Neu Wulmstorf/Elstorf. Dorf an der B3 bei Hamburg erstickt im Durchgangsverkehr und soll entlastet werden. Doch Anwohner sind empört – ihre Gründe.
- Elstorf ist ein Ortsteil der Gemeinde Neu Wulmstorf im Landkreis Harburg
- Das Dorf wird täglich von Tausenden Fahrzeugen auf der B3 durchquert
- Eine Umfahrung soll nun für Entlastung sorgen – doch Anwohner protestieren vehement
Sie machen tatsächlich ernst: Kurz nachdem der Vorentwurf für die Ortsumgehung Elstorf (B3neu) vorgestellt wurde, nimmt die Bürgerinitiative Elstorf West ihre Kampagne gegen das 100-Millionen-Euro-Projekt im Landkreis Harburg wieder auf. „Wir werden uns im März wieder zusammensetzen, um das weitere Vorgehen zu besprechen“, kündigte Jan Svensson von der Initiative an. Die rund 90 Mitglieder der Gruppe, die nach Svensson Angaben von etwa 500 weiteren Menschen unterstützt wird, seien so verärgert, dass sie schon „mit den Hufen scharren“, um endlich gegen diese Ortsumfahrung klagen zu können.
Die Kasse für eventuelle Gerichtsprozesse sei gefüllt. „Unsere Anwälte, die unter anderem auch die Autobahnzufahrt Buxtehude verhindert haben, stehen uns weiterhin beratend zur Seite“, so Svensson. Die letzten Aktivitäten hatten die BI Elstorf West im Sommer 2021 durchgeführt. „Seitdem ruhte die Tätigkeit, da wir bis zum Infomarkt am 22. Februar in Elstorf keinen Einblick in den Fortschritt des Planungsprozesses hatten. Aber jetzt wird die Bürgerinitiative Elstorf West wieder aktiv gehört und gesehen werden“, sagt Jan Svensson.
Entlastung für Elstorf: So wie geplant, lehnen die Anwohner die Ortsumfahrung ab
Die Eindrücke des Infomarktes seien sehr erdrückend gewesen. „Wir möchten noch einmal ausdrücklich betonen, dass auch wir für eine Entlastung unseres Heimatdorfes Elstorf sind. Der Infomarkt im Schützenhaus Elstorf war auch sehr informativ, und viele Inhalte waren gut dargestellt“, räumt der Sprecher der Bürgerinitiative ein. Aber die Visualisierungen hätten vor allem auch dazu beigetragen, das gesamte Ausmaß der Planung zu erfassen: „Inhaltlich können wir dieser Präsentation absolut nicht zustimmen“, lautet Svenssons Fazit.
Die B3neu/Ortsumgehung Elstorf – offiziell B3 OU Elstorf – umfasst den zweiten und dritten Bauabschnitt der B3neu im Anschluss an die bestehende B3neu zur A26. Sie beginnt westlich von Neu Wulmstorf und reicht bis zur Rosengartenkreuzung südlich von Elstorf.
Das Großprojekt wird vom Geschäftsbereich Lüneburg der Niedersächsische Landesbehörde für Straßenbau und Verkehr (NLStBV) geplant. Die NLStBV stellte die Vorzugsvariante 1.3 nun auch offiziell beim Infomarkt in Elstorf vor.
Trasse der neuen B3 schlängelt sich ziemlich nah an den Wohnhäusern entlang
Mit dem Bau der neuen Straße soll die Ortsduchfahrt von Elstorf um bis zu 13.500 Fahrzeugen am Tag entlastet werden. Auch die Ortsdurchfahrten von Daerstorf, Wulmstorf, Ovelgönne und Ketzendorf und damit ihre Anwohner sollen von dem 6,75 Kilometer langen Straßenneubau profitieren, der 2027 beginnen und Ende 2029 abgeschlossen sein soll.
Die Trasse der neuen B3 verläuft als Ortsumgehung etwa zwei Kilometer westlich von Elstorf und schlängelt sich zwischen Elstorf und Ardestorf ziemlich nah an der Wohnbebauung entlang – zum Teil in einem acht Meter tiefen Einschnitt. Sie soll die alte B3 ersetzen, die Mitten durch Elstorf verläuft und auf der sich der Durchgangsverkehr regelmäßig staut. Als Achse zwischen der A26 und der A1 sowie zwischen Buxtehude und Soltau komme ihr eine besondere Verbindungsfunktion in der Region zu, betont die NLStBV.
„Wenn ich Bürger entlasten will, erschaffe ich keine Autobahn vor ihren Häusern“
Generell sei eine Ortsumfahrung für Elstorf unausweichlich, meinen auch die Mitglieder der Elstorfer Bürgerinitiative, die sich gegen den nun offiziell vorgestellten Vorentwurf stellt. Die Anwohner kritisieren aber, dass die Strecke viel zu dicht am Elstorfer Westen vorbeiführt und teilweise nur 130 bis 250 Meter an den Wohnhäusern vorbei verläuft.
Betroffen sind vor allem die Straßen Fliegenmoor, Ackerweg, Fuhrenkamp und Moisburger Straße. „Wenn ich Bürger entlasten will, dann erschaffe ich nicht so etwas wie eine Autobahn im direkten Umfeld von Wohnhäusern“, kritisiert Svensson. Bei einer dreispurigen Straße, auf der 100 km/h zugelassen werden sollen, könne man sicherlich davon sprechen.
Der Vorwurf: Statt um die Menschen gehe es wieder einmal nur ums Geld
„Wenn das Ziel eine Entlastungsstraße für alle Elstorfer gewesen wäre, hätte man eine Trasse mittig zwischen Ardestorf und Elstorf wählen müssen“, sagt Svensson. „Statt um die Menschen geht es aber wieder einmal nur ums Geld“, meint auch Anwohner Peter Hauschild. Die Streckenführung in der Mitte zwischen Ardestorf und Elstorf wäre nämlich länger und damit deutlich teurer.
Die Initiative gegen die Variante 1.3 fühlt sich von der zuständigen Straßenbaubehörde getäuscht, die seit Beginn der Planung immer von einer Ortsumgehung für Elstorf geredet habe. Im Nachgang sei dann der Zusatz „mit Autobahnzubringer zwischen A1 und A26“ hinzugefügt worden.
„Das ist jedoch ein erheblicher Unterschied“, sagt Svensson: „Wenn ich Bürger entlasten will, dann plane ich eine Ortsumfahrung so, dass der Großteil der Menschen durch die neue Situation auch entlastet wird. In diesem Fall entspricht das leider nicht der Realität.“
Autobahnzubringer durch die Hintertür – und keinerlei Entlastung für Anwohner
Zähle man die Haushalte entlang der jetzigen B3 und vergleicht die Anzahl mit den betroffenen Haushalten der B3neu, werde man feststellen, dass sich Zahl der Betroffenen nicht geändert habe. Zur Entlastung von Bürgern und Umwelt trage es auch nicht gerade bei, die Straße dreispurig zu planen. „Das ist eine Einladung zum Rasen. Eine zweispurige Straße würde zudem erheblich weniger Flächen verbrauchen.
In der geplanten Variante sei außerdem der Verkehrsfluss durch diverse Ampelanlagen gestört, so Svensson. Alleine im Bereich von Elstorf-Bachheide bis Elstorf-Nord sind drei Ampelanlagen geplant. „Nicht nur, dass durch Abbremsen und Wiederanfahren die Geräuschentwicklung um ein Vielfaches erhöht wird. Die Ampelanlagen verringern auch die Attraktivität, diesen Weg wirklich zu wählen und nicht doch durch Elstorf zu fahren.“ Weiterhin würden Staus auf dieser Strecke unumgänglich sein, was dazu führt, dass jedes Navi die nächstgünstigere Route auswählen wird – durch die Ortschaft.
Planung bis zur Rosengartenkreuzung sei eine „Farce“, heißt es von der Initiative
Die Bürgerinitiative kritisiert die Planung insgesamt: „Wenn ich Bürger entlasten will, dann plane ich die Ortsumfahrung Elstorf und den damit verbundenen Autobahnzubringer A1 und A26 ganzheitlich. In diesem Fall wird nur bis zur Rosengartenstraße gedacht. Die Strecke zur A1 durch Rade und Mienenbüttel bleibt unverändert. Dort wird die Belastung deutlich ansteigen“, sagt Svensson.
Die Zahlen unterstützen seine These: Bei einer Analyse aus dem Jahr 2018 wurden 11.400 Autos und 1680 Lkw täglich gezählt. Für 2035 werden 2690 Lkw und und 15.200 Pkw täglich prognostiziert – eine Zunahme von 33,3 Prozent. „Dabei ist selbst heute die Situation entlang dieser Strecke kaum tragbar“, so Svensson. „Und die Planer sagen, sie haben nur den Auftrag bis zur Rosengartenstraße zu planen. Welch eine Farce!“
Als Quasi-Autobahnzubringer zur A1 und A26 und der damit gewollten und geförderten Zunahme des Verkehrs steuerten Rade und Mienenbüttel mit der Eröffnung der B3neu auf einen Verkehrsinfarkt zu.
Projekt B3neu in Elstorf bei Hamburg: Initiative lädt im März zu neuem Treffen
Nicht nur die Anwohner dieser Ortsteile, auch die betroffenen Landwirte könnten die BI Elstorf-West bei ihrem Kampf gegen die geplante Streckenführung unterstützen, hofft Svensson. „Die Landwirte werden durch den Wegfall ihrer Felder, Äcker und Weiden derart arg in ihren Tätigkeiten eingeschränkt, dass es existenzbedrohend ist. Viele Landwirte sind besorgt und fragen sich, wie sie zukünftig zu ihren Feldern gelangen sollen, ohne große Umwege in Kauf nehmen zu müssen.“
Im März will sich die Bürgerinitiative Elstorf West wieder treffen. „Dann sind alle interessierten Bürger eingeladen – im speziellen auch unsere Freunde aus Rade und Mienenbüttel und die betroffenen Landwirte“, sagt Svensson. Der genaue Termin für das Treffen stehe noch nicht fest, eine Einladung erfolge per Mail, Facebook und über die Homepage der Initiative.