Neu Wulmstorf. Verwahrloste Fassade an prominenter Stelle sorgt für Unmut und fiese Kommentare. Was das Problem ist und wer es lösen müsste.
- Viele Neu Wulstorfer ärgern sich über die „Klagemauer“ im Stadtteil Elstorf
- Der Schandfleck springt Passanten förmlich ins Auge
- Doch wie kam es dazu, dass dort diese unansehnliche Wand steht?
Anwohner und Pendler ärgern sich über den „Schandfleck“ und die „Klagemauer“ im Zentrum von Elstorf, einem Ortsteil von Neu Wulmstorf. Damit sind die Überreste einer Wand gemeint, die an das Haus der Familie Lüdemann grenzt und die Passanten dort seit dem Abriss der ehemaligen Bäckerei Schrader vor über einem Jahr ins Auge springt.
„Ich werde täglich gefragt, wann das hässliche Ding endlich wegkommt und wir unsere Fassade wieder in Ordnung bringen“, sagt Jan Lüdemann. „Dabei tragen wir keine Schuld an der Misere und müssen sie auch nicht beheben.“
Elstorfer „Klagemauer“ erregt die Gemüter: Was steckt hinter dem Schandfleck?
Lüdemann betreibt in dem Haus im Elstorfer Zentrum zusammen mit seiner Familie die Gaststätte „Zum Florian“ sowie die Post und eine Lotto-Annahmestelle. Außerdem wohnen er, sein Bruder und seine Mutter dort. „Deshalb denken die Leute, dass wir die Fassade reparieren müssen. Das muss aber Bäcker Schrader machen“, sagt Lüdemann. „Das haben wir vorher alles vertraglich geregelt.“
Die bekannte Bäckerei Schrader hatte ihren alten Sitz in Elstorf in einem Haus an der Kreuzung Lindenstraße/Mühlenstraße im Frühling 2023 für einen Neubau abreißen lassen. Das alte Haus stand Wand an Wand mit dem der Familie Lüdemann.
Durch die fehlende Dämmung sind die Heizkosten massiv angestiegen
„Bei den Abriss-Arbeiten wurde unser Dach beschädigt, und wir müssen seither mit dieser hässlichen Fassade leben“, sagt Jan Lüdemann. Das sei an einem viel frequentierten Geschäftshaus nicht nur ärgerlich, sondern auch sehr kalt: „Es fehlt die Dämmung, hinter der Wand liegen Wohnräume. Im vergangenen Winter haben wir gefroren und die Heizkosten sind extrem gestiegen. Ich hoffe, wir müssen das nicht noch einen Winter durchmachen“, so Lüdemann.
Seine 84-jährige Mutter leide besonders unter der Situation: „Für sie ist es besonders schlimm, dass sich so viele Leute über den ,Schandfleck‘ und die ,Klagemauer‘ an unserem Haus lästern.“ Das Gebäude mit der beliebten Gaststätte liegt direkt an der Kreuzung von B3 und L 235 und wird täglich von tausenden Pendlern passiert.
Neue Filiale von Bäcker Schrader kommt an
Die Filiale von Bäcker Schrader auf dem benachbarten Grundstück ist dagegen bereits fertig und erstrahlt in neuem Glanz. Sie wurde im vergangenen Dezember eröffnet. Bäckerei und Café im typischen modernen Schrader-Style erfreuen sich zunehmender Beliebtheit. Auch die Arbeiten an einem angrenzenden Wohnhaus, das Alexander Schrader gemeinsam mit Investoren baut, gehen voran. Nur an der Fassade am Haus der Familie Lüdemann hat sich noch nichts getan.
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Das soll sich jetzt ändern, wie Alexander Schrader jetzt auf Abendblatt-Nachfrage versicherte. Er ist der Geschäftsführer der in Apensen ansässigen Bäckerei mit zahlreichen Filiale in Hamburg und in den angrenzenden Landkreisen südlich und westlich der Elbe.
„Schließlich bin ich selbst teilweise in Elstorf aufgewachsen“
„Wir werden in drei bis vier Wochen mit der Reparatur der Fassade beginnen und wollen hier bis spätestens November alles fertig haben“, so Schrader. Die Fassade solle mit Holz oder Baustoffplatten verkleidet werden. „Wir möchten ja auch, dass hier bald alles wieder schick aussieht“, meint der umtriebige Geschäftsführer. „Schließlich bin ich selbst teilweise in Elstorf aufgewachsen.“
Im Moment sei es schwer, Handwerker zu bekommen, begründet Alexander Schrader die Verzögerung. Zudem hätten Fragen wegen einer neuen Entwässerung Zeit gekostet. „Aber ich finde, wir sind ein gutes Jahr nach dem Abriss des alten Gebäudes auch nicht superspät dran“, meint Schrader.
Die Bauarbeiten lägen in den letzten Zügen: „Wir machen gerade die Terrasse fertig und wir bauen eine neue Zufahrt zur Filiale. Sie wird etwas weiter weg vom Kreisel liegen, damit unsere Kunden das Café und die Bäckerei leichter erreichen können.“
Lost-Place-Anwärter im Hamburger Süden: Spott soll bald ein Ende haben
Jan Lüdemann freut sich über die Nachricht, dass seine Fassade bald nicht mehr für negative Kommentare sorgen wird: „Endlich haben wir eine konkrete Ansage. Darauf haben wir lange gewartet“, sagt Lüdemann. Die Aussage gebe es zwar schon seit über einem Jahr. „Aber wenn da jetzt ein wenig Bewegung in die Sache kommt, ist das umso besser. Wir bleiben ja weiterhin Nachbarn.“
Von Außen betrachtet, hat Elstorf auch ein anderes, deutlich gravierenderes optisches Problem, denn auf einer 10 000 Quadratmeter große Brache an der B3 direkt am Ortseingang tut sich seit Jahren nichts, das Gelände verwildert. Nach dem Abriss der prägnanten ehemaligen Raisa-Gebäude vor drei Jahren soll dort eigentlich ein Komplex mit über 60 Miet- und Eigentumswohnungen sowie einem Gewerbeteil entstehen. Hoffentlich.