeschöpft
„Bisher kratzen wir erst an der Oberfläche dessen, was die neue Technik möglich macht“, erläutert Studiendirektorin Nina Stelle, die an der Berufsschule als Abteilungsleiterin für die Pflegeausbildung verantwortlich ist. „Derzeit sind wir dabei, gemeinsam mit unseren Auszubildenden mit den neuen technischen Möglichkeiten zu experimentieren.“
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Zur Ausstattung gehört ein mit Active-Panels ausgestatteter Klassenraum für den Theorieunterricht. Dazu gibt es für die realitätsnahe Nachbildung eine Pflegestation mit Bettenbereich, klassische medizinische Übungspuppen, pflegegerechte sanitäre Anlagen, eine Übergabezone für den Schichtbetrieb, einen Bereich zum Stellen von Medikamenten, einen sogenannten unreinen Pflegearbeitsraum und einen Serviceroboter.
Herzstück des neuen Pflegezentrums sind lebensechte Pflegesimulationspuppen
Das Herzstück des neuen Pflegezentrums: Hochmoderne und durch Herzschlag, Puls, Atem- und Darmgeräusche annähernd lebensechte Pflegesimulationspuppen. Sie sind mit umfangreicher Sensorik ausgestattet und machen die praktische Ausbildung noch realistischer. Auswechselbare Häute, unterschiedliche Geschlechter, diabetische Füße in unterschiedlichen Stadien, sogar auswechselbare Pupillen ermöglichen es, die äußere Erscheinung der Puppen dem jeweiligen Krankheitsbild anzupassen.
Zur Verfügung stehen neben einer sogenannten Geriatriepuppe, die eine bettlägerige Seniorin darstellt, auch ein Säugling, ein achtjähriges Kind und eine erwachsene Person. Im Unterricht können diverse Pflegesituationen realitätsnah nachgestellt werden – von Vorbereitung und Durchführung einer Blutdruckmessung über Injektionsübungen, Legen von Kathetern, Behandlung von Asthma-Anfällen, das Erkennen und richtige Versorgen von Wunden bis zur Simulation der kompletten Schicht eines Pflegeteams ist alles möglich.
„Wir wissen nie, was wir vorfinden und müssen schnell erkennen, was los ist“
„Es ist wie auf einer regulären Pflegestation. Jede Situation ist anders. Wir wissen nie, was wir vorfinden und müssen schnell erkennen, was los ist, um die richtigen Entscheidungen für den zu Pflegenden zu treffen“, beschreibt Ole Bersuch die Ausbildungssituation.
Wie gut er und seine Mit-Azubis die ihnen gestellten Aufgaben meistern, kann direkt im Anschluss von den Lehrkräften ausgewertet und mit den angehenden Pflegefachleuten besprochen werden. Dafür sorgt die vom Kontrollraum nebenan gesteuerte Kamera- und Mikrofontechnik gemeinsam mit der Sensoriküberwachung der „Vitalfunktionen“ der Pflegesimulationspuppen. Jeder Pflegevorgang wird registriert und aufgezeichnet. Die Pflegeausbildung erreicht auf diese Weise ein ganz neues Niveau.
Lernkontrolle durch Kamera- und Mikrofontechnik sowie Sensoriküberwachung
„Die Simulationen schließen Praxislücken. Wir können im Klassenzimmer theoretisch Erlerntes sehr viel schneller und erheblich umfangreicher in der Praxis erproben“, sagt der 32-jährige Ole Bersuch „Auf unseren Arbeitsalltag sind wir besser vorbereitet, weil wir beispielsweise deutlich häufiger Blut abnehmen oder einen Katheter legen, als es während der Praxisphasen in unseren Ausbildungsbetrieben nötig und möglich ist“, sagt die 21-jährige Lea Barfknecht.